Bio-Lebensmittel: So nachhaltig isst die Schweiz

In Deutschland boomte Bio auch in 2012 ungebrochen, wie die Marktdaten vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zeigen. Doch was wollen die Konsumenten in der Schweiz? Wir haben bei Bio Suisse, Coop und Migros nachgefragt, wie beliebt Bio inzwischen ist und wie es weiter gefördert werden kann.

Bio-Lebensmittel: So nachhaltig isst die Schweiz
Bio-Lebensmittel werden auch in der Schweiz immer beliebter. Foto: Creatas, Jupiterimages, Thinkstock

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz ist die Produktion von Bio-Lebensmitteln in 2012 deutlich gestiegen. «Der Bio-Markt dürfte damit der 2-Milliarden-Grenze näher kommen», bestätigt Sabine Lubow von Bio Suisse.

Den gleichen Trend zeigen auch die Marktdaten im Detailhandel. Bei der Coop ist der Umsatz von Bio-Lebensmitteln in 2012 um 5 Prozent angestiegen, erklärt Conradin Bolliger, Leiter Nachhaltigkeits-Eigenmarken VIVA. Damit haben sie einen Anteil von ungefähr 14 Prozent am Umsatz aller Lebensmittel. Ähnlich sieht es bei der zweiten grossen Schweizer Detailhändlerin Migros aus. Sie konnte laut dem Projektleiter Bio, Renato Isella, in 2012 eine Umsatzsteigerung von 8,5 Prozent verzeichnen. Damit stiegen bei der Migros Bio-Lebensmittel auf einen Anteil von 6 Prozent am gesamten Lebensmittelumsatz.

Einige Bio-Lebensmittel beliebter als andere

Obwohl der Absatz von Bio-Lebensmitteln insgesamt gestiegen ist, greifen Konsumenten noch nicht in allen Bereichen beherzt zur Bioqualität. Bei der Migros wird Fleisch noch nicht so häufig verkauft, was Renato Isella auf die geringere Auswahl zurückführt. Bei Coop kauft der Kunde laut Conradin Bolliger dagegen Bio-Schokolade und andere Lebensmittel, bei denen die Markenprodukte dominieren, seltener ein.

Besonders häufig entscheiden sich Konsumenten bei beiden Detailhändlerinnen für Gemüse in Bioqualität. Bei der Migros sind zudem Früchte gefragt. In der Coop greifen Konsumenten neben Gemüse am ehesten bei Milch und Backwaren ins Bio-Regal.

Frische Bio-Lebensmittel fast immer aus einheimischer Produktion

Dass Bio boomt, bringt bei unserem Nachbarn Deutschland seine Nachteile mit sich. Denn dort wächst die Produktion zu langsam, um mit dem steigenden Bedarf mithalten zu können. Das Problem besteht in der Schweiz zwar nicht, wie Sabine Lubow von Bio Suisse bestätigt. Doch in einigen Bereichen ist die Versorgung mit einheimischen Bio-Lebensmitteln generell problematisch. «Von einer vollständigen Eigenversorgung mit den am Markt nachgefragten Mengen an Getreide, Hülsenfrüchten und Ölsaaten sind wir leider noch weit entfernt. Auch einzelne Frischprodukte, wie Beeren oder Steinobst, sind knapp.»

Zwar müssen darum wegen fehlender Eigenproduktion einige Bio-Lebensmittel aus dem Ausland importiert werden. Bei den frischen Produkten setzen beide grossen Schweizer Detailhändlerinnen jedoch grundsätzlich auf regionale Bio-Lebensmittel. So sind diese bei der Migros zu 98 Prozent aus Schweizer Herstellung, bei der Coop sind es sogar 100 Prozent. Grundsätzlich nur aus der Schweiz stammen bei beiden Detailhändlerinnen diverse Fleischprodukte und Eier in Bioqualität, selbst wenn die Nachfrage dort einmal grösser ist als das Angebot. «Wenn es nicht genug Ware gibt, wie bei Bio-Eiern manchmal, dann können wir diese eben zu diesem Zeitpunkt nicht anbieten», erklärt Conradin Bolliger von der Coop.

Künftig noch mehr Bio-Lebensmittel aus der Schweiz

Neben den frischen Bio-Lebensmitteln sollen auch weitere Produkte zukünftig verstärkt aus einheimischem Anbau stammen. «Bio Suisse setzt sich für zahlreiche Forschungs- und Beratungsprojekte, mit Absatzförderung und über mehr Markttransparenz, aber auch auf politischer Ebene dafür ein, ihre Vision ‚Bioland Schweiz‘ umzusetzen», verdeutlicht Sabine Lubow. Auch wenn die zwei grössten Detailhändlerinnen der Schweiz diese Vision nicht gänzlich teilen, setzen sich beide grundsätzlich zusammen mit Bio Suisse dafür ein, möglichst viele Bio-Lebensmittel aus Schweizer Produktion zu verwenden, wie Conradin Bolliger von Coop bestätigt: «Entsprechende Produkte aus dem Inland haben deswegen immer Priorität.»

Trotz des klaren Engagements für regionale Produkte und Bio-Lebensmittel, Konsumenten zu einem nachhaltigeren Lebensstil überreden oder gar zwingen wollen weder Bio Suisse noch die Detailhändlerinnen. Auch wenn Bio weiter boomt werden darum bei Migros und Coop auch zukünftig keine Produkte zu finden sein, die es ausschliesslich in Bioqualität gibt. Der Kunde solle nicht bevormundet werden, sagt Conradin Bolliger dazu, «Der Konsument sollte eine Wahl haben», stimmt Renato Isella zu.

Konsumenten entscheidend für das «Bioland Schweiz»

Es sind und bleiben also die Verbraucher, die täglich darüber entscheiden, ob sie Bio-Lebensmittel in ihren Einkaufswagen legen oder nicht und inwiefern sie regional oder saisonal einkaufen. Genau mit diesen Entscheidungen, die oft nicht wichtig erscheinen mögen, können Konsumenten auf lange Sicht viel bewirken. Denn wer mehr Bio-Lebensmittel kaufe, entscheide sich laut Sabine Lubow neben einer nachhaltigeren Ernährung «...gleichzeitig auch für eine Produktionsweise, die unsere Umwelt, die Tiere, den Boden, das Klima und die Artenvielfalt schützt und wertvolle Ressourcen schont.» Wie nachhaltig die Produktion  und unsere Supermärkte in der Schweiz in Zukunft sein werden und ob es tatsächlich irgendwann ein «Bioland Schweiz» geben wird, liegt demnach zu einem grossen Teil bei den Konsumenten. Denn mit ihrer heutigen Nachfrage bestimmen Sie das Angebot an Bio-Lebensmitteln in unseren Supermärkten von morgen.

Text: Bianca Sellnow

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