Kokosblütenzucker: So gesund ist der Zucker wirklich

Kokosblütenzucker soll aufgrund der enthaltenen Mineralstoffe und des niedrigeren Kaloriengehalts den heimischen Kristallzucker gesundheitstechnisch in den Schatten stellen. Als die Zuckeralternative schlechthin beworben, ist um das braune Süssungsmittel aus Südostasien ein richtiger Hype entstanden. Doch: Ist Kokosblüten wirklich besser als Zucker?

Kokosblütenzucker: so gesund ist er wirklich
Kokosblütenzucker soll gesünder sein als viele andere Zuckerarten. Foto: © seramo/ iStock / Getty Images Plus

Was ist Kokosblütenzucker? | Zucker durch Kokoszucker ersetzen | Besser als Zucker? | Kalorien und glykämischer Index | Ist Kokosblütenzucker gesund? | Wie nachhaltig ist Kokosblütenzucker? | Kokoszucker kaufen

Das Wichtigste in Kürze

  • Kokosblütenzucker wird aus dem Nektar der Kokosblüte gewonnen.
  • Der glykämische Index von Kokoszucker ist beinahe identisch mit dem von Kristallzucker.
  • Hinsichtlich der Gesundheitsaspekte hat die südostasiatische Zuckeralternative nur minime Vorteile.
  • Auch in Sachen Nachhaltigkeit schneidet der Kokosblütenzucker nicht besonders gut ab.

In Asien seit Ewigkeiten das natürliche Süssungsmittel Nummer eins, wurde Kokosblütenzucker bei uns in den letzten Jahren immer mehr zum Trend. Im Handel wird er auch als Kokospalmenzucker oder Kokoszucker verkauft. Ein, zumindest in unseren Breitengraden, neues, vergleichsweise sehr teures Produkt. Als Superfood bezeichnet und gesundheitsfördernd angepriesen. Doch ganz so blauäugig sollte der Zucker mit der besonderen Note nicht im nächsten Rezept verwendet werden.

Was ist Kokosblütenzucker?

Wie es der Name schon sagt, wird der Zucker aus den Blüten der Kokospalme gewonnen. Dafür werden die Blüten geerntet, der Nektar aufgefangen und dieser bei niedriger Temperatur oder unter Dampfdruck so lange eingekocht, bis die braunen, zuckerartigen Kristalle entstehen. Diese erinnern an braunen Zucker, sind aber feiner. Die Philippinen sind eines der führenden Anbauländer von Kokospalmen und bei der Gewinnung von Kokosblütenzucker.

Wie ersetze ich Zucker durch Kokosblütenzucker?

Normaler Zucker ist einfach nur süss. Kokosblütenzucker dagegen hat eine feine, an Karamell und Vanille erinnernde Note, die gesüssten Speisen einen besonderen Geschmack verleiht.

Zudem ist Kokosblütenzucker ein Zuckerersatz, der unseren Haushaltszucker beim Backen, bei der Zubereitung von Getränken und in vielen Rezepten für Desserts ersetzen kann. Aufgrund der milderen Süsse von Kokosblütenzucker kann Zucker jedoch nicht im Verhältnis 1:1 ersetzt werden – es sei denn, man mag es ohnehin weniger süss.

Ist Kokoszucker besser als Zucker?

Ob es sich bei Kokosblütenzucker um eine bessere Alternative für Kristallzucker handelt, sei dahingestellt. Besteht der Zucker doch zu weit über 90 Prozent aus Saccherose – auch Haushaltszucker besteht grösstenteils aus Saccherose. Und auch in Sachen Nachhaltigkeit muss bedacht werden, dass der Zucker bis auf unsere Teller einen weiten Weg hinter sich bringen muss.

Um zu definieren, ob Kokosblütenzucker nun besser ist als herkömmlicher Zucker, müssen verschiedene Faktoren beachtet werden: Der Kaloriengehalt des Zuckers, wie gesund er ist, wie nachhaltig er gewonnen wird und welchen Preis man dafür zahlt.

Kalorien und glykamischer Index von Kokosblütenzucker

Kokosblütenzucker wird immer wieder als gesunde Alternative für normalen Kristallzucker bezeichnet. Der Hauptgrund: Kokoszucker habe einen niedrigeren glykämischen Index (GI).

Glykämischer Index

Nach dem Verzehr von kohlehydrathaltigen Lebensmitteln steigt der Zuckerspiegel in unserem Blut. Um diesen messen zu können, wird der glykämische Index herangezogen. Er gibt an, wie schnell sich nach dem Verzehr der Blutzuckerspiegel erhöht.

Je höher der GI, desto schneller der Anstieg des Blutzuckerspiegels. Gesunde Lebensmittel (Früchte und Gemüse) haben also einen niedrigeren GI. 

Traubenzucker, wie Glukose umgangssprachlich genannt wird, hat den höchsten glykämischen Index von 100. Normaler Zucker hat einen Wert von 60.

Gemäss einer vielzitierten Studie soll Kokoszucker mit 35 einen vergleichbar niedrigen Index haben und wird daher oft als gesund angeboten. Die Studie wurde vom philippinischen Food and Nutrition Research Institute (FNRI) und mit nur 10 Probandinnen und Probanden durchgeführt.

Auch die Univesität Sydney, an der viel zum glykämischen Index geforscht wird, hat eine Studie zum GI von Kokoszucker durchgeführt, kam aber auf ein anderes Ergebnis. Laut den Forschenden weist Kokosblütenzucker einen GI von 54 auf und liegt damit nur knapp unter demjenigen von herkömmlichen Zucker.

Letztlich bestehen beide Süssungsmittel nahezu komplett aus Glukose und Fruktose. Beim Kokoszucker wird einfach gerne die sogenannte Sucrose als dritte Komponente angegeben. Sucrose ist allerdings nichts anderes als Glukose und Fruktose. Gesundheitsfördernde Stoffe sind im Kokoszucker, wie auch im Kristallzucker, nicht enthalten. Es kann also nicht von einer gesunden Alternative gesprochen werden.

Ein Umstand, der erklärt, dass der Kaloriengehalt von etwa 400 Kilokalorien auf 100 Gramm bei Zucker und 384 Kcal bei dem Kokosblütenzucker nahezu gleich ist.

Ist Kokosblütenzucker wirklich gesund?

Das Süsse Gold soll angeblich einen hohen Gehalt an Aminosäuren und Vitaminen bieten. Werden hier konkrete Zahlen genannt, dann gibt mancher Händler relativierend an: «Gehalt beim frisch gewonnenen Kokosblütennektar». Was später, im stundenlang über dem Holzfeuer kochenden Nektar enthalten ist, wird weder verraten noch von Studien belegt. Im Falle des Vitamin C und der B-Vitamine wissen gesundheitsbewusste Konsumentinnen und Konsumenten, dass diese hitzeempfindlich sind.

Ein anderes Beispiel: Der Gehalt von Folsäure wird auf Kokosbluetenzucker.de angegeben mit 0,24 mg/100 g im unverarbeiteten Nektar. Andere Lebensmittel liefern hier entscheidend mehr. Von Pflaumen (2 mg/100g*) bis Erdbeeren (65 mg), Vollkornbrot (14 mg), Haferflocken (88 mg) oder Gemüse.

Welche Studie auch beigezogen wird, die Inhaltsstoffe von Kokosblütenzucker und Kristallzucker unterscheiden sich nur minim. Einzig beim Gehalt an Mineralien bestehen Unterschiede. Während weisser Kristallzucker aufgrund der zahlreichen Verarbeitungsschritte keine gesunden Inhaltsstoffe mehr aufweist, sind im Zucker der Kokospalmblüte gewisse Mineralstoffe vom FNRI nachgewiesen worden. Aufgrund der schonenderen Verarbeitung sollen Eisen, Kalzium, Spuren von Zink, Kalium und Ballaststoffe. Auch Spuren von Antioxidantien wie Flavonide enthalten sein.

Diabetikerinnen und Diabetiker sollen weitestgehend auf jede Form von Zucker verzichten, so der ärztliche Rat. Dies gilt auch für Kokoszucker, selbst wenn Händlerinnen und Händler diesen für Menschen mit Diabetes als Zuckeralternative empfehlen.

Aufgrund fehlender grösserer Untersuchungen gibt es von Verbraucherschützern Kritik. Ökotest beispielsweise bemängelt die in der Bewerbung des Zuckers oft genannten Gesundheitsversprechen ebenso, wie das deutsche Verbraucherportal Lebensmittelklarheit.de

Die meist als «umfangreiche philippinische Studie» zitierte Untersuchung mit 10 Probanden ist den Fachleuten eindeutig zu wenig. Letztere sehen die Bewerbung als eine für Menschen mit Diabetes geeignete Zuckeralternative als unverantwortlich an. Laut EU-Recht, das in der Schweiz so übernommen wurde, ist die Werbung mit den gesundheitsbezogenen Effekten von Lebensmitteln nur dann erlaubt, wenn diese eindeutig belegt sind. Im Falle von Kokosblütenzucker ist diese Eindeutigkeit mehr als fraglich und soll laut Lebensmittelklarheit verboten sein.

Wie nachhaltig ist Kokosblütenzucker?

Wie bei allen Zuckeralternativen stellt sich auch hier folgende Frage: Ist Kokosblütenzucker nachhaltig? Erst im Sommer 2017 kämpften mehrere Aktivistengruppen dafür, dass auf den Philippinen keine Familien von ihrem Land vertrieben werden und Urwälder den Kokospalmen-Plantagen zum Opfer fallen – teils mit Erfolg.

Plantage aus Kokospalmen
Kokospalmenplantagen gefährden Regenwälder. Foto © Karel Stipek / iStock / Getty Images Plus

Leider wachsen Kokospalmen eben da, wo auch Regenwald prächtig gedeiht. Und dieser muss immer öfter weichen, mitsamt der dort lebenden Bevölkerung, dank dem Boom von Kokos und allen hieraus entstehenden Produkten. Zudem legt die Zuckeralternative bis in die Schweiz eine beträchtliche Strecke zurück.

Ein nachhaltiger Pluspunkt hat der Zucker: Pro Palme und Tag können etwa 4 Liter Nektar gewonnen werden. Hieraus werden etwa 500 Gramm Kokosblütenzucker. Die Palme liefert bis zu 7 Jahrzehnte Saft aus ihren Blüten, wohingegen die Rübe Jahr für Jahr neu in den Acker muss.

Kokosblütenzucker kaufen: Ein hoher Preis

Preislich ist der Kokosblütenzucker keine Alternative – für den Zucker muss mit dem 10- bis 20-fachen des Preises für normalen Zucker gerechnet werden, abhängig davon, ob es sich um Kokosblütenzucker aus konventionellem oder fairem Anbau handelt. Wer aber selten Zucker nutzt, etwa nur für Kaffee, wird sich am Preis nicht sonderlich stören.

Fazit: Zucker bleibt Zucker

Kokosblütenzucker oder weisser Zucker aus heimischen Rüben – Zucker bleibt Zucker. Letztendlich ist Kokoszucker weder gesünder noch ungesünder als normaler Zucker.

Allerdings muss Bio-Kokosblütenzucker einen weiten Weg zurücklegen, bis wir ihn für unsere süssen Rezepte und Getränke verwenden können. Dadurch steigt seine CO2-Bilanz erheblich. Dass für die Kokospalmen der Regenwald weichen muss, wirk sich ebenfalls sehr negativ auf die Ökobilanz des Zuckers aus. Für unsere Gesundheit gibt es klar bessere Zuckeralternativen. Wer trotzdem gerne mit Kokosblütenzucker süssen will, sollte zu fair produziertem Bio-Kokosblütenzucker greifen.

Übrigens: Auch, wenn Kokosblütenzucker immer als natürlicher Zucker angepriesen wird, handelt es sich dabei um industriell verarbeiteten Zucker. Im Artikel von Gesundheitsberater Felix Lösch erfährst du mehr über Industriezucker und gesunde Alternativen.

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