Besiegeln Klimaklagen unsere Zukunft?

29.09.23 - Sechs portugiesische Jugendliche nehmen 32 Europäische Länder ins Visier und stellen die Klimapolitik vor Gericht. Es ist der bisher grösste Rechtsfall seiner Art – und könnte wegweisend sein.

Ein Mann schlägt mit dem Richterhammer auf eine Tennisball grosse und grüne Erde
Der Kampf gegen die Klimakrise wird zunehmend an Gerichten ausgefochten. © Khanchit Khirisutchalual / iStock / Getty Images

Die Grössenordnung des Verfahrens unterstreicht die Bedeutung dieses Falls: Sechs Jugendliche, vertreten durch sechs Anwälte, treten gegen eine Rechtsarmee an, die noch um ein Vielfaches grösser ist. Kein Wunder. Die Betroffenen im Alter von 11 bis 24 klagen schliesslich gegen sage und schreibe 32 Länder, darunter sämtliche EU-Staaten, Grossbritannien, Russland – und auch die Schweiz. 

Der Grund? Sie sehen aufgrund der hohen Waldbrandgefahr ihre Grundrechte auf Leben, Privatsphäre und Nichtdiskriminierung durch eine unzureichende Klimapolitik gefährdet.

Es steht viel auf dem Spiel

Wenn die Klage erfolgreich ist, könnten die angeklagten Länder rechtlich verpflichtet werden, ihre Klimaziele zu überdenken und zu verbessern. Für die Abwehrstrategien wurden dementsprechend aus dem Vollen geschöpft, wie es bspw. Greenpeace ausführlich dokumentiert hat: «Jeder Mensch kann aus irgendeinem Grund Angst vor der Zukunft haben», hiess es zum Beispiel von Estland. Geradezu absurd wirkte derweil die Aussage von Griechenland, das unter immer länger währenden Hitzeperioden leidet und dieses Jahr mit grossen Waldbränden zu kämpfen hatte: «Die bisher festgestellten Auswirkungen des Klimawandels scheinen sich nicht direkt auf das menschliche Leben oder die menschliche Gesundheit auszuwirken.»

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sieht das offenbar anders: Die Tatsache, dass er den Fall überhaupt verhandelt, deutet darauf hin, dass das Thema ernst genommen wird.

Wachsendes Bewusstsein für Klimarecht

Die portugiesischen Jugendlichen sind längst nicht die einzigen, die schon versucht haben, auf dem Rechtsweg mehr Umweltschutz zu erzwingen. Weltweit sind bereits mehr als 2000 Klimaklagen erhoben worden – ein Grossteil dieser Klagen in den letzten drei Jahren.

Erfolgreiches Mittel zur Veränderung?

Erfolgreiche Klimaklagen können erhebliche Auswirkungen haben. In den Niederlanden zum Beispiel verpflichtete ein Urteil die Regierung dazu, ihre Emissionen drastisch zu senken. Die Folge: Ein geplanter Kohleausstieg bis 2030 und ein tagsüber geltendes Tempolimit von 100 km/h auf den Autobahnen.

Das Urteil der internationalen Klimaklage wird kaum vor 2024 erwartet. Derweil blicken wir gespannt auf den Rechtsstreit der Schweizer KlimaSeniorinnen

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