Heimische Flugakrobaten: Fledermäuse in der Schweiz
Fledermäusen sind ganz besondere Flugakrobaten. Leider sind fast alle Fledermausarten in der Schweiz in ihren Beständen bedroht. Lebensraum, Lebensweise und Gefährdung unserer heimischen Fledermäuse.
Inhaltsverzeichnis
Die Grösse der Fledermäuse in der Schweiz reicht von Streichholzschachtelgrösse der Zwerg- und der Mückenfledermaus, bis hin zu 40 Zentimetern Spannweite des Abendseglers. Sie haben überhaupt spannende Namen, die etwa 30 Fledermausarten in der Schweiz. Graues Langohr, Hufeinsennase, Mausohren, Fransenfledermaus oder auch Mopsfledermaus.
Diese Fledermäuse leben in der Schweiz
In der Schweizer Natur und im urbanen Siedlungsgebiet gibt es ab der Dämmerung zahlreiche Fledermausarten zu entdecken.
Fledermaus | Gewicht | Flügelspannweite | Gefährdung |
Alpenfledermaus (Hypsugo savii) | 4,5 - 11 g | 22 - 25 cm | potenziell gefährdet |
Alpenlangohr (Plecotus macrobullaris) | 6 - 10 g | 24 - 30 cm | stark gefährdet |
Bartfledermaus (Myotis mystacinus) | 3 - 10 g | 19 - 23 cm | nicht gefährdet |
Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) | 5,5 - 12 g | 25 - 29 cm | verletzlich |
Brandtfledermaus (Myotis brandtii) | 4,5 - 10 g | 19 - 26 cm | verletzlich |
Braunes Langohr (Plecotus auritus) | 5 - 12 g | 25 - 30 cm | verletzlich |
Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) | 11 - 30 g | 31 - 38 cm | verletzlich |
Bulldoggfledermaus (Tatarida teniotis) | 22 - 55 g | 40 - 45 cm | potenziell gefährdet |
Fransenfledermaus (Myotis nattereri) | 4.5 - 12,5 g | 25 - 30 cm | potenziell gefährdet |
Graues Langohr (Plecotus austriacus) | 5 - 13 g | 25- 30 cm | vom Aussterben bedroht |
Grosse Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum) | 13 - 24 g | 33 - 40 cm | vom Aussterben bedroht |
Grosser Abendsegler (Nycaltus noctula) | 16 - 45 g | 32 - 45 cm | potenziell gefährdet |
Grosses Mausohr (Myotis myotis) | 20 - 40 g | 35 - 45 cm | verletzlich |
Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros) | 4 - 10 g | 19 - 25 cm | stark gefährdet |
Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri) | 8 - 22 g | 26 - 34 cm | potenziell gefährdet |
Kleines Mausohr (Myotis blythii) | 15 - 30 g | 35 - 40 cm | vom Aussterben bedroht |
Kryptisches Mausohr (Myotis crypticus) | 5 - 12 g | 25 - 30 cm | ungenügende Datenlage |
Langflügelfledermaus (Miniopterus schreibersii) | 10 - 16 g | 30 - 34 cm | stark gefährdet |
Langfussfledermaus (Myotis capaccinii) | 7 - 12 g | 23 - 26 cm | ungenügende Datenlage |
Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) | 6 - 14 g | 24 - 29 cm | stark gefährdet |
Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) | 4 - 8 g | 19 - 23 cm | potenziell gefährdet |
Nordfledermaus (Eptesicus nilssonii) | 8 - 13 g | 24 - 28 cm | verletzlich |
Nymphenfledermaus (Myotis alcathoe) | 3,5 - 6 g | ca 20 cm | ungenügende Datenlage |
Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) | 4,5 - 12 g | 22 - 25 cm | nicht gefährdet |
Riesenabendsegler (Nyctalus lasiopterus) | 33 - 60 g | 41 - 46 g | ungenügende Datenlage |
Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) | 7 - 15 g | 24 - 28 cm | potenziell gefährdet |
Weissrandfledermaus (Pipistrellus kuhlii) | 5 - 10 g | 21 - 26 cm | nicht gefährdet |
Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) | 4,5 - 10,5 g | 22 - 25 cm | stark gefährdet |
Zweifarbfledermaus (Vespertillo murinus) | 7,5 - 18 g | 26 - 33 cm | verletzlich |
Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) | 3 - 8 g | 18 - 24 cm | nicht gefährdet |
Fledermäuse gehören zu den Säugetieren
Fledermäuse werden mit den asiatischen Flughunden zur Ordnung der Fledertiere zusammengefasst. Diese Fledertiere sind die einzigen Säugetiere, die fliegen können.
Die einheimischen Fledermäuse ernähren sich ausschliesslich von Insekten.
Es gibt z. B. US-amerikanische Arten, die auch kleine Säugetiere wie Mäuse oder kleinere Vögel fressen.
Die grossen asiatischen und afrikanischen Flughunde – grösste Flügelspannweite: 170 cm – ernähren sich von Früchten, Nektar und Pollen. Trotz ihrer für manche gruseligen Grösse sind sie also harmlose Vegetarier.
Wie die Organisation Fledermausschutz Schweiz informiert, leben die Fledertiere, so nennt man diese Gattung eigentlich, bereits seit 60 Millionen Jahren auf der Erde und weltweit gibt es über 1'200 verschiedene Fledermausarten. Damit soll jedes dritte Säugetierart eine Fledermaus sein.
Doch, gerade in unseren Breitengraden, bekommen wir sie nur noch sehr selten zu Gesicht. Denn es gibt immer weniger der leisen Jäger. Dies, Obwohl der Fledermausschutz in der Schweiz grosse Unterstützung findet: Alle heimischen Fledermäuse sind bundesrechtlich geschützt.
Die grösste Fledermauskolonie der Schweiz befindet sich in Fläsch im Kanton Graubünden. Sie zählt über 1‘000 Tiere. Die weltweit grösste Kolonie weist 20 Mio. Tiere auf und ist in Texas, USA, zuhause.
Die Lebensweise der Fledermäuse
Wenn die Temperaturen im Frühjahr steigen, etwa ab April, dann erwachen die Fledermäuse aus ihrem Winterschlaf. Diesen verbringen sie gerne in Stollen, Fels- oder Baumhöhlen, weniger in Gebäuden. Die Sommerquartiere sind meist woanders, jetzt gerne in oder an Gebäuden.
Von wenigen heimischen Vertretern wie dem Grossen und Kleinen Abendsegler ist bekannt, dass die Weibchen zum Gebären nach Nordosteuropa fliegen. Bis zu 1'500 Kilometer können die Distanzen betragen. Andere Fledermausarten fliegen nur 200 Kilometer ins Sommerquartier oder sind mehr oder minder standorttreu.
Die heimischen Fledermäuse können zwischen 8 und 42 Jahre alt werden. Das Durchschnittsalter ist aber meist deutlich geringer.
Paarungs- und Brutzeit der Fledermaus
In der Brutzeit bilden die Weibchen Kolonien, während die Herren der Schöpfung Einzelgänger sind. Erst wenn die Weibchen mit dem Nachwus heimkehren, etwa im Augsust, September, treffen sie wieder aufeinander. Dann beginnt die Paarungszeit.
Lediglich ein Junges bringt ein Fledermaus-Weibchen pro Jahr zur Welt. Bereits nach wenigen Wochen sind Jungfledermäuse flügge und können selbstständig auf die Jagd gehen. Hierbei erobern Jung und Alt ab der Dämmerung Mücken, Falter, Schnacken und Käfer. Bis zur Hälfte des Körpergewichts sind an Nahrung nötig. Durch ihre Spezialisierung können sie übrigens besonders hohe Aufkommen, etwa von Schnacken, dezimieren.
Jagd- und Fressverhalten der Fledermaus
Je nach Fledermausart ist ihre Nahrung teils unterschiedlich. Sammeln die einen direkt fliegende Insekten in der Luft ab, so picken sich andere Fledermäuse in der Schweiz rastende Beute von Baumblättern oder an der Wasseroberfläche.
Lokalisiert wird die Beute durch Ultraschallrufe, die für den Menschen nicht hörbar sind. Diese dienen der Standortbestimmung und sollen eine so exakte Wahrnehmung ermöglichen, wie sie der Sicht des menschlichen Auges entspricht. Wenn Fledermäuse hörbare Laute abgeben, dann dienen diese der sozialen Interaktion.
Mit rasender Geschwindigkeit manövrieren Fledermäuse so durch einen hindernisreichen Luftraum. Das zurückkommende Echo gibt ihnen die Flugroute vor und lässt gleichzeitig umherschwirrende Insekten auf ihrem Radar «aufleuchten».
Dann folgt oft nur ein kleiner, wendiger Schwenk und gefangen sind Maikäfer und Co. Und was die Fledermäuse in der Schweiz in so einer Nacht vertilgen, ist beachtlich. Die Wasserfledermaus beispielsweise, die rasant über Gewässer manövriert, soll bis zu 2'700 Insekten schaffen. Und zwar bei nur einem nächtlichen Ausflug.
An den letzten warmen Herbsttagen fressen sie sich ein Fettpolster an, mit dem sie in der Winterruhe für fünf Monate überleben können. Sofern sie ausreichend Nahrung finden.
Die Feinde der Fledermaus
Feinde sind Hauskatzen, die die Flugkünstler im Tiefflug fangen können oder am für sie zugänglichen Tagesquartier abfangen. Grössere Gefahr geht von Steinmardern aus. Gerade dann, wenn sie Zugang zu unter einem Hausdach angesiedelten Fledermäusen erhalten. Natürliche Feinde sind Falken und Eulen, die sie in der Dämmerung oder nachts fangen.
Fledermäuse sind stark gefährdet
Noch im Jahr 2015 verkündete das Bundesamt für Umwelt das von den 30 Schweizer Fledermausarten 15 mehr oder minder stark bedroht sind und damit auf der Roten Liste stehen. Zu vier der insgesamt 30 Fledermausarten lagen nur ungenügende Daten vor, daher wurden sie vom BAFU nicht berücksichtigt. Heute, nur wenige Jahre später, sind bereits 22 Arten in ihren Beständen bedroht. Lediglich vier Arten sind nicht gefährdet und bei weiteren vier können Fachleute keine Aussage machen, weil die Datenlage ungenügend ist. Eine erschreckende und sehr schnelle Steigerung der Gefährdung.
Bereits so gut wie ausgestorben sind das Kleine Mausohr, das Graue Langohr und die Grosse Hufeisennase. Fünf Arten sind noch stark gefährdet, und jeweils sieben Arten von Fledermäusen wird der Bestand als verletzlich und peotenziell gefährdet eingestuft. Lediglich vier Arten von Fledermäusen in der Schweiz werden als nicht gefährdet angesehen.
Wieso sind Fledermäuse in der Schweiz so gefährdet?
Obwohl alle einheimischen Fledermausarten bundesrechtlich geschützt sind, haben es Fledermäuse in der Schweiz dennoch schwer.
Ein wichtiger Punkt ist der Wohnungsmangel. Alle stark gefährdeten Arten leben in Mauerspalten oder auf Dachstühlen. Beides ist durch moderne Gebäude und die Gebäuderenovation vielfach nicht mehr vorhanden und ganze Fledermauskolonien sind in ihrem Bestand so gefährdet.
Fledermäuse jagen mit Vorliebe über extensiv oder gar nicht bewirtschaftete Landschaften, im lichten Wald und an Waldrändern. Selbst unsere vielfältigen Gärten gehören hier dazu. Leider gibt es diese natürlichen Lebensräume immer weniger. Pestizideinsatz leistet einen nicht unerheblicheen Beitrag zur Dezimierung der Nahrung und damit der Fledermäuse.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Lichtverschmutzung. Die meisten Fledermausarten meiden das Licht. Vielmehr benötigen sie dunkle Jagdreviere und Flugkorridore. Selbst ein beleuchteter Fussweg wird so zum unüberwindbaren Hindernis, entweder für die Jagd, auf dem Weg zum Tagesquartier und letztlich auch zum Genaustausch mit anderen Fledermauskolonien. Auch wenn ihre Tagquartiere die ganze Nacht beleuchtet sind, schreckt es die meisten Arten ab.
Einigen Spezies macht dies indes gar nichts aus, im Gegenteil. Die Zwergfledermaus und der Grosse Abendsegler nutzen nächtlich beleuchtete Stellen, um gezielt auf die Jagd nach angelockten Insekten zu gehen. Dies ist mit ein Grund, dass sie auf der Roten Liste der gefährdeten Fledermausarten als nicht gefährdet eingestuft sind.
Leider verenden Fledermäuse auch an Windkraftanlagen. Vor allem die kleineren und mittleren sollen dafür verantwortlich sein, das pro Jahr und Windrad 40 - 50 Fledermäuse an ihnen verenden können. Durch ihren bundesrechtlichen Schutz haben die Erbauer heute hohe Auflagen. So ist ein Fledermaus-Monitoring nötig, mit dessen Erkenntnissen nächtliche Abschaltzeiten ermittelt werden oder wodurch gefordert wird, dass eine Radaranlage oder Ultraschallsensoren verbaut sein müssen, die eine Echtzeitabschaltung ermöglichen.
Eine natürliche Ursache ist zudem die geringe Geburtenzahl. Lediglich ein Junges bringt ein Fledermaus-Weibchen pro Jahr zur Welt.
Fledermäuse brauchen Schutz: Viele Arten stark gefährdet
Zwergfledermaus, Rauhhautfledermaus und Weissrandfledermaus sind jene drei Spezies, die glücklicherweise noch recht häufig in der Schweiz vorkommen. Dagegen hat es das Graue Langohr oder die grosse Hufeisennase schwer und kann deshalb nur noch selten gesehen werden, wie sie den Nachthimmel in der Schweiz durchstreift.
Um so viele Fledermausarten in der Schweiz wie möglich zu erhalten, ist der richtige Schutz der Tiere deshalb wichtig. Sowohl Insektizid- und Pestizidverzicht als auch der Erhalt von Lebensräumen und Schlafplätzen können dabei helfen.
Dafür setzt sich insbesondere die Stiftung Fledermausschutz ein. Diese hat auch eine App veröffentlicht unter dem Namen «Swiss Bats» mit Fotos aller Fledermausarten der Schweiz, Tipps dazu wie man ihr Überleben unter dem Hausdach unterstützen kann und Vielem mehr. Die Schutzarbeit kann man etwa schon mit dem Erwerb der informativen Fledermaus-App unterstützen. Sie kostet lediglich einen Franken und es gibt sie für Apple- und Android-Geräte.
Was wir für Fledermäuse tun können
Zunächst sollte auf jegliche Art von Pestiziden verzichtet werden im Garten. Stattdessen liefert ein vielfältiger, natürlich bewirtschafter Garten eine gute Lebensgrundlage, sprich, er bietet jede Menge Insekten. Natürlich mehr, wenn sich die Nachbarn anschliessen.
Auch die Vielfalt der Pflanzen im Garten und Balkon - gerne heimisch und vor allem über eine lange Zeit blühend - hilft, Insekten anzulocken und somit den fliegenden Insektenjägern zu helfen.
Es gibt einige Spezies, die gerne über Wasser jagen. Will man diese Insektensucher unterstützen, dann ist selbst ein kleiner Teich sehr hilfreich, das Insektenangebot und damit die Lebensgrundlage der nachtaktiven Säugetiere zu steigern. Wenn Sie so die Biodiversität im Garten fördern, dann ist den Fledertieren schon viel geholfen.
Nachts: Licht aus! Nicht nur Strassen, Wege und Plätze im urbanen Umfeld sind oft hell erleuchtet. Auch Häuser gleichen immer öfter einer strahlenden Insel in der Nacht. Das stört viele Vertreter der Insektenjäger, schreckt sie ab, vertreibt sie sogar aus ihren Tagesquartieren. Gleichzeitig zieht es Insekten magisch an, die andernorts den Nachtjägern fehlen. Wenn Licht am Haus dringend sein muss, dann ist es am fledermausfreundlichsten mit Bewegungssensoren. Doch auch diese Lösung ist nicht Ideal, denn manche werden selbst von Katzen oder gar Igeln ausgelöst.
Tipp: Wenn Licht, dann sollte es nicht in den Himmel strahlen.
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) empfiehlt zudem, dass LEDs mit wenig Leistung und geringem Ultraviolett- und Blauanteil im Lichtspektrum ideal sind. Sie locken wenige bis gar keine Nachtfalter an - was deren Populationen auch schadet - und Fledermäuse würden weniger gestört.
Ihre Gemeinde setzt noch auf alte Beleuchtungstechnik? Hier kann jeder aktiv werden und Gemeindevertreter ansprechen. Zumal es einige Förderprogramme gibt, die den Umbau auf moderne, noch dazu energiesparende Leuchtmittel unterstützen.
Sie wollen den bedrohten Spezies helfen? Dann können Sie Fledermauskästen aufhängen. Die geht an der Hausfassade genauso, wie in hohen Bäumen. Mehr Details zu den Voraussetzungen vermittelt die Stiftung Fledermausschutz. Die gemeinnützige Organisation rät übrigens auch, alte und absterbende Bäume möglichst stehen zu lassen. Denn auch Baumhöhlen sind für einige Vertreter der heimischen Fledermäuse ein willkommenes Versteck und Winterquartier.