«Wir alle wollen weg von fossilen Brennstoffen»

Die Automobilbranche steht vor einer riesigen Herausforderung. Wo steht sie auf dem Weg zur Klimaneutralität und welche Unterstützung braucht sie dabei von der Politik? Andreas Burgener, Direktor von Auto-Schweiz, nimmt im Interview zu diesen Themen Stellung. 

Ein Mann im Anzug stützt sich an einem Auto ab
Andreas Burgener, Direktor von Auto-Schweiz (Vereinigung der offiziellen Automobil-Importeure) © zVg

Laut neusten Zahlen der Europäischen Umweltagentur war der Verkehr im Jahr vor der Corona-Pandemie für etwa einen Viertel der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich. Fast zwei Drittel davon stammen von PKWs. Entsprechend hoch ist der Handlungsdruck in der Autobranche. Der Direktor von Auto-Schweiz, Andreas Burgener, schätzt die Lage ein und erklärt, weshalb er nichts von Verboten einzelner Antriebsmotoren hält.

Herr Burgener, die durchschnittlichen CO2-Emissionswerte neuer Personenwagen hinken in der Schweiz derzeit den Zielvorgaben hinterher. Weshalb?

Wir kommen den Zielwerten jedes Jahr ein gutes Stück näher und haben sie 2022 nur noch knapp verfehlt. Ein möglicher Grund ist die aktuelle Lage des Strommarktes. In solch unsicheren Zeiten überlegen sich Kunden zweimal, ob sie ein Elektroauto kaufen möchten. Auch haben nicht alle einen Zugang zu einer E-Ladestation. Die Umstellung wird noch etwas dauern und vor allem viel kosten.

Was ist, wenn die Zielvorgaben weiterhin nicht erreicht werden können und die Sanktionen für die Importeure steigen? Gibt es eine Grenze, wann sich das Geschäft für sie gar nicht mehr lohnt?

Das Ziel der Mitglieder von Auto-Schweiz ist eine sanktionsfreie Einhaltung der CO2-Vorschriften für neue Personenwagen und Nutzfahrzeuge. Ich glaube nicht, dass deren Höhe auf absehbare Zeit so weit steigen wird, dass sich ein Import von Benzin- und Dieselfahrzeugen für einzelne oder mehrere Importeure nicht mehr lohnen wird. Doch ganz unabhängig davon haben einige Hersteller angekündigt, sich zumindest in Europa auf elektrische Antriebe fokussieren zu wollen. Die Antriebsstrategien zwischen den Marken differieren hier teils stark – diese Heterogenität und Konkurrenzsituation hat die Automobilbranche zu einer der innovativsten der Welt gemacht. Ich denke, dass wird auch in Zukunft so bleiben.

Würde ein Verbot von Verbrennungsmotoren denn nicht helfen, sich auf die Forschung von Elektro-Autos zu konzentrieren und diese noch effizienter und ökologischer zu machen?

Ich denke, wir sollten die Spezialisten entscheiden lassen, welche Antriebe am effizientesten sind. Was, wenn in ein paar Jahren synthetische Treibstoffe Benzin und Diesel tatsächlich ersetzen können? Aus diesem Grund sollten wir uns jede Technologie als Option offenhalten.

Welche Rahmenbedingungen wünschen Sie sich von der Politik?

Ich finde es gut, dass die Politik Ziele vorgibt. Wir alle wollen weg von fossilen Brennstoffen. Wichtig wäre aber eine sichere Stromversorgung, ein dichtes Netz an öffentlichen Stromtankstellen und die Beschleunigung der Einrichtung von Ladestationen für Mieter und Stockwerkeigentümer.

Welches Potenzial sehen Sie in Wasserstoffautos?

Die Schweiz ist Vorreiterin in diesem Bereich. Wir haben eines der dichtesten Wasserstofftankstellennetze Europas, wenn nicht weltweit. Es gibt bereits eine Lastwagenflotte, die tagtäglich mit grünem Wasserstoff unterwegs ist. Für Personenwagen ist die Modellauswahl noch nicht sehr gross, doch das wird sich vermutlich bald ändern. Schlussendlich müssen wir aber auch hier genau hinschauen, woher die Energie für den Antriebsstoff kommt.

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