Hornkuh-Initiative: Die 11 wichtigsten Fragen und Antworten
Sollen Bauern Geld erhalten, wenn ihre Kühe die Hörner behalten dürfen und warum schneidet man sie überhaupt ab? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Abstimmung über die Hornkuh-Initiative.
1. Was verlangt die Hornkuh-Initiative genau?
Die Initiative will erreichen, dass mehr Kühe ihre Hörner behalten. Heute ist der Grossteil aller Kühe enthornt. Die Initiative verlangt, dass Bauern finanziell belohnt werden, wenn sie ihren Kühen die Hörner lassen. Dasselbe soll für Zuchtstiere, Ziegen und Zuchtziegenböcke gelten.
2. Wie teuer wird das und woher kommt das Geld dafür?
Die Initiative hält keine Beträge pro Tier und Tag fest. Die Initianten schlugen am Anfang einen Franken pro Tag für eine Kuh und 20 Rappen pro Ziege vor. Schätzungen gehen davon aus, dass der Bund jährlich zwischen 10 und 30 Millionen Franken ausgeben müsste. Die Initianten rechneten bei Kampagnenstart mit 15 Millionen Franken.
Das Geld soll durch Umverteilungen von Direktzahlungen im Landwirtschaftsbereich zur Verfügung gestellt werden. Bei einem Ja würden Parlament und Bundesrat die Beträge festlegen.
3. Warum werden Kühe überhaupt enthornt?
Bei enthornten Kühen ist die Verletzungsgefahr für andere Tiere und den Menschen geringer. Deshalb werden Kühe, insbesondere seit dem Aufkommen von Laufställen in den 1970er Jahren, enthornt. Dadurch brauchen die Tiere auch weniger Platz im Stall.
4. Wie werden die Tiere enthornt?
Grundsätzlich werden Enthornungen bei Kälbern vorgenommen. Sie müssen per Gesetzt betäubt sein. Die Hornanlagen werden mit einem Brennstab ausgebrannt, um das Wachstum zu stoppen.
5. Warum setzen sich die Befürworter für Kühe und Ziegen mit Hörner ein?
Angestossen hat die Initiative der Bergbauer Armin Capaul. Er und seine Unterstützer vertreten die Ansicht, dass das Enthornen die Tiere entwürdigt und verstümmelt. Das Horn sei ein stark durchblutetes Organ und wenn die Natur den Kühen Hörner gegeben habe, seien diese auch nötig.
Zudem würden Kälber, denen die Hörner ausgebrannt werden, trotz Betäubung teils an starken Schmerzen leiden. Zudem litten über 20 Prozent der enthornten Kälber unter Langzeitschmerzen.
6. Wer befürwortet die Initiative?
SP, Grüne, EVP und GLP bei den Parteien. Bio Suisse, Pro Specie Rara, Demeter, KAG Freiland, Pro Natura und der Schweizer Tierschutz STS als Organisationen und Verbände.
7. Wer lehnt die Initiative ab?
Bundesrat und Parlament, SVP FDP, BDP, CVP und der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband. Der Schweizerische Bauernverband hat Stimmfreigabe beschlossen.
8. Wie argumentieren Gegner der Initiative?
Unter anderem lehnen Bund und Parlament die Initiative ab. Sie argumentieren, dass ein solches Anliegen nicht in die Verfassung gehöre. Zudem berge die Haltung von Tieren mit Hörnern ein höheres Unfallsrisiko für Mensch und Tier. Auch befürchten Bundesrat und Parlament, dass die Initiative für das Tierwohl eher kontraproduktiv wäre.
Der Grund: Kühe mit Hörnern, die sich frei bewegen können, brauchen mehr Platz. Ein Beitrag für Tiere mit Hörnern könnte deshalb dazu führen, dass Kühe wieder vermehrt angebunden werden, damit sie keinen zusätzlichen Platz im Stall benötigen.
9. Gibt es für das Dilemma mit dem Anbinden eine Lösung?
Initiant Armin Capaul will den Hörnerbeitrag nur an Landwirte auszahlen, welche am Tierwohlprogramm «Regelmassiger Auslauf im Freien» (Raus) des Bundes teilnehmen. Doch im Initiativtext ist dies nicht festgehalten. Allerdings macht die zuständige Nationalratskommission genau diesen Vorschlag in ihrem indirekten Gegenvorschlag. So heisst es in den Abstimmungsunterlagen: «Die Förderung wird ins Landwirtschaftsgesetz und seine Tierwohlbestimmungen eingebettet. Sie ist an den regelmässigen Auslauf der Tiere zu knüpfen, im Winter im Freien, im Sommer auf der Weide bzw. Alp. Durch diese Verbindung mit dem bestehenden RAUSProgramm wird in jeder Art Stall die tiergerechte Haltung der Horntiere garantiert.»
10. Wie wirkt sich das Enthornen auf die Tiere und ihr Verhalten aus?
Zwar gibt es keine Studien über Langzeitfolgen durch das Enthornen. Jedoch zeigt eine aktuelle Studie von Agroscope, dass sich Kühe mit Hörnen weniger aggressiv verhalten und es zu weniger Verletzungen unter den Tieren kommt. «Kühe mit Hörnern lösen Konflikte udn Rivalitäten mehrheitlich ohne Körperkontakt», sagt Eva van Beek von Agroscope gegenüber der «Sonntagszeitung». Unter enthornten Kühen komme es deutlich häufiger zu Kopfstössen, wenn die Tiere Konflikte austragen. Dies, weil Drohen ohne Hörner nur schwer möglich sei, also komme es zu Stosskämpfen. Dadurch könnten die Tiere Hämatome oder sogar Rippenbrüche erleiden, sagt die Wissenschaftlerin.
11. Wie viele Menschen werden jährlich durch Hornstösse verletzt?
Unfallstatistiken zu Verletzungen durch Hornstösse gibt es keine. Auswertungen aus Deutschland und Österreich würden jedoch darauf hindeuten, dass relativ wenig solcher Unfälle passieren, wie die «Nzz» schreibt.