«Gesunde Artenvielfalt muss sich wieder lohnen»

Wie schlimm steht es um die Lunge unseres Planeten? Und welches Potenzial hat sie im Kampf gegen den Klimawandel? Der renommierte Ökologe Thomas Crowther nimmt zu diesen Fragen Stellung und fordert ein rasches Handeln für die Wiederherstellung von globalen Waldlandschaften.

ein junger Mann mit braunen Haaren und einem leichten Bart lächelt in die Kamera
Der walisische Ökologe Prof. Dr. Thomas Crowther engagiert sich leidenschaftlich für den Klimaschutz. © ETH Zürich

Der globale Waldbestand nimmt in drastischem Tempo ab. Der Ökologieprofessor Thomas Crowther spricht im Interview über die Bedeutung unserer globalen Wälder und was wir tun können, um sie zu schonen.

Zur Person: Prof. Dr. Thomas Crowther ist Initiator des Crowther Labs, eine interdisziplinäre Gruppe, welche die Rolle der Biodiversität in der Regulierung des Erdklimas erforscht. Crowther selbst ist Mitglied des Beratungsgremiums für die UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen.

Herr Crowther, wir hören immer öfter von Waldbränden, Borkenkäferepidemien, Rodungen und Schäden durch die globale Erwärmung. Wie schlimm steht es wirklich um unsere Wälder?

Sehr schlimm. Der Verlust der Artenvielfalt bedroht unsere gesamte Zivilisation. Jedes Jahr sterben 15 Milliarden Bäume, während nur 5 Milliarden nachwachsen. Wir verlieren nicht nur Wald durch Brände und Schädlinge, sondern auch durch nicht nachhaltige Abholzung und landwirtschaftliche Praktiken. All das trägt zur Schwächung der biologischen Vielfalt der Wälder bei, die für die Gesundheit der Erde absolut entscheidend ist. Alles ist miteinander verbunden – und es ist genau diese biologische Vielfalt, die uns am Leben erhält – wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um sie zu schützen.

Wir brauchen lokale Gemeinschaften, die von der biologischen Vielfalt abhängig sind. 

Viele Organisationen und Gemeinden setzen auf Baumpflanzaktionen, um die Entwaldung zu bekämpfen. Wie effektiv sind diese Bemühungen?

Tausende von Projekten haben unglaubliche Auswirkungen. Allerdings handelt es sich dabei meist um viele kleine Projekte. Wir müssen dieses Netzwerk lokaler Projekte auf dem gesamten Planeten ausbauen. Um generell diverse, gesunde Wälder wiederherzustellen, bedarf es aber nicht immer nur Baumpflanzaktionen. Die Wiederherstellung von Wäldern umfasst verschiedene Arten von Massnahmen: jeder Wald braucht jeweils für ihn abgestimmte Massnahmen.

Und wie können wir diese gewährleisten?

Globale Wiederherstellung bedeutet, dass Millionen lokaler Gemeinschaften, Landwirte, indigene Völker und Unternehmen die biologische Vielfalt für ihr eigenes Wohlergehen fördern. Auf der Website «Restor» kann man Zehntausende solcher lokaler Projekte sehen, bei denen lokale Gemeinschaften durch die biologische Vielfalt, von der sie abhängen, gestärkt werden. Dies ist die Grundlage für eine erfolgreiche globale Wiederherstellungsbewegung.

Jeder kleine Beitrag summiert sich zu einer grossen Wirkung. 

Was können Privatpersonen zusätzlich tun, um die Entwaldung zu stoppen?

Eine Einschränkung des Fleischkonsums wäre die bestmögliche Lösung. Aber es ist möglich, bei jedem einzelnen Produkt, das wir kaufen, die nachhaltige Option zu wählen, und jeder kleine Beitrag summiert sich zu einer grossen Wirkung.

Was ist mit dem Aufkaufen von Regenwäldern?

Es ist nicht ratsam, als Privatperson Tropenwald aufzukaufen. Globale Wiederherstellung bedeutet nicht Landgrabbing, Massenplantagen oder Kohlenstoffausgleichssysteme, die mehr schaden als nutzen können. Wir brauchen Millionen von lokalen Gemeinschaften, die von der biologischen Vielfalt abhängig sind. Wenn eine gesunde biologische Vielfalt die bevorzugte Wahl für die Menschen vor Ort ist, dann gedeiht sie auch langfristig.

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