Zunehmender Hausbau in den Bergen verstärkt Klimawandel

Die Berg-Landschaft in der Schweiz hat sich durch den Klimawandel nachhaltig verändert. Schuld daran trägt auch das Verhalten der Menschen. Durch den stetigen Hausbau geht Lebensraum für Tiere verloren und der zunehmende motorisierte Verkehr schadet der Umwelt.

Der Mensch beinflusst mit seinem Verhalten den Wandel der Natur.
Die Verstädterung der Alpen verändert das Landschaftsbild der Berge. Foto: CANKT / iStock / Thinkstock

Wer in der Stadt lebt, geht in der Schweiz meist oft in die Berge, um sich zu erholen. Denn dort ist alles viel ruhiger, natürlicher, urtümlich und echt. Viele denken sich: «Das tut meinem städtisch gestressten Geist gut.» So strömen die Leute Wochenende für Wochenende auf Rigi, Säntis & Co. Und dann will man besonders viel sehen von den hübschen, romantischen Holzchalets und viel Grün geniessen. Doch in den Bergen ist nicht mehr alles so «urtümlich und echt». Die Holzchalets sind inzwischen ganz gewöhnliche Betonhäuser, an welchen einfach - der Romantik wegen - eine Holzverschalung angebracht wurde und das Grün ist auch dort von Strassen und Betonplätzen durchbrochen. Auch an den Alpen ging die Mentalität des «Immer schneller und immer intensiver» nicht spurlos vorbei. Alte kulturlandschaftliche Handwerke wurden ersetzt durch maschinelles Bewirtschaften des Bodens, die Betonbauten haben sich ausgebreitet und der motorisierte Verkehr nimmt zu. Kurz: Die Berglandschaft in der Schweiz hat sich stark gewandelt. Einerseits fand dieser Wandel langsam und auf natürliche Weise statt, andererseits wurde er durch das Verhalten der Menschen hervorgerufen. Mit der Veränderung muss die Natur versuchen mitzuhalten und sich anzupassen.

Klima-Wandel für Natur zu rasant

Der Verlust des Lebensraums durch die Verstädterung ist das eine. Was heute die grösste Herausforderung darstellt, ist die Klimaerwärmung. Christian Lüthi, Geschäftsleiter der Alpenschutzkommission CIPRA Schweiz sagt: «Der Klimawandel geht so schnell vor sich, dass viele Lebewesen sich gar nicht anpassen können. An gewissen Orten in den Bergen werden vermutlich viele Lebewesen aussterben.» Ein Problem besteht beispielsweise für Pflanzen, die ihren Lebensraum in höhere Lagen verschieben müssen, weil sie kühle Luft brauchen. Ein solcher Vorgang braucht Zeit. Zeit, die die klimatische Entwicklung den Pflanzen nicht gibt. Die landschaftliche Vielfalt und die Biodiversität in den Bergen sind bedroht, die Wälder weiten sich aus, die Strassen- und Infrastrukturbauten ebenso. Und natürlich birgt auch das Abschmelzen der Gletscher Gefahren, denen zu begegnen der Mensch bisher unvorbereitet ist.

Der Mensch lebt heute sehr ressourcenintensiv.

Bei ressourcenschonende Ferien wird mit dem Zug angereist und die Landschaft genossen. Foto: SerrNovik / iStock / Thinkstock

Die menschlichen Aktivitäten sind nicht strikt zu trennen von der natürlichen Entwicklung, die den Wandel hervorrufen. Lüthi ist aber überzeugt, dass die Schwierigkeiten mit der Mentalität des «Immer schneller und immer intensiver» der Gegenwart zusammenhängen. «Unsere Beschäftigungen sind sehr ressourcenintensiv», sagt er. Wenn wir alles etwas ruhiger und bewusster machten, sagt Lüthi, dann würden wir dazu weniger Ressourcen verbrauchen und hätten noch eindrucksvollere Erlebnisse. «Man kann sich für den Weg in die Berge im Zug Zeit nehmen und dabei die Landschaften geniessen», so Lüthi. In den Ferien könne man, anstatt übereifrig Sport zu treiben, winterwandern und sich in der Umgebung mit den Menschen auseinandersetzen. «Man hat doch viel mehr Erlebnisse, wenn man mit den Leuten in Kontakt tritt. Man lernt den Ort schätzen, an dem man ist, konsumiert lokale Produkte und erfährt etwas über die örtliche Kultur. Auf die Skipiste kann ich überall. Auf den Ort kommt es da kaum an», sagt Lüthi. Doch wer sich Zeit nehme und sich auf einen Ort einlasse, der entwickle eine Beziehung zu ihm.

Nachhaltiger Tourismus: Ferien seltener dafür länger

«Wir sollten viel weniger oft in die Ferien fahren und dafür länger bleiben, um die Zeit dort wirklich geniessen zu können. Nicht einfach am Wochenende schnell einmal hin und einmal zurück fahren.» Den Bergen und den Menschen wäre damit gedient, glaubt Lüthi. «Auch der Tourismus muss beginnen, nachhaltig zu denken und entsprechende Angebote zu schaffen, anstatt bei jedem Hype mitzumachen.»

Das Schöne an den Schweizer Bergen ist dabei, dass die Dorfgemeinschaften tatsächlich noch bestehen. Es gibt kaum verlassene «Geisterdörfer» - ganz im Gegensatz zu den Bergdörfern in anderen Ländern, wo die Abwanderung gross ist. «Bei uns besteht in vielen Bereichen noch eine gute Grundversorgung und somit auch die Möglichkeit, sich lokal zu engagieren, zum Beispiel in nachhaltigen Projekten», sagt Lüthi. Immerhin zwei Drittel der Schweiz bestehen aus Bergen. Da bleibt kaum eine Wahl, als ihnen Sorge zu tragen.

Text: Elena Ibello

Die Alpenkonvention

Zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraumes wurde am 7. November 1991 die Alpenkonvention unterschrieben und trat 1995 in Kraft. Es beteiligen sich Österreich, Frankreich, Deutschland, Italien, Liechtenstein, die Schweiz, Slowenien und Monaco. Die Alpenkonvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag für den umfassenden Schutz und die nachhaltige Entwicklung der Alpen. Sie ist auf Anregung und nach langer Vorarbeit der CIPRA entstanden. Durchführungsprotokolle in zwölf Bereichen wie Bergwald, Tourismus oder Energie konkretisieren die allgemein gehaltene Rahmenkonvention. Und 2009 wurde der Aktionsplan «Die Alpen als Vorbildregion für Prävention und Anpassung an den Klimawandel» ins Leben gerufen.

  • Alpenkonvention mit nützlichen Links und Infos: www.alpconv.org
  • CIPRA, Leben in den Alpen: www.cipra.org
  • Econnect-Projekt für Schutz, Erhaltung und Wiederherstellung der ökologischen Vernetzung in den Alpen: www.econnectproject.eu

 

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