So funktioniert ein Nullenergiehaus

Beim Nullenergiehaus spielen erneuerbare Energien die Hauptrolle. Ziel eines Nullenergiehauses ist eine usgeglichene Energiebilanz – kurz gesagt: Nullenergiehäuser produzieren soviel Energie, wie sie selbst verbrauchen und sind in dieser Hinsicht autark.

Sonnenenergie ist unerlässlich für ein Nullenergiehaus.
Solarkollektoren versorgen ein Nullenergiehaus mit Strom. Foto © deepblue4you / iStock / Getty Images Plus

Wohnst du noch oder produziert dein Haus schon Energie? Der Trend geht zu komfortablen Wohn-Kraftwerken. So genannte Nullenergiehäuser nutzen erneuerbare Energien, um die Bewohner mit Warmwasser, Heizwärme, Kühlung und Belüftung zu versorgen. Minergie A schafft hierfür verbindliche Standards.

Ausgeglichene Energiebilanz von Nullenergiehäusern

Trotz verbindlichem Minergie Standard gibt es keine Serienproduktion von Nullenergiehäusern. Höhenlage, Ausrichtung oder Dachfläche geben die Baurichtung vor. Etwas haben alle Nullenergiehäuser jedoch gemeinsam: Die Gebäude sind weiterhin an die Versorgungsnetze angeschlossen und beziehen externe Energie. Die Menge an selber erzeugtem Strom und Wärme schafft dazu den Ausgleich. So pegelt sich die jährliche Energiebilanz rein rechnerisch auf Null ein.

Ohne Solartechnologie geht es nicht

Bei Nullenergiehäusern liegt der Fokus auf der Energieerzeugung. Die Gegebenheiten vor Ort bestimmen, wie Photovoltaik, thermische Kollektoren, Wärmepumpen oder Holzpelletheizung kombiniert werden. In jedem Fall wird auf Sonnenkraft gesetzt – was Heizung, Warmwasser oder Strom mit einschliesst. Daher nutzt man die Dachflächen durch den Minergie A Standard optimal aus.

Nullenergiehäuser: von moderat bis hochgedämmt

Das Nullenergiehaus verlangt bei der Dämmung mindestens den Minergie-Basistandard. Dadurch wird ein geringer Wärmebedarf sicher gestellt. Zudem hängen die Qualität der Gebäudehülle und die Solaranlagengrösse stark voneinander ab: Wer moderat dämmt, vergrössert entsprechend die Kollektorenfläche - jedoch nur wenn das Gebäude an einem sonnigen Standort errichtet wird. Fehlt es an Sonne, an ausreichend Dachfläche oder übersteigt die Investition den Kostenrahmen, kann wiederum eine verbesserte Wärmedämmung die bessere Lösung sein. Jedoch allein der Planer entscheidet, mit welchen Massnahmen die ausgeglichene Energiebilanz erzielt wird.

Minergie A ist kombinierbar und ausbaufähig

Der neue Standard ist ausgeklügelt in das Zertifizierungssystem eingebettet. Häuser mit Minergie P Standard können durch eine Solaranlage zu A upgraden. Weiterhin kann man Nullenergiehäuser bauökologisch und gesundheitlich verbessern, sodass diese dann den Zusatz ECO tragen.

Graue Energie

Der energetische Aufwand ist ein entscheidender Faktor in der Bilanz. Die so genannte graue Energie entsteht zu fast zwei Dritteln durch die Herstellung und den Rückbau eines Nullenergiehauses. Diesen Wert kann man u.a. durch nachhaltige Materialien und durch die Bauweise positiv beeinflussen. Photovoltaik- und thermische Solaranlagen sowie die restliche Gebäudetechnik schlagen mit nur 38 Prozent zu Buche. Deshalb legt Minergie A einen Grenzwert für graue Energie fest und erlaubt, dass Stromüberschüsse mit den «Bauenergiekosten» verrechnet werden. Damit bringt man die Gesamtbilanz wieder ins Lot.

Null Toleranz für Energiefresser: Beste Geräte und Beleuchtung

Das Wohnverhalten bestimmt massgeblich den Stromverbrauch. Deshalb gibt Minergie A vor, dass Haushalts- und Bürogeräte der Energieeffizienzklasse A bis A++ sowie sparsame Leuchten einzubauen sind. Damit unterstützt man die Bewohner dabei nicht mehr Energie zu verbrauchen, als die Anlagen produzieren. Daher sollten sie wissen, wie viel Strom die Phototovoltaikanlage erzeugt und wohin dieser fliesst. Hierbei helfen intelligente Zähler, auch smart metering genannt, die zeigen, wie hoch der tatsächliche Energieverbrauch ist.

Nachhaltig mit einem Nullenergiehaus das Leben geniessen.

Null Energie und viel Komfort: das Nullenergiehaus lässt sich frei gestalten. Foto: © YanLev / iStock / Thinkstock

Um ein Nullenergiehaus zu planen, muss man Gebäude als Stoffkreisläufe verstehen und alle einzelnen Prozesse aufeinander abstimmen. Dazu gehört auch unweigerlich ein Unterhalts- und Wartungskonzept, das u.a. regelmässige Kontrollen der Fenster oder die fachgerechte Nutzung der Haushaltsgeräte beachtet. Damit ist sichergestellt, dass die ausgewogen geplante Energiebilanz in der Praxis nicht aus dem Ruder läuft.

Dazu erklärt Moreno Piccolotto von 720° Architekten: «Ein schlecht gewartetes System führt über kurz oder lang zu schlechterem Innenraumklima, was sich negativ auf die Gesundheit der Bewohner und letztlich auf die Energiebilanz des Nullenergiehauses auswirken kann. Denn kranke Menschen verbrauchen mehr Energie als gesunde.» Um komfortables, gesundes und energieeffizientes Wohnen in einem Nullenergiehaus zu ermöglichen, berücksichtigt der Planer auch das Verhalten der Bewohner. In der Regel werden dafür statistische Werte zu Grunde gelegt. Meist stimmen diese jedoch nicht mit den tatsächlichen Gewohnheiten überein. Daher sind Bauherren vorab gefragt, die eigenen Vorstellungen zu formulieren. Die Macht der Gewohnheit habe einen beträchtlichen Einfluss, so Moreno Piccolotto. Beispielsweise verbinden viele Menschen Frischluft eng mit weit aufgerissenen Fenstern. Infolgedessen gäbe es Bewohner, die die Fenster trotz vorhandenem Belüftungssystems öffnen und dabei nicht auf die Energiebilanz achten. Deshalb versuchen Architekten das Wohnverhalten zu berücksichtigen und entsprechende Lösungen zu finden - ohne etwa eine strikte Hausordnung vorzugeben oder nicht aufschliessbare Fenster einzubauen.

Gestalterischer Freiraum: Viele Designs führen zu einem Nullenergiehaus

Die Minergie Standards geben lediglich die Rahmenbedingungen vor. Als Architekt hat Moreno Piccolotto somit mehr Gestaltungsspielräume: «Die durch die Labels vorgegebenen Werte sind das Ziel. Es obliegt den Planern die verschiedenen Wege zur Erfüllung dieser Ziele zu beschreiten und dadurch die gestalterischen Freiheiten auszuloten.» Bei Minergie versteht man das Gebäude als Baukastensystem, dessen einzelne Teile selber zusammengestellt werden können. So ist man u.a. bei der Materialwahl nicht eingeschränkt, weil es neben Holz eine Vielzahl an nachhaltigen Baumaterialien gibt. Bisher existiert noch keine Mehrkostenuntersuchung für Minergie A Gebäude. Generell sind die entstehenden Kosten eng mit dem jeweiligen Bauprojekt verbunden. Moreno Piccolotto schätzt die höheren Kosten eigener Bauprojekte im einstelligen Prozentbereich.

Den Minergie A Standard gibt es bis heute nur für Neubauten - ob Einfamilien- oder Mehrfamilienwohngebäude. Wahrscheinlich werden künftig auch Vorgaben für Modernisierungen entwickelt. Dabei stellen sich neue Herausforderungen. So ist u.a. zu beachten, dass die energetische Sanierung die bestehende Bausubstanz nicht beeinträchtigt.

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