Glutamat? Warum weniger mehr ist

Es steckt in Würzmischungen, Fertiggerichten oder Chips: Von Glutamat gibt es mehrere Formen, die sich gerne mal als Aroma oder gar natürliches Hefeextrakt auf der Zutatenliste verbergen. Der Gesundheit schaden können sie unter Umständen alle.

Glutamat
Foto © IgorDutina / iStock / Getty Images Plus

Es war das Jahr 1908 als es einem japanischen Chemiker gelang, aus einer Algenart Glutamat zu extrahieren. Etwa 40 Jahre vorher hatte ein deutscher Chemiker Glutaminsäure aus Weizengluten isoliert. Aber erst der japanische Forscher entdeckte, dass der Geschmack ganz anders war als die bisher bekannten Geschmacksrichtungen, also süss, sauer, salzig oder bitter. Er nannte den Geschmack ‚umami‘, was so viel wie ‚herzhaft‘, 'fleischig‘ oder ‚wohlschmeckend‘ heisst. Hierfür verantwortlich ist die Glutaminsäure (eine Aminosäure), und die aus ihr gebildeten Salze und Ester. Das häufigste hierunter ist Mononatriumglutamat. Dieses und andere, ihm ähnliche Verbindungen, die ebenfalls als neue Geschmacksrichtung 'umami' gelten.

Glutaminsäure ist grundsätzlich nichts Schlimmes. Denn: sie kommt in vielen Lebensmitteln ganz natürlich vor, ist Teil unserer Ernährung und selbst in unserem Gehirn findet man es. Dort hat es die Funktion eines Botenstoffes. Haben wir eine zu hohe Produktion dieser Aminosäure, dann kann dies Alzheimer auslösen, die gefürchtete neurodegenerative Erkrankung.

Zwar kann nach heutigem Wissen das aufgenommene Zusatzstoff Mononatriumglutamat oder verwandte Geschmacksintensivierer nicht die Blut-Hirn-Schranke überwinden, demnach auch nicht das Gehirn erreichen. Dennoch kann der Konsum der Glutaminsäure gesundheitliche Folgen für den Mensch haben.

Was Glutamat & Co. ausmacht

Wie erwähnt können die Geschmacksverstärker verschiedene chemische Zusammensetzungen haben. So gibt es neben dem Natriumglutamat auch noch Monoammoniumglutamat, Calciumdiglutamat, Monomagnesiumglutamat und Monokaliumglutamat. Und alle kommen sie aus dem Labor oder werden aus Lebensmitteln nach einer Fermentation extrahiert und konzentriert.

Vermeintlich natürlich kann es sein, wenn Hefeextrakt als Geschmacksverstärker verwendet wird. Beispielsweise kommt Mononatriumglutamat in natürlicher Form in Pflanzen wie der reifen Tomate, Soja-Produkten, Hefe und Pilzen sowie Fleisch und Milchprodukten wie im Käse (besonders viel in Parmesan und Roquefortkäse) vor. Der Fachmann spricht hier von freiem Glutamat, das aber längst nicht in der hohen Konzentration vorkommt, wie es in der Lebensmittelindustrie zur Verstärkung des Geschmacks eingesetzt wird.

Was ist eigentlich Hefeextrakt?

Hefeextrakt ist ein Konzentrat der löslichen Stoffe (Zellsaft) unterschiedlicher Hefen. Die Basis können u.a. Backhefe oder Bierhefe sein.

Das Ergebnis schmeckt allerdings nicht nach Hefe. Es hat eher einen würzigen, an Fleisch erinnernden Geschmack, eben diesen typischen 'umami' Geschmack. Das Extrakt ist reich an Proteinen, Aminosäuren und B-Vitaminen. Am wenigsten enthalten ist das Vitamin B12. Dieses wird allerdings häufig künstlich zugesetzt. Dann gilt es als Nahrungsergänzungsmittel bei strikt veganer Ernährung.

Auf der Zutatenliste zu erkennen sind diese Stoffe nicht immer gleich. Werden sie nicht explizit angegeben, verbergen sich Mononatriumglutamat und Co. hinter den E-Nummern E 620 bis E 625 für Lebensmittelzusatzstoffe. Manchmal auch hinter der nichtssagenden Bezeichnung 'Aromen'.

Tipps:

  • Hefeextrakt gilt lebensmittelrechtlich nicht als Geschmacksverstärker und macht es so der Lebensmittelindustrie leicht, trotz geschmacksverstärkendem Zusatzstoff mit Slogans wie «100 % natürlich» zu werben.
  • Künstlich hergestelltes Glutamat und der natürliche Geschmacksverstärker Hefeextrakt gleichen sich jedoch, haben in hohen Dosen die gleiche Wirkung sowie die möglichen Nebenwirkungen.
  • Genauso reagieren kannst du auf die angesagten Hefeflocken. Sie sind nichts anderes als der natürliche Geschmacksverstärker mit der Geschmacksrichtung umami.

Wo Glutamat drin steckt und wie es wirkt

Kaum eine Fertigmahlzeit kommt ohne Glutamat aus, gleich, ob sie aus der Tüte, der Dose oder dem Kühlfach im Supermarkt stammt. Ebenfalls enthalten sind sie in vielen Würzmitteln oder Fertigbrühen und in herzhaften Knabbereien wie Chips und Flips. Der Unterschied zum natürlich vorkommenden Glutamat, also etwa im Käse oder den reifen Tomaten, ist nicht nur die Menge, sondern auch, dass es aus natürlicher Quelle erst im Verdauungstrakt freigesetzt wird und somit keine die Geschmacksnerven stimulierenden Auswirkungen wie der zugesetzte Geschmacksverstärker hat.

Durch zugegebenes Glutamat wird nämlich unser Appetit angeregt und wir essen so oft mehr als wir eigentlich möchten. Das beste Beispiel ist die Chipstüte, die nur wenige Konsumenten einfach wieder beiseitelegen können. Das Onlineportal «Zentrum der Gesundheit» setzt die Geschmacksverstärker deshalb sogar mit Rauschmitteln gleich. Glutamat soll süchtig nach mehr machen und uns dadurch zunehmen lassen.

So ungesund ist Glutamat: Mögliche Nebenwirkungen

Viele Konsumenten reagieren selbst bei kleinen Mengen mit einer Unverträglichkeit, die von Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Kopfschmerzen begleitet werden kann. In der Umgangssprache heisst das China-Restaurant-Syndrom. Es kann sich auch eine richtige Glutamat-Allergie entwickeln, die Beschwerden wie Herzrasen, Schweissausbrüche, Hautrötungen oder Migräne beim Menschen auslöst. Letzteres fand die deutsche Krankenkasse AOK bereits 2010 heraus.

Der Verdacht: Glutamat wirkt wie ein Botenstoff oder Neurotransmitter, der eben die unangenehme Migräne hervorruft. Kinder können zudem mit Fieber und Verwirrtheit auf Geschmacksverstärker reagieren. Die These, dass Mononatriumglutamat und Konsorten in einer hohen Dosis ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit/-Hyperaktivitätsstörung) auslösen soll, ist durch Studien nicht belegt.

Zudem wird ein hoher Glutamatspiegel im Blut mit der Entstehung von Prostata-Tumoren in Verbindung gebracht.

Natriumglutamat schädigt Netzhaut

Die Zusatzstoffe sollen sogar die Netzhaut schädigen können und eine spezielle Form des Grünen Stars oder Glaukoms auslösen, wie der japanische Wissenschaftler Prof. Hiroshi Ohguro in einer Studie aus dem Jahr 2002 vermutet. Nerven in der Netzhaut würden absterben, zumindest eine geringere Dichte aufweisen. Eine Nebenwirkung von Mononatriumglutamat und Co., die erklären würde, warum vor allem in Ostasien – dort wird es traditionell in der Küche sehr viel eingesetzt – diese Form der Netzhauterkrankung häufig vorkommt. Auch die US Food and Drug Administration warnt schon lange vor den Auswirkungen auf das Nervensystem.

Glutamat: Gibt es Ersatz?

Ja, es gibt Alternativen, gerade für die Selberkocher unter uns. Letztlich wird Natriumglutamat in der Industrie nur eingesetzt, damit etwas mit wenig Aufwand schmeckt und den Konsumenten begeistert. Böse Zungen behaupten sogar, dass sich die Industrie dadurch vielleicht wertvollere Zutaten spart.

Wie heisst es so schön? 'In der Kürze liegt die Kraft'. Doch da eine kurze Zutatenliste oft auch für wenig Geschmack sorgt, ausser man fügt eben Geschmacksverstärker wie Mononatnatriumglutamat hinzu, sollte es in diesem Fall heissen 'in der Würze liegt die Kraft'. Und davon ausreichend.

Die folgenden Zutaten machen den Verzicht von Mononatriumglutamat und Co. einfach:

  • Frische Kräuter wie Basilikum, Oregano, Petersilie und Schnittlauch (auch gefroren)
  • Getrocknete Kräuter wie eine italienische Mischung oder eben einzeln wie Thymian und Salbei
  • Eine Vielfalt an Gewürzen und Gewürzmischungen wie Paprika, Muskat, Piment, Wachholderbeeren, Curry, …
  • Laut Sternekoch Alfons Schuhbeck hebt etwas Cayenne-Pulver den Geschmack jedes Gerichtes
  • Ein gutes Essen steht und fällt mit einer guten, schmackhaften Sauce. Gleich, ob vegetarisch, vegan oder mit Fleisch, eine Saucenbasis ist immer wichtig und sei es auf der Basis fertiger Fonds. Mit gedünsteter Zwiebel, Schalotte oder Knoblauch und schönen Gewürzen verfeinert, dann ein gewisser Fettanteil als Geschmacksträger, all das macht den Unterschied bei der Kunst des Kochens.
  • Und nicht vergessen: Zum Genuss gehört immer auch der Duft einer Speise, den deine Nase verarbeitet. Zusammen mit den Geschmacksknospen der Zunge ergibt sich erst ein schmackhaftes Gericht.
  • 7
  • 3
Kommentieren / Frage stellen

Passend zum Thema: