Tanja Gutmann: Tierlieb, naturverbunden und engagiert
Viele kennen ihr schönes Gesicht: Nach der Wahl zur «Miss Schweiz» startete Tanja Gutmann eine Karriere als Model und Moderatorin. Im Gespräch mit ihr zeigt sich, dass Glamour sich durchaus mit Bodenständigkeit, nachhaltigem Denken und Liebe zur Natur vereinbaren lässt.

Auf drei Beinen humpelte der kleine Hund durch die Strassen von Varanasi, einer Millionenstadt am Ganges. Als er auch noch von einem grossen Artgenossen angegriffen wurde, packte Tanja Gutmann beherzt zu. Sie hob das verletzte Tier hoch und brachte es zum Arzt. «Anschliessend mochte ich den Hund nicht einfach wieder aussetzen», berichtet die Moderatorin. Nach einem langen Papierkrieg mit zahlreichen Behördengängen konnte sie ihn schliesslich aus Indien in die Schweiz überführen. Hier lebt «Vara» bei den Eltern, die die Hündin sofort ins Herz geschlossen hatten.
Einsatz im Alltag
Es sind diese scheinbar kleinen Situationen im Alltag, die Tanja Gutmann zu Spontaneinsätzen verleiten. «Ich werde wütend, wenn jemand ein Tier schlecht behandelt», sagt die 36-Jährige, «allerdings habe ich auch gemerkt, dass das laute Schimpfen nicht viel bringt, und daher meine Vorgehensweise geändert.» Lieber bemüht sie sich, anderen Menschen in Gesprächen die Augen zu öffnen spendet sie regelmässig an Tierschutzorganisationen. Zum Beispiel beim gedankenlosen Verzehr von Fleisch. «Ich bin zwar keine Vollvegetarierin im strengen Sinne», räumt sie ein, «ganz selten habe ich ein Verlangen nach Fleisch oder Fisch, und dann esse ich das auch. Aber ausschliesslich aus artgerechter Haltung beziehungsweise nachhaltiger Fischerei.» Es stört sie, dass viele Menschen sich nicht darüber im Klaren sind, was auf ihrem Teller liegt. «Ein abgepacktes Kotelett im Supermarkt ist nicht irgendeine Sache, sondern das gehörte einmal zu einem Tier. Man sollte sich fragen, wie es wohl gelebt hat und dann verarbeitet wurde. Wenn jeder sich die Zeit nehmen würde, sich solche Dinge bewusst zu machen, wären wir schon ein ganzes Stück weiter.»
Eine Kindheit auf dem Bauernhof
Auch in vielen anderen Situationen bemüht sich Tanja Gutmann, nachhaltiges Denken umzusetzen. «Es fängt damit an, dass ich das Licht lösche, wenn ich es nicht brauche, oder Erledigungen kombiniere, um nicht zehn Mal in die Stadt fahren zu müssen.» Mit der Medien- und Glamourwelt, in der sich die Moderatorin bewegt, scheint dies nicht so recht zusammenzupassen. Gab es einen Schlüsselmoment in ihrem Leben? «Im Grunde meine gesamte Kindheit», lautet ihre Antwort, «denn ich habe die ersten zehn Lebensjahre zu grossen Teilen auf den Bauernhöfen meiner Grosseltern verbracht. So habe ich schon früh begriffen, dass die Natur unser kostbarstes Gut ist. Wir stammen von ihr, wir leben mit ihr, wir bleiben gesund mit ihr. Wir sind nur ein kleines Glied in einer Kette, die zusammenbricht, wenn ein Teil fehlt.» Das Problem sei, dass es die Menschen immer mehr in Richtung Stadt ziehe. «So entfernen sich viele immer mehr von der Natur und merken gar nicht mehr, wie glücklich sie einen machen kann.»
Lehre und Modelkarriere
Als aus privaten und beruflichen Gründen für sie selbst der Umzug nach Zürich erforderlich war, entschied Tanja Gutmann sich schon bald darauf für ein Leben in der Gemeinde Uitikon-Waldegg am Stadtrand. «Dort ist es schön grün, und ich kann meine Vorlieben und den Alltag unter einen Hut bringen.»
Bereits mit 14 Jahren hatte sie begonnen zu modeln, als 16-Jährige den Schweizer Elite Look-Modell-Wettbewerb gewonnen. Mit 20 schloss Tanja Gutmann eine Lehre zur Bahnbetriebsdisponentin ab. Darüber muss sie heute schmunzeln. «Der Beruf ist 180 Grad von dem entfernt, was ich eigentlich bin. Wie es in dem Alter so ist, war es auch eine Selbstfindungsphase.» Fast zeitgleich nahm sie an der Ausschreibung zur Miss Schweiz teil und wurde von der Jury prompt zur schönsten Frau des Landes gewählt. «Dann war ich plötzlich in dieser anderen Welt, doch man beginnt darin zu leben und sich zurechtzufinden.» Es folgten zahlreiche Pressetermine, Modelaufträge und Schauspielunterricht, bald wurde die Schweizerin als Moderatorin engagiert. Zuletzt für die SAT1-Reisesendung «Die Holiday-Checker», wo sie bei Aktionen wie Fallschirmspringen oder Bungee-Jumping auch ihren Mut unter Beweis stellte. «Die Sendung hat mich weitergebracht, allerdings befand ich mich auch laufend in einem Zwiespalt», resümiert sie. «Einerseits nachhaltig leben, andererseits selbst viel fliegen und die Menschen auch noch zum Reisen ermuntern. Auf der anderen Seite kann Reisen auch die Augen öffnen.»
Engagement für andere Menschen
Inzwischen arbeitet Tanja Gutmann für verschiedene Auftraggeber. «Im Moment mache ich viele Eventmoderationen, ausserdem werde ich in der kommenden Zeit viel für die Guido Fluri Stiftung unterwegs sein.» Seit einiger Zeit bereits engagiert sie sich als Botschafterin für die Stiftung, die sich für Menschen mit Hirntumoren, an Schizophrenie Erkrankte und Heimkinder einsetzt. Sie ist selbst geprägt durch eine einschneidende Erfahrung: Mit Mitte 20 wurde bei ihr ein Hirntumor entdeckt, der sich als gutartig erwies. Nun möchte Tanja Gutmann andere unterstützen. «Unter anderem kümmern wir uns um die Opfer der fürsorgerischen Zwangsmaßnahmen und die historische Aufarbeitung des Geschehenen, von dem unter anderem Verdingkinder und ‚administrativ Versorgte‘ betroffen sind. Ein Erfolg dieser Bemühungen ist die offizielle Entschuldigung von Bundesrätin Simonetta Sommaruga am 11. April. Und am 1. Juni werden wir eine Gedenkstätte für Heimkinder in Mümliswil eröffnen.»
So wird Tanja Gutmann wohl weiterhin mit beiden Beinen fest auf der Erde stehen und trotzdem weiterhin auf Hochglanzseiten lächeln. «Ich glaube, dass ich den Zugang zu vielen Menschen verlieren würde, wenn es nur die eine Welt mit meinen Ansichten für mich gäbe, und dann kann man nichts mehr bewirken. Die oberflächliche Welt, verbunden mit meinen Idealen, finde ich gerade spannend.»