«Es braucht mehr Transparenz bei Nachhaltigen Geldanlagen»

In Zürich hat das Forum für Nachhaltige Geldanlagen (FNG) zu einer Diskussionsrunde mit dem Thema «ESG Integration-Mainstreaming oder Mogelpackung?» eingeladen. In hochkarätiger Besetzung wurde über die aktuellen Analyseansätze für Nachhaltige Geldanlagen debattiert. Einen Ausblick auf den Dialog gibt René Nicolodi, Leiter Nachhaltige Anlagen bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), im Interview mit nachhaltigleben.

Leiter Nachhaltige Anlagen bei der ZKB René Nicolodi.
René Nicolodi legt auch im Finanzbereich Wert auf Nachhaltigkeit. Foto: © ZKB

Die Anzahl von Investments, die anhand von Nachhaltigkeitskriterien beurteilt werden, nimmt stetig zu. Doch welchen Kriterien muss eine nachhaltige Geldanlage entsprechen und wie können Anleger sich von der Nachhaltigkeit einer Anlage überzeugen?

Fragen nach dem Wie, ebenso wie nach der Akzeptanz, Wirkung und den Wechselwirkungen der jeweiligen Analyseansätze ging die Diskussionsrunde in Zürich nach. René Nicolodi beantwortet Anlegern nun einige wichtige Fragen mit Bezug auf die Nachhaltigkeitskriterien der ZKB.

Die ZKB hat nun begonnen, Nachhaltigkeitskriterien auch für «normale» Anlageentscheidungen und nicht nur spezielle Fonds anzuwenden. Was versprechen Sie Sich davon?

Konsumenten achten bei ihren Entscheiden vermehrt darauf, wie nachhaltig ein Produkt ist. Der Detailhandel hat mit der Einführung von Umwelt- und Fairtrade-Labels wie auch der Energieetikette bereits Orientierungshilfen geschaffen. Für den Anlagebereich gab es bisher nichts Vergleichbares. Es fehlte ein einfaches Instrument, das dem Anleger ermöglicht, sich schnell ein Bild zu machen, wie es um die Nachhaltigkeit bei Finanzanlagen, wie beispielsweise Anlagefonds, steht. Hauptziel ist die Erhöhung der Transparenz bezüglich Nachhaltigkeitskriterien im Anlagebereich für Kundenberater und Investoren.

Was bedeutet dies konkret und wie gehen Sie dabei genau vor?

Mit dem Ziel, die Nachhaltigkeit von Anlagefonds prägnant und einfach darzustellen, hat die Zürcher Kantonalbank Ende 2011 einen Nachhaltigkeitsindikator lanciert. In einer siebenteiligen Skala wurden über 500 konventionelle wie auch nachhaltige Anlagefonds aus dem Anlageuniversum der Zürcher Kantonalbank eingestuft. Die Fondsprodukte wurden auf einer von A (sehr nachhaltig) bis G (nicht nachhaltig) reichenden Skala eingereiht. Das resultierende Label befindet sich auf den Factsheets der Zürcher Kantonalbank-Fonds. Der Indikator bildet das sogenannte Dreisäulenprinzip der Nachhaltigkeit ab: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung sind die drei Dimensionen, über die Nachhaltigkeit definiert wird (Environment, Social, Governance - kurz ESG). Für drei relevante ESG-Unterthemen werden Datenbestände spezialisierter Analyseunternehmen in den Indikator eingearbeitet. Die Londoner Trucost liefert beispielsweise Angaben zum CO2-Ausstoss von Unternehmen in Relation zum Umsatz. Mit den Daten des Zürcher Unternehmens RepRisk, werden weltweit gesammelte Berichte über Arbeitsverstösse, Korruptionsvorwürfe und Umweltschädigung zu einer indexierten Wertung der Unternehmensreputation berechnet. Mit den Daten der New Yorker Governance Metrics werden die relevanten Führungs- und Aufsichtsfaktoren (Corporate Governance) beachtet. Für die 500 Anlagenfonds werden so nahezu 80‘000 Positionen berücksichtigt. Die drei übergeordneten Nachhaltigkeitskriterien ESG werden dann für die einzelnen Titel in einem Fonds gewichtet und pro Fonds im Nachhaltigkeitsindikator zusammengeführt.

Wenn immer mehr Finanzinstitute beginnen, solche Fragen zu stellen, kann dies einen Einfluss auf die Nachhaltigkeit der Firmen ausüben?

Wir denken, dass im Anlagenbereich eine erhöhte Transparenz und Sensibilität bezüglich relevanter Nachhaltigkeitskriterien bei Unternehmen einen indirekten Einfluss ausüben kann. Ein gutes Beispiel ist die starke Zunahme an veröffentlichten Nachhaltigkeitsberichten in den letzten 10 Jahren. Einer der treibenden Faktoren dieser positiven Entwicklung war auch der Einfluss von Investoren und Finanzdienstleistern mit einer stärkeren Nachhaltigkeitsausrichtung.

Wo liegen die Grenzen dieses Ansatzes, was funktioniert nicht?

Der Nachhaltigkeitsindikator für Fonds stellt keine detaillierte Nachhaltigkeitsbewertung dar, wie sie beispielsweise bei Anlageentscheiden nachhaltiger Anlagefonds üblicherweise durchgeführt wird. Entsprechend gibt er über eine quantitative Analyse Auskunft über den Wirkungsgrad eines Portfolios in relevanten ESG-Bereichen, ohne aber für jedes Unternehmen in die Tiefe zu gehen. Aufgrund der heute vorhandenen Daten- und Ressourcenmöglichkeiten wäre das allerdings auch gar nicht möglich.

Woran können Anleger erkennen, ob und wie gut eine Integration von ökologischen oder sozialen Kriterien in den Anlageprozess erfolgt?

Ein Nachhaltigkeitsindikator von A impliziert, dass der Fonds einen expliziten Nachhaltigkeitsansatz verfolgt,  der, gemäss den Kriterien der Zürcher Kantonalbank, eine hohe Qualität ausweist. Neben dem  Nachhaltigkeitsindikator gibt es zudem spezialisierte Anbieter und Informationsplattformen, die nachhaltige Anlagefonds diesbezüglich bewerten. Auch das Transparenzlogo von Eurosif ist ein Gütemerkmal, das Anleger als Orientierung dienen kann.

Können Sie durch den Prozess der Integration und die Kommunikation darüber mehr Kunden für ihre Nachhaltigen Fonds gewinnen oder wandern Kunden von dort eher ab, wenn jetzt alles ein bisschen nachhaltig ist?

Der Nachhaltigkeitsindikator wurde erst im Dezember 2011 lanciert, so dass es noch zu früh ist, um genauere Aussagen zu machen. Die Aussage, dass nun «alles ein bisschen nachhaltig ist» ist aber nicht richtig, da in allen Stufen des Nachhaltigkeitsindikators Fonds vertreten sind und nur wenige die A-Stufe erreichen. Wir erwarten, dass der Nachhaltigkeitsindikator in erster Linie ein Instrument ist, um das Kundenbedürfnis bezüglich Nachhaltigkeit im Anlagebereich einfacher abzuholen.

Welche Massnahmen wünschen Sie sich, um das Thema Nachhaltigkeit in den Finanzmärkten stärker zu verankern?

Eine stärkere Einbindung, allenfalls eine rechtlich verpflichtende, von Pensionskassen in Bezug auf nachhaltige Anlagestrategien wäre wünschenswert und wichtig. Darüber hinaus gäbe es eine Vielfalt von Einzelmassnahme, um den Kapitalmarkt mit Blick auf die langfristigen gesellschaftlichen Herausforderungen einzubinden.
 

Mehr zu der Diskussionsrunde «ESG Integration-Mainstreaming oder Mogelpackung?» erfahren Sie unter www.forum-ng.org.

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