«Einen echten Erfolg konnte die Klimakonferenz nicht erzielen»

Als Vertreter der ETH Zürich nahm Professor Thomas Bernauer 2011 als Beobachter an der UN-Klimakonferenz in Durban teil. Im Interview mit nachhaltigleben.ch erklärt er, warum die Ergebnisse der Konferenz den Klimaschutz nicht wirklich voran gebracht haben und weshalb die Fortschritte in Durban trotzdem Hoffnung auf eine leistungsfähige, globale Klimapolitik macht.

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Laut Professor Thomas Bernauer wurde an der UN-Klimakonferenz in Durban zu wenig erreicht. Foto: privat

Die Verhandlungen zum Klimaschutz in Durban haben nur kleine Fortschritte erreicht. Warum war die UN-Klimakonferenz trotzdem ein Erfolg?

Die UN-Klimakonferenz hat keinen richtigen Erfolg erzielt, sondern nur das Minimum erreicht. Eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls konnte zwar beschlossen werden. Allerdings wurde die Festsetzung expliziter Verpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgase dadurch nicht wirklich vorangebracht.

Zwar haben sich alle an den Verhandlungen teilnehmenden Staaten bereit erklärt, 2012 in Verhandlungen einzutreten und bis 2015 ein verpflichtendes Abkommen abzuschliessen. Die Rahmenbedingen für dieses Abkommen wurden allerdings noch nicht genauer abgesteckt. Ist der Verhandlungserfolg von Durban somit ein etwas zweifelhafter Kompromiss?

Ja, denn mit diesen Ergebnissen bleibt alles offen. Bis 2020 wird vermutlich das verlängerte Kyoto-Protokoll gelten. Die Frage ist, was danach kommt. Es steht schon fest, dass bis dann über weitere Massnahmen gegen den Klimawandel verhandelt werden wird. Was genau das bedeutet und was am Ende dabei heraus kommt, ist allerdings noch völlig unklar.

Die USA als grösster CO2-Emittent, ebenso wie Japan und Russland, sperren sich bisher generell dagegen, ab 2013 feste Verpflichtungen für eine CO2-Reduktion zu übernehmen. Nun ist Kanada kurz nach Durban aus dem Kyoto-Protokoll ausgestiegen. Erschwert das die weiteren Verhandlungen?

Ja, der Ausstieg Kanadas behindert die Verhandlungen ebenso massiv wie die grundsätzliche Ablehnung und Zurückhaltung anderer Länder. Bereits mehrere Staaten haben angekündigt, nicht an einer zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls teilzunehmen. Zwar haben alle Länder eine Bereitschaft für Verhandlungen angekündigt, aber welches Ergebnis letztlich diese Gespräche haben werden, ist nicht abzusehen. Den Klimawandel einzudämmen wird schwierig, wenn die grossen Industriestaaten ausserhalb Europas nicht mithelfen.

Warum ist ein Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll überhaupt so einfach möglich? Sollte das Kyoto-Protokoll nicht eben gerade eine verbindliche Vereinbarung sein?

Bei praktisch allen internationalen Umweltverträgen ist eine Kündigung möglich. Kanada hat somit rein juristisch gesehen korrekt gehandelt, aber es war eine unschöne Entscheidung.

Wird es Kanada damit nicht zu einfach gemacht, die fällige Strafe in Milliarden-Höhe zu umgehen, die sie hätten zahlen müssen, weil das Land seine CO2-Emissionen nicht wie festgehalten senken konnte?

Das wurde nach aussen hin falsch kommuniziert. Eine solche Strafe gibt es nicht. Die überschüssigen Anteile des CO2-Ausstosses hätte Kanada mit in die zweite Runde des Kyoto-Protokolls nehmen und später aufholen können. Eine Zahlung wäre beim Auslaufen des ersten Kyoto-Protokolls Ende 2012 daher gar nicht fällig gewesen.

Die Vorzeichen für die Verhandlungen in Katar 2012 stehen aufgrund der vielen Ausreisser nicht gut. Gibt es trotzdem Hoffnung mit der kommenden Klimakonferenz das Ruder herumzureissen?

Ja, das ist ein Teil des Problems. Für viele der Industrie- und Schwellenländer, die am meisten CO2 produzieren, sind die Veränderungen des Klimas noch nicht oder nur geringfügig zu spüren. Der Klimawandel ist damit sowohl zeitlich als auch geographisch zu weit entfernt, um ein direktes Handeln zu bewirken.

Wie könnte in Zukunft mehr Druck auf Staaten ausgeübt werden, die sich nicht freiwillig stärker im Klimaschutz engagieren?

Druck auf die grossen Länder auszuüben ist kaum möglich. Es könnten zwar zum Beispiel Zölle erhoben werden auf Produkte, die einen hohen CO2-Ausstoss verursachen. Zum Klimaschutz zwingen, lässt sich aber letztlich kein Land. Darum ist das Kyoto-Protokoll so wichtig. Es ist ein grosses Pilotprojekt und zeigt, dass eine globale Klimapolitik möglich ist. Das macht Hoffnung auf weitere, freiwillige Aktionen.

Die Schweiz hat gemeinsam mit der EU eine Reduktion der Treibhausgase um 20 Prozent bis 2020 vereinbart. Kann das als Vorbild-Funktion bei den nächsten Verhandlungen helfen?

Es wäre schön, wenn das als Vorbild für andere Länder dienen könnte. Wir Industriestaaten haben bei der CO2-Minderung eine Bringschuld, der wir nachkommen müssen. Deshalb ist es auch skandalös, dass sich die USA als grosser CO2-Emittent so wenig für den Klimaschutz engagieren.

Derzeit sieht es für die Schweiz allerdings nicht so aus, als würde sie das angestrebte Ziel von 20 Prozent CO2-Minderung ohne Weiteres erreichen können.

Das Ziel der Schweiz ist erstmal, die erste Phase des Kyoto-Protokolls bis 2012 zu erfüllen und das wird sie ganz sicher schaffen. Zwar müssen dafür teilweise CO2-Zertifikate eingekauft werden, aber wir sind im Prinzip auf dem richtigen Weg. Auf die weitergehenden Ziele wird erst danach geschaut. Sicher ist, dass sich schon viel getan hat, zum Beispiel in Bezug auf erneuerbare Energien. Es gibt aber auch Bereiche, in denen sich noch Einiges verbessern muss, wie in der Mobilität.

Ist trotz der Schwierigkeiten auch die globale Klimapolitik schon auf Kurs oder wird sich in Zukunft grundsätzlich etwas ändern müssen, um wirkliche Ergebnisse zu erhalten?

Für die EU und die Schweiz stimmt die Richtung bereits. Bei vielen anderen Staaten ist das bisher leider noch nicht der Fall. Da müsste noch wesentlich mehr bewegt werden für den Klimaschutz.

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