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Guerilla Gardening: Von der Protestaktion zum weltweiten Trend

Es war Protest und ziviler Ungehorsam, der die Begründer des kriegerisch klingenden Guerilla Gardenings auf den Plan rief. Ihnen war der urbane Lebensraum allzu verbaut. Zudem fehlte es einfach an Grünflächen, zu viel innerstädtische Fläche lag in den Augen der Aktivisten brach. Wie Nacht und Nebel-Aktionen zum akzeptierten Urban Gardening wurden.

Guerilla Gardening: Urbanes Gärtnern gewinnt an Akzeptanz
Guerilla Gardening in London, mit den Wahrzeichen der Stadt. Foto: © The Pothole Gardener

Erste Trends zum Guerilla Gardening wurden bereits in den 1970er Jahren in Grossbritannien, Deutschland oder New York beobachtet. Eine Naturgartenbewegung wollte die tristen Städte wieder begrünen, wenn es sein musste in einem Kleinkrieg gegen die Stadtoberen. Und spätestens im Jahr 2000 wurde die Guerilla Gardening-Bewegung dadurch bekannt, als am 1. Mai Globalisierungsgegner und Umweltaktivisten sich am Londoner Parliament Square trafen und sich die «Strasse zurück zu erobern», indem sie den Platz umgruben und bepflanzen. Eine Tradition, die in Londons karger Innenstadt immer noch gepflegt wird. So werden in einer nächtlichen Aktion beispielsweise triste Verkehrsinseln zum blühenden Highlight am Strassenrand. Und die Stadtverwaltung akzeptiert es. Nur sind diese Londoner Guerilla Gärtner heute zumeist keine Aktivisten oder rebellisch veranlagte Menschen mehr. Sie sind eher Leute «wie Du und ich», die so mancher Schandfleck in der Stadt stört, ihn begrünen und ihr Wohnviertel einfach attraktiver machen möchten.

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Guerilla Gardening: Grüne Akzente in kargen Grossstädten

Guerilla Gardening will dem urbanen Grau ländlich anmutendes Grün entgegensetzen. Von der Brachfläche bis zur Baumscheibe wird alles begrünt. Eine Sonderform kommt aus London. Hier werden sogar Schlaglöcher bepflanzt. Mehr zu den energischen Gärtnern finden Sie in unserem Artikel. Foto: © The Pothole Gardener

 

Guerilla Gardening: Ein Schweizer setzte Akzente

Ein Schweizer Vorreiter in Sachen Guerilla Gardening ist der Zürcher Maurice Maggi. Bereits vor 30 Jahren zog der Blumenliebhaber los und warf Samen auf triste Brachflächen, öde Baumscheiben oder verwaiste Verkehrsinseln. Damals musste der Aktivist diese Aktionen noch heimlich und bei Nacht durchführen. Doch die Zeiten haben sich geändert.

Vom Aktivismus zur gesellschaftlichen Akzeptanz

Aus der einstigen Protestbewegung des urbanen Gärtnerns, die zwar immer noch eine ist und auch heute noch wild etwa mit Seed Bombs praktiziert wird, ist schon längst eine akzeptable Form der Nutzung leerer Flächen im innerstädtischen Bereich geworden. Die steigende Sehnsucht nach Grünem, steigendes Umweltbewusstsein und gleichzeitiges Verständnis und wachsende Akzeptanz in den Rathäusern machten aus einem Untergrundtrend eine durch die Gesellschaft akzeptierte Form des Gärtnerns.

Guerilla Gardening, seine Geschichte und das Pothole Gardening
Eine hässliche Ecke an einer Hauswand? Wird sie vom Pothole Gardener entdeckt, dann gibt es kein Halten mehr. Auch zur Freude und Belustigung der Betrachter. Seine Spezialität: Miniaturszenarien. Foto: © The Pothole Gardener

Viele Städte haben heute verstanden, dass ungenutzte Flächen und ödes Gelände durch Guerilla Gardening oder die mildere Variante, das urbane Gärtnern, eher profitieren, denn Schaden nehmen. So entsteht schweiz- wie europaweit so manches Urban Gardening-Projekt. Temporär vor einer Umnutzung oder gar auf Dauer. Und in Zürich muss Maurice Maggi nun nicht mehr semilegal seine Samen ausbringen. Denn nach 30 Jahren ist er am Ziel seines Vorhabens: Die Stadt verteilt kostenlos Wildblumensamen, um die Stadt mir legalem Guerilla Gardening zu verschönern.

«Pothole Gardening»: Ein Guerillagärtner verzaubert Passanten

Jeder kennt sie und weltweit sind sie ein nicht ungefährlicher Schandfleck auf unseren Strassen – Schlaglöcher, die Auto- wie Velofahrer schon so manch Schaden anrichteten und zahlreicher Fussgänger schon ins Krankenhaus beförderten. Das war auch dem Londoner Steve Wheen zu viel und er folgte der Idee, die erstmals in der englischen Universitätsstadt Oxford umgesetzt wurde. Er begann das «Pothole Gardening», das Bepflanzen von Schlaglöchern.

So erhellen kleine Bepflanzungen selbst auf der Einkaufsmeile das Strassenbild, zaubern ein Lächeln in die Gesichter jeden Betrachters und  warnen nebenbei noch von den halsbrecherischen Kratern in der Strassendecke. Mittlerweile inszeniert Steve Wheen auch thematische Schlaglochgärten, etwa zur Hochzeit von Kate und William, zur Olympiade oder der London Fashion Week. Der Potholegardener, der bereits ein Buch über die besten Schlaglochgärten veröffentlichte, hat einen weltweiten Trend ausgelöst und auf seinem Blog The Pothole Gardener findet man Einträge aus vielerlei Ländern. Schaut man sich die Google-Map mit allen Pothole Gardening-Beispielen an, so ist die Schweiz noch ein weisser Fleck auf der Landkarte.

Eines der meistgeklickten Videos, mehr als 200‘000 Klicks, der Londoner Guerilla Gardening-Ikone

Quellen: Wikipedia, ARD, Potholegardener
Text: Jürgen Rösemeier-Buhmann, 24.09.2013

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