Dieser Student will Gülle umweltfreundlich machen

Gülle schadet der Umwelt und kann Trinkwasser vergiften. Die Erfindung des Studenten Raphael Iten könnte helfen. Wie das geht und warum sein Projekt nicht nur für die Schweiz wichtig ist.

Raphael Iten will Gülle umweltfreundlich machen
Mit dieser Maschine will Raphale Iten Gülle umweltfreundlicher machen. Foto: © zVg Purasystem

Gülle lässt das Gemüse auf den Feldern besser wachsen. Doch die Hinterlassenschaft der Nutztiere wirkt sich auch negativ auf die Umwelt aus. Denn beim Düngen gelangt schädliches Ammoniak in die Luft und im Boden entsteht so viel Nitrat, dass die Pflanzen gar nicht alles aufnehmen können. Letztlich sickert das Nitrat ins Grundwasser, wo es sich sammelt. Das schadet der Umwelt und dem Menschen.

Dieses Problem will der Wirtschaftsstudent Raphael Iten lösen. Dazu hat er das Start-up Purasystem gegründet und zusammen mit Ingenieuren, Agronomen und Biologen eine Maschine entwickelt, die Ammoniak in der Gülle um bis zu 90 Prozent reduziert.

Übersäuerte Wälder und ungesunder Feinstaub

Rund 95 Prozent des giftigen Ammoniaks in der Schweiz entstehen durch die Landwirtschaft. Sie produziert rund doppelt so viel Ammoniak wie gesetzlich erlaubt wäre. Das übersäuert Wälder und Moore und führt zu gesundheitsschädlichem Feinstaub. Darüber hinaus wird der hohe Nitratgehalt im Boden mitverantwortlich gemacht für den Verlust von Biodiversität. Rund 80 Prozent unseres Trinkwassers beziehen wir aus dem Grundwasser. Doch das Nitrat im Grundwasser kann ab einer gewissen Menge gesundheitsschädigend werden. 

Raphael Iten und sein Team wollen Gülle umweltfreundlich machen

Foto: © zVg Purasystem

«Dank der Maschine kann Gülle mit sehr geringem Ammoniak-Gehalt gewonnen werden, welche den Landwirten ermöglicht, ihre Felder regelmässig zu düngen, ohne dabei das Grundwasser zu verunreinigen», sagt Iten. Zusätzlich entstehe während des Verfahrens nicht nur ein ideales Gärungsmittel zur Herstellung von Biogas, sondern auch die Ammoniak-Emissionen in der Luft könnten so entscheidend gesenkt werden, sagt der junge Student weiter.

Noch fehlt der letzte Batzen

Zwar soll die Filtermaschine dereinst von Landwirten oder Genossenschaften gekauft werden, doch für diesen Durchbruch fehlt dem Team um Raphael Iten noch der letzte Batzen, oder genauer, 50'000 Franken. Denn damit die Anlage und das Verfahren anerkannt werden, müssen sie noch mit Tests wissenschaftlich untermauert werden. Das Geld dafür sammelt Iten unter dem Slogan «Schweizer Trinkwasser retten» auf der Internet-Crowdfunding-Plattform Wemakeit.

Doch Itens Slogen «Schweizer Trinkwasser retten» wirft unweigerlich die Frage auf, was mit den Pestiziden ist, die ebenfalls bis ins Grundwasser und damit ins Trinkwasser dringen können. Seine Antwort: «Natürlich beschränkt sich unser Projekt auf das Problem mit der Gülle, doch mit unserem Slogan wollen wir die Bevölkerung allgemein für den Wert unsers Trinkwasser sensibilisieren. Denn dieses gibt es nicht einfach so, sondern wir müssen dazu Sorge tragen.»

Tierbestände müssten verkleinert werden

Ob Itens Erfindung tatsächlich das Gülle-Problem in der Schweiz lösen kann, wird sich zeigen. Fakt ist: Trotz finanzieller Unterstützung durch Bund und Kantone für reduzierende Massnahmen sind die Ammoniak-Emissionen in den letzten 20 Jahren kaum gesunken.

Erst im Sommer berichtete die Sendung «Kassensturz» über die viel zu hohen Ammoniak-Emissionen: Doch um diese Emissionen von heute knapp 56'500 Tonnen jährlich auf den Grenzwert von 30'000 Tonnen zu senken, seien einschneidende Massnahmen nötig. Fachleute seien sich einig, dass eine Reduktion des hohen Tierbestandes unumgänglich sei, berichtete «Kassensturz» weiter.

Problem reicht weit über Landesgrenze hinaus

Das Gülle-Problem ist längst kein Schweizer Phänomen. Unter anderem in Deutschland und Italien hat das viele Nitrat im Grundwasser teils bereits das Trinkwasser vergiftet. Raphael Itens Anlage könnte auch in unseren Nachbarsländern für eine Verbesserung der Situation sorgen.

Situation für viele Bauern unbefriedigend

Iten ist überzeugt, dass seine Anlage einen wesentlichen Beitrag zur Lösung dieses Problems beitragen kann. «Abgesehen von den Schäden in der Umwelt ist die aktuelle Situation auch für die Bauern unbefriedigend» sagt Iten. Denn, um die Gesetzesvorgaben des Bundes einzuhalten und überschüssige Gülle richtig zu entsorgen oder weiterzugeben, würden Bauern teils einen hohen Aufwand betreiben und entsprechend Ausgaben haben.

«Für mittlere und grosse Betriebe kann sich unsere Anlage daher schon nach wenigen Jahren auszahlen.» Kleinere Betriebe könnten gemeinsam eine Anlage genossenschaftlich betreiben. «Der grosse Vorteil unserer Maschine ist, dass sie sehr Mobil ist, was dem Teilen unter kleinen Betrieben entgegenkommt», sagt Iten.

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