Fair Trade Fashion: Angebot an fairer Kleidung wächst
Jeden modischen Trend kann man mit Fair Trade Fashion noch nicht mitmachen. Doch gibt es bereits eine gute Auswahl, die aus Biobaumwolle, Seide oder Wolle und mit sozialen Standards gefertigt ist.

Emma Watson tut es, Cosma Shiva Hagen trägt es: Fair Trade Fashion. Immer mehr Prominente entwerfen und kaufen fair produzierte Kleidung. Doch hinter dem Starglamour versteckt sich nicht immer echte Fair Trade Mode. Denn eigentlich geht es bei diesen Kleidungsstücken um einfache Schicksale von Kleinbauern und ArbeiterInnen, die auf kargen Baumwollfeldern ihre Baumwolle pflücken oder in Kleiderfabriken in Indien unter teils menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen schuften. Doch nicht nur Prominente kaufen gerne fair ein. Inzwischen wächst die Zahl an Kleidungsläden und Onlineshops, die Fair Trade Mode für Schweizer Verbraucher verkaufen. Doch nicht alle Stücke tragen auch ein Gütesiegel, denn bisher ist der Grossteil fair gekaufter Kleidung ungelabelt. Im letzten Jahr machten Textilien bereits 5,5 Prozent des gesamten Jahresumsatzes mit Fairtrade Produkten aus - Tendenz langsam steigend.
Was ist Fair Trade Mode?
Fair Trade Fashion kann nur unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen entstehen und dies sowohl im Baumwollanbau als auch in Textilfabriken. Viele Produktionsstätten halten sich nicht an gesetzliche oder tarifliche Standards - sowohl bei der Bezahlung als auch hinsichtlich der Arbeitsstunden. Statt einer überlangen 72 Stunden-Woche sollte die Arbeitszeit nicht 48 Stunden überschreiten. Menschenwürdig heisst auch, dass ein freier Tag pro Woche garantiert wird. Oftmals sparen die Produzenten am Lohn. Vielerorts können Kleinbauern und ArbeiterInnen mit dem staatlich festgelegten Minimallohn nur überleben. Deshalb fordern Organisationen wie die Clean Clothes Campaign eine existenzsichernde Vergütung, worauf alle ArbeiterInnen der Zulieferkette Anrecht haben. Das Gehalt muss nicht nur die Familie ernähren, sondern auch für Bildung und medizinische Versorgung reichen. Das Prinzip wird bisher erfolgreich bei fair gehandelter Biobaumwolle angewandt. Darüber hinaus verbietet Fairtrade Fashion Kinderarbeit und stärkt Gewerkschaften vor Ort. Das Schweizer Fair Trade Siegel «Max Havelaar» setzt bei den Baumwollkleinbauern an. Es werden Mindestpreise und eine Fairtrade-Prämie für gemeinschaftliche Investitionen garantiert. Die ganze anschliessende Lieferkette ist transparent und entspricht international anerkannten Kriterien. Regelmäßige und unabhängige Kontrollen garantieren die Einhaltung von sozialen Standards. Doch viele Labels überprüfen ausschließlich die Verarbeitung und Kleiderherstellung - und vergessen darüber den Anbau. Letztlich wird die Wertschöpfungskette für Verbraucher durch Standards, Kontrollen und Rückverfolgbarkeit transparent und somit glaubwürdig. Deshalb fordert Swiss Fair Trade, dass der Einkauf von Textilien aus nicht nachvollziehbarer Herkunft ein Tabu sein sollte.
Naturmode: Bio-Materialien sind nicht automatisch fair
Bio ist keine Voraussetzung für Fair Trade, doch wird der Anbau von Bio-Baumwolle unterstützt. Deshalb wird Fair Trade Kleidung sowohl aus Bio als auch aus konventioneller Baumwolle produziert. Biobaumwolle ist bisher die einzige und wichtigste Naturfaser mit dem Fairtrade Siegel. Zusammengefasst bedeutet es, dass Bio nicht automatisch auch Fair Trade ist. Zwar verzichtet man auf Pestizide, sodass die Arbeiter weniger Belastungen ausgesetzt sind, doch sagt ein Biolabel nicht zwangsläufig etwas über soziale Standards aus. Einige Öko-Gütesiegel achten auf Arbeitsbedingungen, wie z.B. GOTS, Naturtextil IVN, BioRe oder Eigenmarken wie Coop Naturaline und Switcher. Misstrauisch sollte man werden, wenn Ökomode sehr günstig und ohne anerkanntes Label angeboten wird. Weitere Ökomaterialien wie Leinen, Hanf, Jute und Schafwolle sind Produkte aus kontrolliert biologischen Anbau oder Tierhaltung. Über die Herstellungsbedingungen können nur die jeweiligen Anbieter informieren. Beispielsweise bietet die Caritas-Fairtrade Mode aus Edelhaarwolle und Seide an. Diese Kleidung wird bisher wenig nachgefragt, sodass sich eine internationale Zertifizierung noch nicht auszahlt. Laut Caritas-Fairtrade arbeitet man nur mit Projektpartnern zusammen, die Mitglieder in World Fair Trade Organisation sind und ihren ArbeiterInnen eine menschenwürdige Arbeit sichern.
Unstylisch: Jeansproduktion, die krank macht
In Indien, China und Pakistan bearbeiten sie Jeans mit Hochdruck: Oftmals strahlen Mitarbeiter ohne Schutzkleidung die Hosen mit Sand ab, um einen Used Look zu erreichen. In Europa ist diese gesundheitsgefährdende Praxis verboten. Bereits 2005 traten erste Fälle der unheilbaren Staublungenkrankheit (Silikose) in der Türkei auf. Die Lunge vernarbt, was zu Atemproblemen führt, die häufig tödlich enden. Junge Männer erkrankten daran, nachdem sie sechs Monate in Jeansfabriken arbeiteten. Insgesamt 1.200 Erkrankte und 46 Todesfälle sind in der Türkei bekannt. Aufgrund des öffentlichen Drucks verbot das dortige Gesundheitsministerium diese Praxis im Jahre 2009. Infolgedessen verlegten viele Anbieter ihre Produktionsstätten in andere Länder – wo weiterhin Sandstrahlen in teils nichtregistrierten Kleinbetrieben erlaubt ist. Deshalb engagiert sich Clean Clothes Campaign bzw. der EvB für sauber hergestellte Jeans.

Heutzutage ist Fair Trade Kleidung auch chic und das modische Angebot wächst beständig. Foto: © WavebreakMediaMicro - Fotolia.com
Obwohl sich stetig mehr Verbraucher für fair gehandelte Kleidung interessieren, wächst das modische Angebot nur langsam mit. Den unförmigen Pulli findet man nur noch selten, weil viele Anbieter inzwischen mit Designern zusammenarbeiten. Viele Kollektionen werden von Modeexperten entworfen, so auch die Fair Trade Fashion von Caritas-Fairtrade. Für die Produktentwicklung fährt die Designerin in die das jeweilige Partnerland, wo die Prototypen für die neue Kollektion vor Ort entstehen. Doch bei Farbkonzept und bei den Schnitten orientiert sie sich an den Modertrends der Schweiz und Italien. Auch Coop Naturaline produziert fair-modische Kleidung aus Biobaumwolle in Zusammenarbeit mit der Remei AG. Diese achtet auf eigene Umwelt- und soziale Standards, die über die gesamte Lieferkette überprüft werden. Dennoch liegt dabei der Fokus auf dem Baumwollanbau. Zwar gibt es keinen Mindestpreis für Produzenten, aber vergibt eine Abnahmegarantie und Prämie. Die Marke Switcher ist Mitglied bei der Fair Wear Foundation, in der sich verschiedene Akteure für verbesserte Arbeitsbedingungen entlang der Produktions- und Lieferkette einsetzen.
Fair Trade Mode in der Schweiz einkaufen
Das international anerkannte Fairtrade-Label hilft bei der Kleiderwahl. Die unabhängige Kontrollorganisation FLO Cert überprüft die gesamte Produktionskette und garantiert gerechte Handelsbedingungen für die Kleinbauern. Regula Weber, Mediensprecherin von Max Havelaar, meint, dass man heute leider oftmals noch Kompromisse beim Kleidungskauf eingehen müsse. Mit den bestehenden Artikeln aus Fairtrade-Baumwolle könne man bis jetzt noch keine modischen Trends mitmachen. Oftmals hätte man eine etwas grössere Auswahl an Basics wie z.B. T-Shirts, Pyjama, Socken und Unterwäsche. Mit einer zeitlosen Basis-Kollektion gehen die Anbieter - u.a. ZB Migros, Switcher - ein geringeres Risiko ein.
Etwas mutiger sind kleine (Online)-Designläden. Beispielhaft sei evilated genannt, der als kleine, aber trendige Eco Street- und Outerwearmarke mit hohem Sozialstandard fertigen lässt. Immer mehr kleine Schweizer Händler suchen bewusst nach fair gehandelten Marken, viele davon ohne entsprechendes Zertifikat, was die Recherche nicht unbedingt vereinfacht. Arbeiten Sie dann jedoch mit einem Partner zusammen, dann wissen sie genau, wer die Stoffe produziert und verarbeitet. Dafür steht der oder die LadenbesitzerIn mit dem eigenen Namen ein. Statt mit einem Gütesiegel können sie mit Hintergrundwissen punkten und so den Kunden Vertrauen vermitteln. Wer als Verbraucher online kauft, ist dann auf sich allein gestellt und muss den eigenen Recherchen, Fashion Guides oder anerkannten Labels vertrauen.
Weitere Tipps für den Einkauf von Fairtrade Fashion:
- Auf Qualität und Fairtrade Label achten: Statt jeden saisonalen Trend mitzumachen, sollte man Labelkleidung den Vorrang geben.
- Verstärkt dort einkaufen, wo über Herkunft und Arbeitsbedingungen transparent berichtet wird.
- Kleidung ist kein Wegwerfprodukt. Statt nur nach Schnäppchen zu jagen, sollte man keine Kleidungsstücke unter zehn Franken kaufen.
- Max Havelaar Produktfinder - Fairtrade Mode auf einen Klick
- Factsheet zur fair gehandelten Baumwolle
Quellen: Swiss Fair Trade Terrafair Wikipedia Max Havelaar Hess Natur EvB Caritas Coop Helvetas