Suffizienz: Warum nachhaltig leben Genügsamkeit statt Verzicht ist
Für einen nachhaltigen Lebensstil sollen wir verzichten, heisst es oft. Doch eigentlich verlangt Umweltfreundlichkeit gar nicht nach Verzicht, sondern vielmehr nach sogenannter Suffizienz. Denn, wer suffizient lebt, muss sich nicht einschränken, sondern nur unnötiger Verschwendung den Kampf ansagen. Und das hilft nicht nur der Natur, sondern auch uns selbst.
Was ist Suffizienz? Eine Definition
Wolfgang Sachs, Wirtschaftsexperte und Mitglied im Club of Rome, nahm das Wort «Suffizienz» 1993 erstmalig in den Mund. Seine Suffizienz-Definition: «Einer naturverträglichen Gesellschaft kann man in der Tat nur auf zwei Beinen näherkommen: durch eine intelligente Rationalisierung der Mittel wie durch eine kluge Beschränkung der Ziele. Mit anderen Worten: die ‚Effizienzrevolution‘ bleibt richtungsblind, wenn sie nicht von einer ‚Suffizienzrevolution‘ begleitet wird.»
Das heisst, um wirklich umweltfreundlich zu leben, reicht es nicht aus, erneuerbare Energien zu fördern, oder die Energieeffizienz von Gebäuden zu erhöhen. Jeder von uns muss zusätzlich sich selbst und seine Umgebung so organisieren, dass wir insgesamt genügsamer leben. Doch was bedeutet ein genügsames, also suffizientes Leben?
«Bio» kaufen alleine macht keine Suffizienz
Viele Menschen greifen inzwischen öfter mal im Supermarkt ins «Bio»-Regal, auch weil es ihnen als nachhaltig erscheint. Doch was nützt es der Umwelt, wenn eine Mango ungespritzt und ohne jegliche Schadstoffe als «bio» daher kommt, aber aus fernen Ländern eingeflogen werden muss? Auch die Bio-Tomate, die ausserhalb der Saison in beheizten, spanischen Treibhäusern wächst, mag vielleicht gesünder als gespritzte Ware sein, von umweltfreundlich ist sie jedoch weit entfernt.
Und dieses Beispiel lässt sich auf sämtliche Lebensbereiche ausweiten. Was bringt etwa die neue Energiesparlampe, wenn man das Licht dauerhaft brennen lässt? Und wie nachhaltig ist ein Elektroauto am Ende wirklich, wenn nur das Fahren damit umweltfreundlich ist, seine Herstellung aber Unmengen von Energie verschlingt?
Genau hier setzt die Suffizienz an. Denn, wer wirklich nachhaltig leben oder sich zumindest umweltfreundlicher verhalten möchte, muss weiter denken als bis zum eigenen Einkaufskorb. Intelligenter Konsum ist hier das Stichwort, oder auch auf Qualität statt auf Quantität zu setzen. So macht es durchaus einen Unterschied, wenn man Tomaten nur dann kauft, wenn sie Saison haben, oder hin und wieder von Mango oder Ananas auf andere heimische Obstsorten wechselt, die man genau so gerne isst.
Aber auch viele andere Verhaltensweisen, bei denen es nicht vorrangig um Verzicht geht, können zur Suffizienz im eigenen Leben beitragen. Denn Suffizienz ist unter anderem auch:
- Reparieren statt immer gleich neu zu kaufen
- Sich für lang haltende Qualität zu entscheiden statt für Billigprodukte, die ständig erneuert werden müssen
- Auch mal Gebrauchtes zu kaufen, oder zu tauschen, so wie hier: «Kaufen war gestern: Kleidertausch ist günstig und nachhaltig»
- Selten genutzte Geräte, wie einige Elektrowerkzeuge, ausleihen, anstatt sie gleich zu kaufen
- Sich ein Auto teilen, oder mit dem öffentlichen Verkehr zu fahren, statt selbst ein Auto zu besitzen
Stromverbrauch.info, UPI-Institut.de, Umweltbundesamt Deutschland, Wikipedia, Rehab-republic.org, Südwind Institut e.V., Universität München, *Hausbauinfo.ch
Text: Jürgen Rösemeier-Buhmann