Armin Eberle: «Es braucht individuell nachhaltige Lösungen»

Nachhaltigkeit beginnt im kleinen Rahmen – beispielsweise im Büro. Die Energieagentur für Wirtschaft begleitet kleine und mittlere Unternehmen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Geschäftsführer Armin Eberle erzählt im Interview, warum er sich für eine nachhaltigere Gesellschaft einsetzt und weshalb die Chefetage dabei genauso wichtig ist wie der einzelne Mitarbeiter.

Armin Eberle ist Geschäftsführer der ENaW.
Armin Eberle setzt sich als Geschäftsführer der Energieagentur für Wirtschaft für Nachhaltigkeit ein. Foto: privat

Auch am Arbeitsplatz können wir die Umwelt schonen und gleichzeitig sozial und ökonomisch nachhaltig agieren. Dieser Überzeugung waren auch einige bedeutende Wirtschaftsverbände wie «economie suisse» oder die Erdöl-Vereinigung, als sie 1999 gemeinsam die Energieagentur für Wirtschaft (EnAW) gründeten.

Seit dem Gründungsjahr berät die EnAW kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), die individuelle klima- und energiepolitische Ziele erreichen möchten. Das Ziel ist, eine möglichst konkurrenzfähige und nachhaltige Wirtschaftslandschaft in der Schweiz zu ermöglichen. Um diese Wirtschaftsverträglichkeit zu gewährleisten, ging die ENaW eine Partnerschaft mit dem Bund ein. Weshalb die Individualität der Unternehmen für die EnAW zentral ist, erklärt Geschäftsleiter Armin Eberle im Interview.

Herr Eberle, Sie sind Geschäftsführer der Energie-Agentur für Wirtschaft. Wenn Sie allen Schweizer KMUs einen einzigen Tipp für einen nachhaltigen Betrieb geben müssten, welcher wäre es?

Konsequent die wirtschaftlichen Potenziale bei sinnvollem Energie- und Ressourceneinsatz ausschöpfen. Dabei sollen nicht nur die kurzfristig sichtbaren Investitionen minimiert werden, sondern die gesamten Produktionsausgaben, inklusive der langfristig anfallenden Betriebs- und Umweltkosten.

Können nur Unternehmenschefs etwas machen für nachhaltigere Firmen? Oder wären Schulungen für die Mitarbeiter auch sinnvoll?

Es braucht ganz klar beide Seiten. Denn ohne ein entsprechendes Betriebsklima und die Vorbildwirkung der Chefs stumpfen Initiativen der Mitarbeiter in der Regel rasch ab. Umgekehrt nützt ohne das Vorwissen und den Einsatz der Mitarbeitenden auch der gute Wille eines Chefs nicht besonders viel.

Boomt Ihr Geschäft jetzt, wo die Energiewende stark thematisiert wird?

Wir spüren die Thematisierung der Energiewende nicht besonders. Die meisten Unternehmen mit hohem Energieverbrauch haben sich schon zuvor engagiert. Bei den kleinen und mittleren Betrieben (KMU) haben wir nach wie vor einen erfreulichen Zulauf. Dieser hängt aber vor allem auch vom Engagement unserer Partner ab, welche die KMU sensibilisieren und ihnen Anreize zum Energiesparen geben.   

Was motiviert Sie, sich für Nachhaltigkeit einzusetzen?

Ich habe eine Tochter. Der möchte ich nicht nur Schulden, soziale Probleme und ökologische Lasten überlassen. Deshalb engagiere ich mich beruflich in einem Bereich, wo ich im Sinne der Nachhaltigkeit etwas tun kann.

Sie engagieren sich geschäftlich und privat für Nachhaltigkeit. Wie stark versuchen Sie, Ihr persönliches Umfeld zu einem nachhaltigeren Lebensstil zu «bekehren»? Führt das zu Diskussionen?

Ich bin kein Missionar, der andere bekehren muss. Wenn ich durch Vorbildwirkung und Fachwissen andere zum Denken bringen kann, dann stört mich das aber nicht. 

Für welche persönliche Öko-Sünde schämen Sie sich am meisten? Und warum begehen sie diese trotzdem?

Ich esse Fleisch und wohne in einem schönen alten Einfamilienhaus. Nach den CO2-Rechnern sind das meine grössten «Sünden». Das ist für mich aber Lebensqualität, auf die ich nicht ohne Not verzichten möchte. Um die «Sünde» abzubauen, achte ich jedoch auf Menge und Herkunft des Fleisches sowie auf einen optimierten Energieverbrauch.

Wenn Sie für eine nachhaltigere Gesellschaft etwas aus Ihrem Alltag aufgeben müssten, was wäre das und weshalb?

Ich könnte auch ohne mein Auto auskommen, da ich es sowieso kaum brauche.

Was für ein nachhaltiges Produkt oder welche nachhaltige Dienstleistung würden Sie sich wünschen?

Modulare Computer, die einfach nachgerüstet und auf den aktuellen Stand der technischen Anforderungen gebracht werden können. Als nachhaltige Dienstleistung gefällt mir die Idee der Tauschbörsen.

Eine globale Klimapolitik wird als Voraussetzung für eine nachhaltige Gesellschaft gesehen. Aber kann man sich bei den eher schleppenden Fortschritten überhaupt noch auf die Politik verlassen?

Es braucht die permanente und konsequente politische Arbeit durchaus. Dennoch ist ein Warten auf eine globale Lösung verlorene Zeit. Vielmehr sollte da individuell gehandelt werden, wo es sich heute schon lohnt. Dabei sind allerdings Grenzen zu beachten: Es nützt nichts, im eigenen Land ökologisch gut dazustehen, indem man die Industrie nach China auslagert.

Wenn ja, welcher wäre ihr dringendster Wunsch an die Politik im Bereich der Nachhaltigkeit?

Dass Nachhaltigkeit nicht als Mauerblümchen separat behandelt wird, sondern in allen anderen Rechtsbereichen Eingang findet. Beispielsweise sollten bei den Steuern Autofahrten nicht belohnt und Wassernutzung oder Abfallerzeugung nicht pauschal, sondern nach Menge verrechnet werden. Aber auch Subventionen und strenge Vorschriften können negative Wirkungen auf Umwelt und Arbeitsplätze haben und müssen entsprechend geprüft werden.  

Was planen Sie persönlich in den nächsten zwei Jahren, um eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen?

Weiterhin mit der Energie-Agentur der Wirtschaft und ihren 50 Beratern einen guten Job zu machen und in der Schweiz innovative Unternehmen in der Energieeffizienz zu unterstützen. Das wollen wir weiterhin mit individuellen Massnahmen erreichen, welche die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen verbessern und nicht mit unpersönlichen und unflexiblen Regelungen.

Nachhaltige Lösungen haben oft ästhetische Beeinträchtigungen zur Folge, wie zum Beispiel Solarzellen im historischen Stadtbild. Wo sollte man die Grenze ziehen?

Das muss die Politik mit dem Volk aushandeln. Wichtig ist dabei, dass auch wirklich Kompromisse eingegangen werden. Es geht einfach nicht auf, dass der Atomausstieg verlangt wird, sich gleichzeitig aber alle gegen jedes neue Wasserkraftwerk oder Windrad wehren.

Interview: Sabrina Stallone - Februar 2012

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