Windkraftanlagen bringen mehr Energie von Hoher See
Dem Offshore-Windenergie-Markt steht ein grosser Aufschwung bevor. Die Kapazität könnte in jedem der nächsten zehn Jahre um 32 Prozent wachsen. Dabei verlieren die Windkraftwerke auf See sogar die Bodenhaftung: Schon jetzt schwimmen Plattformen mit Riesenturbinen auf den Weltmeeren.
Der Wind hat Rückenwind, und das besonders auf dem Meer. Die Windkraftwerke sehen ein Jahrzehnt des Wachstums vor sich. Die alte Frage, ob Windkraft auf dem Land oder auf dem Meer zu Hause sein sollte, scheint beantwortet: sowohl als auch. Eine Studie von ODS Petrodata, einer internationalen Energieberatung mit Sitz in Houston, Texas, sagt den Offshore-Windparks, also der Windkraft auf dem Meer, ein Wachstum ihrer Kapazität von 32 Prozent in den nächsten zehn Jahren voraus - jährlich. Bis 2020 könnte so eine Kapazität von 55 Gigawatt zusammenkommen. Das entspräche ebenso vielen Kernkraftwerken.
Windkraft auf dem Meer hat einen grossen Vorteil: Die Weite des Meeres ermöglicht relativ grosse Windräder. Auf dem Land ist das Wachstum der Windräder dagegen beschränkt. Denn laut des schweizerisch-schwedischen Technologiekonzerns ABB, passen Turbinen mit einer Kapazität von über 3,5 Megawatt nicht mehr unter Brücken hindurch und können deswegen schlecht über Land transportiert werden. Im August 2006 wurde in der schottischen Nordsee, genauer im Meeresarm Moray Firth, erstmals eine 5-Megawatt-Windkraftanlage auf offener See errichtet. Die fünf Megawatt-Turbinen haben einen Durchmesser von über 120 Metern. Bereits wird an Windrändern mit 10 Megawatt geforscht und gearbeitet. Die wachsenden Turbinen bringen aber auch ein Problem mit: Ihr Gewicht. Denn für jedes Kilo, dass oberhalb der Meereslinie hinzu kommt, müssen im Fundament zwei Kilo hinzugefügt werden, um die Stabilität zu gewährleisten. Zudem können Windräder mit festem Fundament nur an Stellen mit einer Meerestiefe von bis zu 50 Metern aufgebaut werden. Der Platz im Meer dürfte also künftig rar werden.
Windkraftanlagen sind wichtige Faktoren für die Gewinnung von Energie. Foto: © vschlichting / iStock / Thinkstock
Wäre da nicht die Hoffnung auf ein schwimmendes Windrad. 2009 setzten die norwegischen Versorger StatoilHydro und Siemens zwölf Kilometer südöstlich der Insel Karmøy in Norwegen eine 2,3 Megawatt-Anlage mit einem Rotorendurchmesser von 82 Metern auf einen mit Ballast gefüllten, stählernen Schwimmkörper. Dieser reicht bis 100 Meter unter die Wasseroberfläche und ist mit drei Ankerdrahtseilen am Meeresboden in 220 Meter Tiefe verankert. Wie gut diese Anlage Stürmen trotzen kann und ob die Schwankungen den Betrieb des Windrads nicht zu sehr stören, soll der Praxistext in den kommenden Jahren zeigen. Die Vorteile solch schwimmender Anlagen liegen auf der Hand. Sie könnten vor nahezu jeder Küste in windreichen Gebieten abseits von Schifffahrtsrouten verankert werden. Bis in Wassertiefen von rund 700 Metern bieten die Stahltrassen genug Halt.
Plattformen mit 5 Megawatt-Anlagen
Mit Modellrechnungen und einem Modell im Wassertank zeigte das Team um den Schifffahrtsarchitekten Dominique Roddier von der kalifornischen Firma Marina Innovation & Technology, dass dreibeinige Turbinentürme auf einer schwimmenden Plattform genug Stabilität sogar für wuchtige 5 Megawatt-Anlagen bieten sollten. Auf der Grundlage dieser Simulation plant Roddier einen Prototypen in Normalgrösse.
Bis zum Herbst 2012 soll das schwimmende Windrad vor der portugiesischen Atlantikküste aufgebaut werden. Obwohl die Kosten nach heutigen Schätzungen nicht höher als bei fest gegründeten Offshore-Windparks liegen sollen, werden die schwimmenden Kraftwerke kaum weiter als 100 Kilometer vor der Küste installiert werden. Denn mit jedem Kilometer steigen die Kosten für die Seekabel, durch die der erzeugte Strom in das Stromnetz an Land fliessen soll. Doch der Aufwand könnte sich lohnen. Denn das Potenzial für Strom aus Offshore-Windanlagen ist gewaltig. So schätzt die Europäische Umweltagentur EEA, dass bis zum Jahr 2030 allein vor den Küsten der EU-Staaten 3400 Terawattstunden Windstrom erzeugt werden könnten, um etwa 80 Prozent des geschätzten Bedarfs zu decken. Das Potenzial liegt mit 30.000 Terawattstunden sogar weit darüber. Auch China, die Staaten Südamerikas und die USA könnten mit einem Ausbau der - teilweise schwimmenden - Offshore-Kapazitäten einen Grossteil ihres Stroms auf dem offenen Meer gewinnen.
Quelle: nachhaltigkeit.org
Ende September dieses Jahres wurde zwölf Kilometer vor der Küste Englands der grösste Offshore-Windpark der Welt eröffnet. Im «Thanet« -Windpark wird durchschnittlich soviel Energie erzeugt, dass bis zu 20'000 Haushalte mit Strom versorgt werden können. Die Masten der Windräder ragen 115 Meter weit aus dem Wasser. Der Windpark besteht aus 100 Anlagen mit einer Nennleistung von jeweils 3 Megawatt. Dank des neuen Parks produzieren die Briten schon jetzt mehr Windenergie auf See als alle anderen Länder der Welt zusammen.
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