Zersiedlung der Schweiz nicht zu stoppen

Die Zersiedlung der Schweiz scheint trotz Massnahmen auf Bundesebene immer weiter fort zu schreiten. Am Workshop «Innovative Instrumente zur Steuerung der Siedlungsentwicklung und Senkung des Landschaftsverbrauchs» versuchten die Teilnehmer zu ergründen, wie das Problem in den Griff zu bekommen ist.

Das Publikum folgt aufmerksam der Diskussion beim Workshop.
Das Publikum folgt aufmerksam der Diskussion beim Workshop. Foto: © natur.ch
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Die Grundlagen

Irmi Seidl: Ökonomische Instrumente für die Raumplanung und ihre Chancen

Ökonomische Instrumente sind notwendig, da die bisherige Raumplanung nicht erfolgreich genug ist. Zwei Gruppen von Instrumenten existieren: Preissteuernde Instrumente, wie Steuern, Subventionen, mengensteuernde Instrumente. Ein Instrumentenbeispiel wurde gegeben: handelbare Flächennutzungszertifikate und deren Einsatzmöglichkeiten für die Schweiz.

Fazit: Es braucht einen Mix aus ökonomischen und Planungsinstrumenten, um die Probleme der Siedlungsentwicklung in den Griff zu bekommen.

Pierre-Alain Rumley: Potentiel et limites des instruments de planification

Warum vermag das geltende Recht nicht die Zersiedelung der Landschaft zu stoppen? Gründe sind ungeeignete Verteilung der Kompetenzen zwischen den Institutionen und unpassende Integration der Sektorialpolitiken, hoher Stellenwert des persönlichen Eigentums, zu wenig Know How und zu wenig qualifizierte PlanerInnen und Mängel bei Richt- und Nutzungsplänen. Lösungsansätze: Keine Zentralisation in der Planung, sondern Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den föderalistischen Ebenen sowie Gemeinde- und Kantonsfusionen.

Beiträge zur aktuellen politischen Diskussion

Daniel Müller-Jentsch: Die Mehrwertabgabe als Schlüssel zur Rückzonung überdimensionierter Bauzonen

Was bringt die RPG-Revision? Fehlplatzierte und überdimensionierte Bauzonen sind die grösste Altlast der Schweizer Raumplanung. Die Mehrwertabgabe im Rahmen der RPG-Revision ist ein möglicher Lösungsansatz. Herausforderungen bei der Umsetzung sind die klare Zweckbindung der Mehrwertabgabe für Rückzonungen sowie der um mehrere Jahre verzögerte Geldfluss und der dadurch verursachte Mangel an Mitteln für Rückzonungen.

Fazit: Neue Instrumente erleichtern Rückzonungen, aber es gibt komplexe Herausforderungen bei der Umsetzung. Die Zweitwohnungsinitiative verstärkt die Wirkung der RPG-Revision.


Otto Sieber: Beitrag der Landschaftsinitiative und des Gegenvorschlags zur Senkung des Boden-verbrauchs

Landschaftsinitiative und indirekter Gegenvorschlag sind auf verschiedenen Ebenen angesiedelt: Initiative auf Ebene Bundesverfassung, Gegenvorschlag auf Ebene Bundesgesetz. Die Hauptforderungen der Initianten an den Gegenvorschlag sind erfüllt:

  • Verbindliche Begrenzung des Siedlungswachstums
  • Instrument zur Finanzierung der Rückzonungen

Fazit: Sowohl Initiative wie Gegenvorschlag führen zur Senkung des Bodenverbrauchs. Voraussichtlich könnte ein Rückzug der Initiative geschehen, wenn der Gegenvorschlag nicht vor der Schlussabstimmung am 15. Juni 2012 noch verwässert wird.

Ergebnisse der Diskussion

Die zentrale Frage der Diskussion lautete: Wie kann die Bauzonenfläche verkleinert werden? Die Diskusionsteilnehmer sind zum Schluss gekommen, dass der Bund klare Regeln aufstellen muss. Die interkantonale Zusammenarbeit sowie die institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Kantonen und Gemeinden müssen gestärkt und klare Richtlinien für die Vornahme der Rückzonungen müssen aufgestellt werden. Die Gemeinden müssen zur Umsetzung des revidierten RPG gezwungen werden. Wenn Gemeindeversammlungen Rückzonungen ablehnen, muss der Kanton einschreiten.

Ökonomische Faktoren

Entschädigungen sollen nur bei materieller Enteignung gezahlt werden, wobei Uneinigkeit zwischen den Diskusionsteilnehmern bestand, wie hoch dieser Anteil sein soll. Eine Finanzierung der Rückzonungen über die Mehrwertabgabe wird als schwierig eingeschätzt, da diese nur bei mindestens 20 Prozent des Mehrwerts liegt und zeitverzögert wirkt, da sie sich nur auf Neueinzonungen bezieht. Bei der Mehrwertabgabe sollte eine zeitnahe Abschöpfung durchgesetzt werden, da sonst die Gefahr von Baulandhortung besteht.


Es dürfte eine grosse Herausforderung werden, die interkantonale Finanzierung des Bauzonenausgleichs zu regeln. Flächennutungszertifikate könnten ein geeignetes Instrument zur Steuerung des interkantonalen Bauzonenausgleichs sein. Sie setzten jedoch voraus, dass Neueinzonungen nicht mehr möglich sind, sondern dass ein Transfer von Bauzonen stattfinden soll von Gemeinden mit Überschuss zu Gemeinden mit zu wenig Bauzonen. Solche Zertifikate könnten wirkungsvoll und zielführend sein. Es wird aber Skepsis geäussert bezüglich der Umsetzung in der Praxis, da die bisherigen Instrumente zur Steuerung der Raumplanung bereits ein kompliziertes Gebilde sind.

Quelle: NATUR

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