«Unsere Ausscheidungen sind das Natürlichste, was es gibt»

Wer kennt sie nicht: Die mobilen Toiletten von Kompotoi, die mit ihrer Holzverkleidung an Festivals einen heimatlichen Charme ausstrahlen. Speziell ist nicht nur ihr Äusseres, sondern auch ihr Inneres. Denn die Ausscheidungen werden nicht entsorgt, sondern kompostiert und zu Erde und Dünger verarbeitet. Wir haben mit dem Mitgründer Jojo Casanova-Linder über die Zukunft der Trockentoiletten und die Verwendung von Exkrementen als Dünger geredet.

Ein Kompotoi vor einem Bergpanorama spiegelt sich in dem Bergsee.
Kompotoi überzeugt durch äussere und innere Werte. © zVg

Auf dem Festival geht wohl niemand gerne auf die Toilette. Die immergleichen Plastik-Container, in denen man sich kaum umdrehen kann und aus denen ein undefinierbarer Duft nach Chemikalien die Nase kräuselt, machen den Gang aufs WC nicht gerade zum Vergnügen. Doch das muss nicht sein: Dass mobile Toiletten-Häuschen hübsch und erst noch nachhaltig sein können, stellt das Schweizer Jungunternehmen Kompotoi unter Beweis. 

Das Team rund um Mitgründer Jojo Casanova-Linder stellt Trockentoiletten her. Vielleicht hast du auch schon ein Kompotoi benutzt? Dieses sammelt den Urin und die Fäkalien in einem Behälter, «gespült» wird mit Holzspänen. Die angesammelte Masse wird im Nachhinein wieder getrennt und zu Humuserde und Dünger verarbeitet. 

Zur Person:

Jojo Casanova-Linder vor dem Kompotoi.
© Cathia Corti

Jojo Casanova-Linder ist passionierter Freestyle-Sportler, ehemaliger Skateboard-Laden-Besitzer und wissbegieriger Weltenbummler. Als Mitgründer von Kompotoi ist er aber auch Pionier.

Jojo, erzähl mal: Wieso kommt man auf die Idee, ein Kompost-WC zu erfinden?

Ich war lange Zeit ehrenamtlich in der Entwicklungshilfe tätig und reiste durch Länder wie Haiti und Indien. Dort habe ich beobachtet, dass das, was in den Toiletten gesammelt wird, als Humuserde auf den Feldern verwertet wird. Und dass diese Erde die nährstoffreichste und beste Erde ist. Ich war beeindruckt!

Zurück in der Schweiz nutzte ich an einem Event eine dieser Plastik-Chemie-Toiletten und war irritiert. Wieso nutzen wir in einem so entwickelten Land diese wertvollen Nährstoffe nicht? Da musste eine Lösung her.

Wenn ich etwas verändern möchte, muss ich dort ansetzen, wo ich lebe. Also in der Schweiz.

Als ich dann kurz darauf meinen heutigen Geschäftspartner Marcos kennenlernte, war Kompotoi geboren. Er studierte Umweltingenieurswesen und hatte gerade erst einen Vortrag über das Recycling von menschlicher Ausscheidung gehört.

Wie hat sich das Kompotoi, das wir heute auf Festivals und in Bars antreffen, entwickelt?

Wir haben simpel angefangen: Aus Abfallholz bauten wir erste Häuschen. Im Internet haben wir zwar einige Informationen gefunden, mussten jedoch selbst ausprobieren, was funktioniert und was nicht. Wir machten tausende Fehler und verbesserten den Prototypen immer wieder.

War Kompotoi von Anfang an ein voller Erfolg?

Nein – die Leute waren sehr skeptisch. Wir mussten unsere Toiletten-Häuschen immer erst vorzeigen. Auf einem Flyer sieht man halt nicht, dass so eine Trockentoilette nicht stinkt. Der Durchbruch kam 2015 nach mehreren grösseren Events, wo viele potenzielle Kunden auf uns aufmerksam wurden. Kurz darauf erhielten wir so viele Aufträge, dass wir eine Firma gründeten und die ehrenamtlichen Mitarbeitenden fest anstellen konnten.

Cool! Und wer sind nun eure Kunden? Wer will eure Kompotois?

Unsere Kunden sind sehr vielseitig: Vom Festival übers Fonduestübli, die Hochzeit oder sogar eine schicke Autogarage. Da unser Produkt mit dem Holzhäuschen luxuriös erscheint, kann es sich überall sehen lassen. Für mich sind Design und Benutzerfreundlichkeit wichtige Punkte, wenn man ein Produkt anbietet, das Sinn machen soll.

Was war schwieriger: Die Leute von einem WC zu überzeugen, dass ohne Spülung und Wasser funktioniert, oder dass die Exkremente als Dünger genutzt werden können?

Das ist von Personen zu Person sehr unterschiedlich. Einige verstehen das Prinzip von Kompotoi sofort und finden es logisch, dass Urin als Dünger eingesetzt wird. Andere fragen mich eher angeekelt, ob der Dünger auf dem Salatfeld eingesetzt wird. Dabei wurde bis 2006 in der Schweiz Klärschlamm als Dünger verwendet – das ist keine 20 Jahre her! Die Kompostierung von Exkrementen habe nicht ich erfunden, das ist von der Natur so vorgesehen.

Die Erde besteht aus Scheisse – aus Scheisse von Regenwürmern.

Jedes Tier auf der ganzen Welt verrichtet sein Geschäft auf dem Boden, Kuhdung verwenden wir ja auch gezielt als Dünger. Dieser wird von den Würmern dann zu Erde verarbeitet. Ob nun vom Tier oder dem Menschen – unsere Ausscheidungen sind das Natürlichste, was es gibt.

Ihr könnt aber nicht einfach alles, was sich so im Kompotoi ansammelt aufs Salatfeld streuen, nehm ich an ...

Damit Flüssigdünger und Humuserde entstehen, trennen wir die Fest- und Flüssigstoffe. Der Urin vom Pissoir landet in einem separaten Behälter. Was in der der Sitztoilette landet, wird am gleichen Ort gesammelt. Dies trennen wir im Nachhinein, damit es weiterverarbeitet werden kann. Die Details kann ich euch aber nicht verraten, denn die Trennung von Fest- und Flüssigstoffen ist im Grunde unser Betriebsgeheimnis.

Wo wird der Dünger und die Humuserde aus euren Kompotois eingesetzt?

Unsere Dünger und die Humuserde werden hauptsächlich von Privatpersonen genutzt. Doch auch kommunal steigt das Interesse. Städte und Gemeinden bewirtschaften viele Grünflächen, wo unsere Produkte gut eingesetzt werden können. Da die Gesetzeslage zur Verwendung von Feststoffen in der Schweiz kantonal unterschiedlich ist, sind wir dran, mit dem Bundesamt eine schweizweite Regelung zu finden.

... aber jetzt mal ehrlich: Riecht so ein Kompotoi wirklich nicht?

Nein. Unsere Kompotois riechen angenehm nach Holz. Die Hobelspäne sorgen dafür, dass die Ausscheidungen nicht stinken: Sie verschliessen die Oberfläche. Das muss man sich so vorstellen, wie wenn man auf einer Kuhweide steht, da stinkt auch nicht jeder Kuhfladen. Wenn du allerdings drauftrittst, öffnet sich die getrocknete Oberfläche und es fängt an zu riechen.

Über Kompotoi

Logo Kompotoi
© zVg

Das Jungunternehmen Kompotoi ist bekannt geworden durch die heimeligen, mobilen Holzhäuschen fürs kleine und grosse Geschäft. Neu gibt es diese nicht nur für Events. Das Modell Petit ist  auch für Wohnmobile, Alphüsli oder ein Tiny House geeignet.  Und: Sogar für Einfamilienhäuser haben sich fest installierte Kompotois etabliert. Schweizweit sind etwa 20 Einfamilienhäuser damit ausgestattet. Die Kompost-Toiletten werden nachhaltig in der Schweiz hergestellt. Kompotoi verwertet den «Human Output» zu Flüssigdünger und nährstoffreicher Humuserde.

Weitere Informationen und das gesamte Sortiment findest du auf kompotoi.ch

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