Wie Carouge die erste Zero-Waste-Stadt der Schweiz werden will

Carouge will die erste Zero-Waste-Stadt der Schweiz werden
Foto: © Bogdan Kurylo/ iStock / Getty Images Plus

07.09.2018 - Innert drei Jahren sollen die 23'000 Einwohner von Carouge ihren Abfall um mindestens 30 Prozent reduzieren. Wie das geht und ob sie noch bei Coop und Migros einkaufen dürfen.

Carouge, das wegen seiner Künstlerszene auch als das «Greenwich Village von Genf» bezeichnet wird, hat sich unter anderem bereits das Label «Fair Trade Town» verdient. Nun will die Gemeinde auch «Zero Waste Stadt» werden.

Einwohner wollen Ressourcen schonen

Ein ehrgeiziges Ziel hat sich die kleine Stadt Carouge da gesetzt. Innert drei Jahren soll jeder der 23'000 Einwohner seinen Abfall um mindestens 30 Prozent reduzieren. Aktuell verursacht jeder Einwohner fast 180 Kilo Haushaltsmüll pro Jahr. Bis 2020 soll der Haushaltsabfall, der verbrannt werden muss, auf 125 Kilo pro Person und Jahr sinken.

Die Bevölkerung von Carouge holt sich Informationen zu Zero Waste

Das erste «Atelier participatif»  in Carouge zum Thema Zero Waste. Fot: zVg Zero Waste Switzerland.

Initiiert hat das Projekt die Bevölkerung selber, als die Stadt einen Aufruf machte mit dem Titel «Baut gemeinsam die Zukunft von Carouge». Mit dem Motto «Abfall vermeiden, der verbrannt werden muss» wollen die Einwohner natürliche Ressourcen schonen, eine nachhaltige lokale Wirtschaft schaffen und dem Klimawandel entgegenwirken.

Der Käse im Tupperware

Die Stadt motiviert Einwohner, Firmen, Handel und Geschäfte dazu, weniger oder wo möglich keinen Abfall mehr zu produzieren. Workshops, Schulungen und viel Unterstützung durch die Organisation «Zero Waste Switzerland» sollen helfen, das Ziel zu erreichen.

Natalie Bino Mitbegründerin von Zero Waste Switzerland

Natalie Bino, Mitgründerin und Vereinsvorsitzende «Zero Waste Switzerland» Foto: zVg «Zero Waste Switzerland»

«Wir unterstützen und beraten die Gemeinde sehr aktiv», sagt Natalie Bino, Mitgründerin und Vereinsvorsitzende von «Zero Waste Switzerland». Die Einwohner lernen, Abfall zu vermeiden, zu reduzieren, aber auch Dinge wieder zu verwenden. «Wir fördern Verhaltensänderungen, die helfen überall einkaufen zu können, also auch bei Coop und Migros», sagt Bino. Obst und Gemüse würden in Stoffbeuteln gekauft, Fleisch, Käse oder Fisch im Tupperware.

Von der Küche bis ins Bad

Es ergibt sich von selbst, dass ein solches Vorhaben alle Bereiche des Verbrauchs betrifft: Lebensmittel und Getränke, Kosmetika, Hygiene und Reinigung, Kleidung, Lebensmittelbehälter, Spielzeug usw., heisst es auf der Website der Gemeinde.

400 europäische Städte engagieren sich 

Das Label «Zero Waste Stadt» wurde von der Organisation «Zero Waste Europe» lanciert. Europaweit gibt es bereits rund 400 Zero Waste Städte, ein Grossteil davon in Italien und in Spanien rund um Barcelona.

Das Label unterscheidet zwei Arten von Städten: Zur ersten Kategorie gehören Städte wie Carouge, die aktiv Siedlungsabfälle reduzieren und sich konkrete Ziele setzen.

Zur zweiten Kategorie gehören Städte, die bewährte Verfahren eingeführt haben, um weniger Siedlungsabfall zu erzeugen und die weniger als 75 Kilo Siedlungsabfall pro Person und Jahr verursachen.

Die italienische Stadt Paese beispielsweise verursacht, laut «Zero Waste Europe», pro Einwohner und Jahr noch 57 Kilo Restmüll, der verbrannt wird. Die Stadt mit ihren knapp 22'000 Einwohnern erreicht eine Recyclingqoute von knapp 85 Prozent. 

Zum Vergleich: Ein Schweizer produziert pro Jahr im Schnitt 340 Kilo Haushalts- und Siedlungsabfall, der verbrannt werden muss. Nimmt man recycelten Abfall, Bauabfälle, Klärschlamm und Sonderabfälle dazu, verursacht jeder Schweizer rund 750 Kilo Abfall jährlich, wie die Zahlen des Bundes zeigen.

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