Palmöl-Standard verschärft – warum wir trotzdem verzichten

Strengere Vorgaben für die Palmölproduktion sollen Umwelt, indigene Völker und Arbeiter besser schützen. Warum wir trotzdem verzichten und ein Ersatz keine Lösung ist.

RSPO-Standard für Palmöl verschärft: Warum wir Produkte ohne Palmöl kaufen
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Kein Öl steht weltweit so in der Kritik wie Palmöl. Doch Produktion und Nachfrage steigen weiter. Denn Palmöl steckt in fast jedem zweiten Produkt – seien es Lebensmittel, Kosmetikprodukte, aber auch Tierfutter. Ausserdem wird es als Kraftstoff genutzt.

Um den immensen Hunger nach Palmöl zu stillen und noch mehr Boden für Ölpalmen zu gewinnen, werden nicht nur Regenwälder gerodet, sondern auch wertvolle Torfböden zerstört und oft Menschen- und Arbeitsrechte der indigenen Bevölkerung missachtet.

Um die Palmöl-Produktion nachhaltiger zu machen, hat der WWF bereits 2004 den «Roundtable on Sustainable Palm Oil» (Runder Tisch für Nachhaltiges Palmöl, RSPO) initiiert. Die Mitglieder, darunter Produzenten, Händler, industrielle Abnehmer, Umweltschutzorganisationen und NGOs, erstellten ein Regelwerk für RSPO-zertifiziertes Palmöl.

Doch bis heute wird dieser Runde Tisch von NGOs wie «Brot für alle» oder «Fastenopfer» kritisiert. Das Regelwerk und die Kontrollen für RSPO-zertifiziertes Palmöl seien zu lasch. Das Ganze sei nur Augenwischerei.

Palmölplantage in Indonesien

Eine Palmölplantage in Indonesien, dem grössten Produzenten von Palmöl. Foto: © adiartana/ iStock / Getty Images Plus

Nun haben die RSPO-Mitglieder die Kriterien für nachhaltiges Palmöl verschärft.

Laut Zahlen des WWF werden 68 Prozent des Palmöls für Lebensmittel verwendet, 27 Prozent werden in Kosmetikprodukten eingesetzt. Der Rest findet sich zum Beispiel in Kerzen, Bio-Sprit oder Tierfutter.

Die wichtigsten Verbesserungen für RSPO-Palmöl

Künftig dürfen für den Palmölanbau keine Wälder mehr abgeholzt oder Torfböden erschlossen werden. Ebenso sind Brandrodungen rund um Plantagen verboten.

Auch hochgefährliche Pflanzenschutzmittel sind künftig verboten.

Produzenten müssen neu detaillierte Nachweise erbringen, dass die Rechte der lokalen Bevölkerung gebührend berücksichtigt sind. Auch Arbeitsrechte müssen besser eingehalten werden.

Die grössten Palmölproduzenten sind Malaysia (20,5 Millionen Tonnen jährlich) und Indonesien (33 Millionen Tonne).

«Die überarbeiteten Prinzipien und Kriterien beheben einige Schwächen der Vorgängerversion und sind deutlich näher an die strengeren Kriterien der Palm Oil Innovation Group (POIG) gerückt», lässt sich Matthias Diemer, Palmölexperte bei WWF Schweiz, in einer Medienmitteilung zitieren. Trotz diesem Fortschritt seien weiterhin punktuelle Anpassungen des RSPO nötig. «Der RSPO muss die Qualität der Auditierung deutlich verbessern, denn verschärfte Regeln sind nur so gut wie deren Einhaltung und Kontrolle», sagt Diemer weiter.

Palmen-Problem ist nicht vom Tisch

Die Kritik von «Brot für alle» oder «Fastenopfer», scheint also gehört worden zu sein. Doch insgesamt ist das Problem mit der Palme längst nicht vom Tisch. Denn zum einen macht RSPO-zertifiziertes Palmöl lediglich 20 Prozent der weltweiten Produktion aus und zum anderen beschleunigt die steigende Produktion den Klimawandel, wie etwa die Tropenwaldstiftung «Oro Verde» auf ihrer Website schreibt.

Geerntete Früchte einer Ölpalme

DIe Ernte einer Ölpalme, die Früchte werden als Stauden geerntet. Foto: © slpu9945/ iStock / Getty Images Plus

Der Grund: Heute haben Palmölplantagen von allen weltweit wichtigen Landwirtschaftsprodukten den grössten CO2-Fussabdruck pro Fläche, wie etwa die österreichische Umweltschutzorganisation «Global 2000» schreibt. Dazu würden insbesondere die Abholzung von Wäldern und die Trockenlegung von Torfböden beitragen, heisst es weiter. Die oft meterdicken Böden haben über Jahrtausende Biomasse gespeichert. Werden diese Torfböden trocken gelegt, setzen sie eine Menge an CO2 frei, die der Biomasse aller Wälder, die dort gestanden haben, entspricht.

Auch für die Artenvielfalt, respektive die Tierwelt, ist der Hunger nach dem flüssigen Gold verheerend, wie der Artikel «Verdrängt von Palmöl: Orang-Utans und Borneos Zwerg-Elefanten» zeigt.

Sollen wir also Produkte kaufen, in denen das Palmöl bewusst ersetzt wurde?

Nein, denn wie bei vielen Rohstoffen, die in Massen produziert werden, ist das Problem nicht der Rohstoff selber, sondern die Art und Weise, wie er gewonnen wird.

Die Ölpalme wäre eigentlich optimal

Die Ölpalme ist sogar die ergiebigste Pflanze unter den Ölsaaten.  «Von allen Ölfrüchten nimmt die Ölpalme den geringsten Teil, etwa 6 Prozent, der gesamten Anbaufläche für die weltweite Öl- und Fettgewinnung ein», wie das «Forum nachhaltiges Palmöl» auf seiner Website schreibt. Gleichzeitig stelle die Ölpalme 32 Prozent der Gesamtproduktion.

In einem kürzlich erschienen Bericht der Internationalen Union zum Schutz der Natur ist zu lesen, dass der Boykott von Palmöl nur zu einer Verschiebung führen würde, nämlich hin zu anderen Pflanzenölsorten. Das könnte die Situation sogar noch verschlimmern. Denn der Boykott von Palmöl beziehungsweise das Ersetzen durch andere Pflanzenöle würde mehr Pestizide, Düngemittel und Land benötigen.

Ernte auf einer Palmölplantage

Foto: © migin/ iStock / Getty Images Plus

Würde Palmöl tatsächlich nachhaltig produziert, etwa unter den verschärften RSPO-Kriterien, die übrigens erst Ende 2019 in Kraft treten sollen, wäre das umstrittene Öl also tatsächlich eine gute Lösung, wie der WWF bereits 2016 Jahren in seinem Bericht «Kein Palmöl ist auch keine Lösung» schrieb.

Dies ist auch der Grund, weshalb viele Umweltschutzorganisationen die Produktion von zertifiziertem Palmöl unterstützen, statt zum Boykott aufzurufen.

Mehr zum Thema liest du im Artikel: Warum Palmöl-Alternativen oft auch nicht besser sind

Bis auf Weiteres lautet die beste Lösung für den Konsumenten trotzdem: Weniger Produkte mit Palmöl konsumieren. Schwierig aber machbar.

Verzichten ist verzwickt, aber möglich

Seit 2016 muss Palmöl als Inhaltsstoff in Lebensmitteln deklariert werden. Allerdings können diese Kennzeichnungen ganz schön verwirren, denn auch hinter klingenden Namen wie Sodium Laureth Sulfate, Palm Kernel oder Palmolein verbirgt sich Palmöl. Palmöl findet sich in der Schweiz in Pastetli genauso wie in der Engadiner Nusstorte, Bouillon oder Fertigpizzas.

Wer grundsätzlich auf Fertigprodukte und stark verarbeitete Lebensmittel verzichtet, erreicht auf jeden Fall schon sehr viel. Das Gute: Auf diese Weise tappst du auch nicht in die Falle, Lebensmittel zu kaufen, bei denen Palmöl etwa durch Kokosöl ersetzt wurde.

Mehr Infos zu Palmöl in Lebensmitteln findest du hier.

Ein guter Rat kostet nichts

Noch verzwickter ist die Situation bei Kosmetika und Reinigungsmitteln. Denn hier muss Palmöl nicht klar deklariert werden. Weil Palmöl auch oft in Naturkosmetik steckt, lohnt es sich, im Fachgeschäft einzukaufen, wo du die Verkäufer:innen um Rat fragen kannst.

Auch die Gratis-App Codecheck hilft dir weiter. Mit der App kannst du einfach den Strichcode eines Produkts scannen und erfahren, ob es kritische Inhaltstoffe enthält.

Wem das Suchen nach Palmöl zu aufwändig ist, sollte wenigstens auf Bio-Produkte setzen oder auf zertifiziertes Palmöl achten.

Publiziert: 27.11.2018

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