Warum die Gemüse-Artischocke «Kardy» unsere Küche bereichertKardy ist eine noch eher unbekannte Gemüse-Artischocke, die auch in der Schweiz wächst. Das Powergemüse ist nicht nur gesund, sondern bietet auch überraschende Rezepte und lässt sich im Garten pflanzen.Frisch geernteter Kardy. Foto: © mauriziobiso / iStock / Getty Images Plus Jürgen Rösemeier-Buhmann Michelle Kägi Merken Der Kardy, oft auch Cardy, Kardone, Spanische Artischocke oder Gemüse-Artischocke genannt, wurde ursprünglich im ganzen Mittelmeerraum angebaut. Heute wächst er auch auf Schweizer Feldern, vor allem im Kanton Genf. Kardy-Saison in der Schweiz ist im Oktober und November. Stacheln am Stengel. Foto: © elisacicinelli / iStock / Getty Images Plus Der Kardy heisst so wegen seinen stacheligen Blattstielen. «Cardy» stammt ab vom lateinischen Wort «carduus», was so viel wie «stachelig» heisst. Es gibt auch stachellose Züchtungen, wobei die stacheligen geschmacklich meist besser sind. Der Kardy bereichert die Auswahl an Wintergemüsesorten und ist aufgrund seines feinen Geschmacks in der Genfer Region ein traditioneller Bestandteil des winterlichen Festtagmenüs. Vorsicht: Kardy ist nicht das Gleiche wie «Karde». Die Karde ist eine krautartige Pflanze, die von Juli bis August blüht. Sie wird mehr in der Naturheilkunde als in der Küche verwendet. Verwandt mit der Artischocke Die Verwandtschaft zur Artischocke belegt der Kardy mit seinem feinen, nussig-butterigen Artischocken-Geschmack. Im Gegensatz zur Artischocke werden beim Kardy aber nicht die ungeöffneten Blütenstände geerntet, sondern seine Blattstiele und manchmal auch seine Blätter. Die Blattstiele des Cardy werden vor oder nach der Erne gebleicht, damit das Gemüse nicht zu bitter wird. Dafür wird die Pflanze entweder direkt auf dem Feld mit Plastikfolie eingewickelt oder nach der Ernte dunkel gelagert. Reich an Vitaminen und Mineralien Kardy ist nicht nur delikat, sondern auch sehr gesund. So enthält er die wertvollen Mineralien Kalium, Magnesium und Kalzium, liefert jede Menge Folsäure und wertvolle, gesunde Bitterstoffe. Cynarin im Kardy Der in dem Kardy enthaltene Bitterstoff wird Cynarin genannt und gerne auch als Extrakt in Artischockenpillen angeboten. Bitterstoffe haben zahlreiche positive Effekte auf unseren Körper. Im Fall von Cynarin wird die Verdauung durch die Aktivierung von Galle und Leber angeregt. Dies macht beispielsweise fettige Speisen viel besser verträglich. Auch Magen-Darmbeschwerden werden durch Bitterstoffe gelindert und der Cholesterinspiegel soll positiv beeinflusst werden. Nebenbei bewirken Bitterstoffe, dass wir weniger Heisshunger auf Süsses haben und schneller satt werden. Zudem liefert der Kardy wertvolle Flavonide, also sekundäre Pflanzenstoffe, die Körperzellen schützen. Ausserdem enthält das Gemüse einen hohen Anteil vom Ballaststoff Inulin, der für eine gesunde Darmflora und eine optimale Aufnahme von Magnesium und Kalzium sorgt. Kardy rüsten und zubereiten Kardy roh & gerüstet. Foto: © DENIO RIGACCI / iStock / Getty Images Plus Da der frische Cardy mächtige Stacheln an seinen begehrten Stielen hat, müssen diese als erstes (am besten mit Handschuhen) entfernt werden. Anschliessend den Cardy schälen und in mundgerechte Stücke schneiden. Nach dem Schneiden das Gemüse sofort in Essigwasser legen, da es an der Luft sehr schnell schwarz wird. Kardy gekocht. Foto: © nito100 / iStock / Getty Images Plus Den gestückelten Kardy im Salzwasser mit einem Schuss Essig für 30 bis 40 Minuten kochen. Wem das Gemüse zu bitter ist, kann das Kochwasser nach 5 Minuten abgiessen und mit neuem Salz-Essigwasser fertig garen. Tipp: Kardy gibt es auch fertig zubereitet im Glas oder in der Konserve. Rezepte mit Kardy Eine süsse Variante Beliebt ist der Kardy karamelisiert. Hierzu etwas Zucker in einer Pfanne langsam erhitzen und karamelisieren. Butter zugeben und unter ständigem Rühren schmelzen. Anschliessend den vorgegarten Cardy und etwas Gemüsebouillon zugeben. Dünsten, bis die Flüssigkeit verdampft ist. Der süsse Kardy kann zum Beispiel gut als Beilage zu Geflügel oder Schwein serviert werden. Herzhaftes mit der Gemüse-Artischocke Kardy Gratin. Foto: © fauk74 / iStock / Getty Images Plus Besonders lecker ist der Kardy auch gratiniert. Dafür wird das Gemüse wie oben beschrieben für ca. 15 Minuten im Wasser gegart, bis es bissfest ist. Die Stücke dann in einer gebutterten Auflaufform schichten, mit einer Sauce Béchamel übergiessen und einen kräftigen Käse darüber reiben. Dann das Gemüse für 20 Minuten bei 220 Grad im Ofen gratinieren. Apropos Käse: Gegarte Kardy-Stücke sind eine verdauungsfördernde Ergänzung zum Brot beim Fondue, die mit dem Käse zusammen sehr lecker schmeckt. Die gekochten Kardy-Stücke sind auch sehr lecker in einem nussig schmeckenden Salat mit Öl und Essig oder eingewickelt im Backteig und fritiert als Snack. Kardy selber anpflanzen Eine Kardy-Pflanze. Foto: © Billy_Fam / iStock / Getty Images Plus Wer in seinem Garten Cardy anpflanzen möchte, muss als erstes entscheiden, welche Sorte er will. Wegen dem Geschmack sind die stacheligen Züchtungen beliebter als die Neueren ohne Stacheln. Samen gibt's zum Beispiel im Coop Bau+Hobby oder zum online bestellen auf Saemereien.ch. Keimung Die Samen ab Ende März ca. einen halben Zentimeter ganz locker in die Erde kleiner Töpfe (oder in einen grossen Topf mit genügen Abstand) setzen. Die Töpfe auf eine Fensterbank in die Sonne stellen und daraus kleine Pflänzchen ziehen. Verpflanzung Ab Anfang Mai (nach dem Frost) die Pflänzchen im Freien im gut gedüngten und leicht lehmhaltigen Boden aussetzen. Wählen Sie dafür einen sonnigen Standort, der möglichst geschützt ist. Wichtig bei der Auspflanzung: Die Pflanzen müssen ungefähr 0.8 Meter Abstand zueinander haben, da der ausgewachsene Cardy zwischen 1 und 1.5 Meter gross wird. Weitere hilfreiche Tipps zur Pflanzung finden sich unter anderem auf Plantura.garden. Pflege Der Kardy wächst gerne in feuchter Erde. Stellen Sie daher sicher, dass die Pflanze genügend Wasser hat. Vor allem während der heissen Sommerzeit muss fast jeden Tag gegossen werden. Achtung: Dabei aber Staunässe vermeiden. Da die grossen Blätter des Kardy keine Feuchte mögen, den Kardy bei einer Grösse von 0.6 - 0.8 Meter leicht zusammenbinden und die Erde mit Stroh auslegen. Die Erde regelmässig hacken und lockern und im August nochmals nährstoffreich düngen. Die Blüte der Gemüse-Artischocke. Foto: © asiantiger247 / iStock / Getty Images Plus Ernte und Lagerung Der Kardy kann ab September (ohne Bleichen) geerntet werden. Zum ernten die Stengel so knapp wie möglich am Stielende unten abschneiden. Die Blätter abtrennen und die zähe Haut der Stengel entfernen (z.B mit einem Spargelschäler). Bei einer stacheligen Sorte Handschuhe tragen. Die Stengel und Blätter können dann fertig gerüstet eingefroren oder direkt wie oben beschrieben zubereitet werden. Tipp: Damit der Kardy Bitterstoffe verliert, kann er ab September «gebleicht» werden. Dafür die Pflanze (vor dem starken Frost) mit einer dunklen Folie oder einem Leinensack umwickeln und locker mit einem Seil befestigen. Tragen Sie dabei Handschuhe, da die Stengel je nach Sorte stachelig sind. Nach ca. 3 - 4 Wochen ist der Kardy fertig gebleicht. Falls Sie den Kardy länger lagern wollen: Die Pflanze samt Wurzel ausgraben und in einen dunklen Keller stellen. Wichtig ist, dass die Wurzel feucht bleibt. So kann der Kardy für einige Wochen gelagert werden und verliert auch noch weiterhin Bitterstoffe. Weitere Powergemüse: Heimische Powerrübe: Warum Sie Randen roh essen sollten 10 coole Rezepte mit dem Powergemüse Kabis Knackige Wintersalate bringen frische Vielfalt auf den Tisch 5 Gründe, warum Sie öfter Knoblauchsrauke essen sollten Quellen: gemuese.ch, heilpflanzen-info.ch, plantura.garden, gartentipps.com, gemuese-info.de Autor: Jürgen Rösemeier-Buhmann, Michelle Kägi, September 2018