Gesund bleiben mit Ayurveda

Die traditionelle indische Heilmethode soll auf sanfte, natürliche Weise Krankheiten kurieren und die Gesundheit stärken. Besonders nachhaltig ist Ayurveda dabei, weil es den Menschen ganzheitlich betrachtet. Den Erfolg der alternativen Behandlung beweisen inzwischen sogar Studien.

Im Ayurveda sind auch Massagen mit Heilkräutern ein wichtiger Bestandteil.
Massagen mit Heilkräutern sind ein Bestandteil der Therapie mit Ayurveda. Foto: © iStockphoto / Thinkstock

Jeder vierte Schweizer besuchte im vorletzten Jahr eine Praxis für Komplementärmedizin oder Naturheilverfahren, um sich wegen gesundheitlicher Probleme behandeln zu lassen (Deloitte 2011). Die meisten denken dabei wohl an Homöopathie oder an traditionell-chinesische Therapieformen wie Akupunktur. Jedoch wächst seit ein paar Jahren auch das Interesse an Ayurveda. Vielleicht gehören Sie zu denjenigen, die die indische Heilkunst durch Bücher wie «Koch dich glücklich» oder «Natürlich schön mit Ayurveda» kennen. Die ayurvedische Ernährung spiegelt allerdings nur einen Bruchteil der Behandlungsmöglichkeiten wider. Ayurveda dient hauptsächlich der Gesundheitserhaltung und behandelt in zweiter Linie die Erkrankung an ihrer «Wurzel». Denn nur wer gesund bleibt, kann alt wie ein Baum werden. Davon geht auch die indische Heilkunst aus.

Grundsätze von Ayurveda und Behandlungsmethoden

Ayurveda ist ein indisches Medizinsystem, das sich seit mehr als 3.000 Jahren der ganzheitlichen Betrachtung, der Heilung und vor allem der Gesunderhaltung der Menschen widmet. Dabei steht der Einzelne und seine spezifische Konstitution im Vordergrund. Ist man gesund, dann sind die drei unterschiedlichen Bioenergien, auch Doshas genannt, in sich im Einklang. Unpassende Ernährungs- und Verhaltensweisen, Emotionen oder ein negatives Klima können diese stören und zu Krankheit führen. «Ayurveda ist deshalb so nachhaltig, weil man den Menschen in seiner Ganzheit betrachtet, versteht und behandelt», sagt Simone  Hunziker, Präsidentin des Verbandes Schweizer Ayurveda Mediziner und Therapeuten (VSAMT). «Man konzentriert sich nicht auf die Symptome, sondern auf die wirklichen Ursachen.» Daher dauere eine Ayurveda-Behandlung etwas länger. «Man geht auf den Menschen ein, also auch auf seine Situation und seine Persönlichkeit.» Es gäbe zwar allgemeine Behandlungsrichtlinien, aber der Arzt oder Therapeut passe die jeweilige Therapie dem individuellen Bedarf des Patienten an. Denn nur wenige Regeln zur Gesunderhaltung beträfen alle.

Obwohl die Behandlung auf jeden zugeschnitten wird, behauptet Ayurveda nicht, dass damit alle Erkrankungen geheilt werden können. «Krebs und andere schwere Krankheiten im fortgeschrittenen Stadium müssen einfach parallel mit der Schulmedizin behandelt werden.» Die indische Heilkunst kann bei leichteren chronischen Krankheiten in weniger fortgeschrittenem Stadium, etwa bei Morbus Crohn, helfen. Aber auch bei akuten Fällen, wie zum Beispiel einem Ischiassyndrom, erziele Ayurveda gute Erfolge, meint Simone  Hunziker. «Nicht immer kann man heilen, aber die Situation regulieren und die Lebensqualität verbessern.» Die Medizinerin rät aber, dass Sie sich bei akuten Notfällen und wenn Chirurgie notwendig ist,  unbedingt an einen Schulmediziner wenden sollten.

Diagnose hat bei Ayurveda-Behandlungen einen grossen Stellenwert

Eine umfassende Befragung und verschiedene körperliche Untersuchungen sind die Basis der Diagnostik. Damit ermittelt der Arzt eventuelle Störungen der drei bioenergetischen Prinzipien Vata, Pitta und Kapha und deren Folgen. Diese Bioenergien steuern sämtliche physiologischen Vorgänge im menschlichen Körper. Erst, wenn die Diagnose feststeht, bestimmt der Arzt den entsprechenden Behandlungsplan. Dabei kommen Heilmittel, Diäten, verschiedene manuelle Behandlungstechniken und Massagen, «ausleitende» Verfahren, Meditation, Yoga, sowie typgerechte Reinigungs- und Ernährungsregeln zum Einsatz.

Erste Studien legen die Wirksamkeit von Ayurveda bei bestimmten Erkrankungen nahe. Positive Ergebnisse stellen sich bei der Therapie von Akne, Arthrose und Diabetes mellitus sowie beim Stressabbau ein.

Ausgeglichene Ernährung gehört beim Ayurveda dazu.

Ausgeglichene Ernährung gehört beim Ayurveda dazu. Foto: © iStockphoto / Thinkstock

  • 2011 untersuchte die Forschergruppe um den anerkannten Rheumatologen Daniel E. Furst 43 Patienten mit rheumatoider Arthritis. Dabei verglichen sie die Wirksamkeit des häufig verschriebenen Antirheumatikums Methotrexat mit der klassischen Ayurveda sowie deren  Kombination. Es zeigte sich, dass Ayurveda vergleichbar gute Ergebnisse lieferte wie die Schulmedizin. Diejenigen, die mit dem herkömmlichen Medikament behandelt wurden, litten jedoch häufiger unter unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Das ist die erste, doppelblinde, randomisierte und kontrollierte Patientenstudie und entspricht den wissenschaftlichen Kriterien der modernen Medizin.
  • Die Poliklinik Bonn ging der Frage nach, ob Heilkräuter und Panchakarma als Entschlackungskur bei rheumatider Arthrose helfen. Mit dieser Kur beginnt jede Behandlung, die unter Arztaufsicht stationär und ambulant durchgeführt wird. Das Team behandelte 44 Patienten über zehn Monate hinweg. Währenddessen verzichteten 41 auf schulmedizinische Medikamente. Nach Beendigung der Ayurveda-Behandlung zeigte die Hälfte der Patienten eine deutliche Verbesserung der Krankheit. Einziger Nachteil: Es kamen Heilkräuter zum Einsatz, die in Deutschland nicht zugelassen sind.
  • Die AFA-Studie aus dem Jahr 2007 zeigt, dass Atemtherapie bei Lehrern in stressigen Situationen und bei Burnout wirksam sein kann.

Die kostenlose Datenbank Dhara sammelt weltweit wissenschaftliche Studien zur  Komplementärmedizin.

Ayurvedische Ernährung 

Bereits der Volksmund besagt: Der gesunde Geist wohnt in einem gesunden Körper. Ayurveda geht davon aus, dass eine falsche Ernährung die Krankheit mit verursacht. Wer an Gicht leidet, sollte beispielsweise seinen Fleischkonsum bewusst einschränken. Die ayurvedische Ernährung muss beim gesunden Menschen auf den jeweiligen Biotyp und beim kranken Menschen auf die gestörten Bioenergien abgestimmt werden. Dabei spielen nicht nur Geschmacksrichtungen und Art der Essenszubereitung, sondern auch Alter und Geschlecht der Person eine grosse Rolle. Denn was dem einen schmeckt und gut tut, lässt den Anderen möglicherweise krank werden. Dennoch gibt es einige allgemeingültige Ernährungs- und Verhaltensvorgaben, die einem aus dem Elternhaus bekannt vorkommen...

  • Lebensmittel wie Fertiggerichte, oder Trockenmilch sind wenig gesund.
  • Sie sollten gemäss Ayurveda saisonale Lebensmittel und vergetarische Ernährung bevorzugen.
  • Es wird regelmässiges Essen ohne Ablenkung von Medien wie Fernseher oder Radio empfohlen. Sonst können sich Verdauungsstörungen einstellen.
  • Ein gesunder Schlaf ist nur bei offenem Fenster möglich. Ausserdem genügen sechs bis acht Stunden Schlaf vollkomen aus.
  • Wer im Takt seiner inneren Uhr lebt, fühlt sich wohler.

Ayurveda geht von einem Menschen aus, der ein hohes Mass an Eigenverantwortung übernimmt, um sich gesund zu halten und vor schädlichen Einflüssen zu schützen. Das schliesst auch gesunde Ernährung und Verhaltensweisen, Reinigung, Meditation, Atemübungen und Yoga mit ein.

Ayurveda in der Schweiz

Schweizweit gibt es nach Schätzung des Verband Schweizer Ayurveda Mediziner und Therapeuten (VSAMT) etwa zehn Ayurveda-Ärzte und etwa 20 bis 30 nichtärztliche Praktiker in Ayurveda-Medizin, sowie mehrere hundert Ayurveda-Therapeuten. Der VSAMT setzt sich für die Förderung und Anerkennung von Ayurveda hierzulande ein und ist einer der grösseren und aktiven Ayurvedaverbände in Europa. In den vergangenen Jahren hat man sich vor allem für die Anerkennung von Ayurveda als ganzheitliches Therapie- und Medizinsystem von neuen Berufsbildern in der Komplementär-Therapie und der Alternativ-Medizin engagiert.

Simone Hunziker ist die Präsidentin des gesamtschweizerischen Verbandes. Die Medizinerin interessiert sich seit mehreren Jahrzehnten für alternative Heilmethoden. Sie bildete sich in Homöopathie, TEN (Traditionneller Europäischer Naturheilpraxis) und Psychotherapie weiter. Vor knapp zehn Jahren gründete sie ein Zentrum für Therapie und Ausbildung in Ayurveda und fördert seither Ayurveda in der Schweiz.

Quellen: VSAMT, BAG, tswj.com, jclinrheum.com, Schweizerische Medizin für Ganzheitsmedizin, Ärztezeitung.de, Atemkongress, Deloitte, „Alternativ heilen“ von Jörg Grünwald,Christof Jänicke (2006), „Natürlich schön mit Ayurveda“ Ernst Schrott, Cynthia Nina Bolen (1997, „Gesund leben, sanft heilen mit Ayurveda“ von Hans H. Rhyner (2000), Wikipedia, rheuma-online.de

Text: Kerstin Borowiak

 

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