Die neuesten Trends der «grünen» Fashion Week
Das Interesse und das Angebot an nachhaltiger Mode wachsen, wie sich auch auf der Fashion Week in Berlin zeigte. Längst gibt es auf der Modewoche einen Green Showroom, in dem auch einige Schweizer Designer ihre neuesten Modetrends für den Sommer präsentierten.

Nachdem der Concierge in seiner traditionellen Uniform den Weg durch das Foyer weist, staunt man nicht schlecht: Das Adlon am Pariser Platz, in dem die Green Fashion präsentiert wird, gehört zu den luxuriösesten Hotels in Deutschland. Die Veranstalter schafften darin einen «grünen» Showroom, der eine neue Art von Luxus zeigt. Die Mitbegründerin und Designerin Jana Keller meint dazu, dass Nachhaltigkeit allein nicht genüge, damit Kunden mehr für Mode bezahlen. Design und Qualität spielen ebenso eine Rolle. Deshalb biete das Fünf Sterne Hotel einen guten Rahmen für den «Grünen Luxus».
Wer den offensichtlich Modeinteressierten bis in den ersten Stock folgt, gelangt in die verschiedenen Suiten, in denen 26 Labels Mode und Accessoires präsentieren. Alle arbeiten mit ökologischen oder rezyklierten Materialien und lassen sozial produzieren. Auf einem Rundgang sind Kleider, Taschen, Armbänder und Oberteile aus Seide, Leinen, Cashmere, Leder, Wolle, Baumwolle, PET-Stoffen, Viskose oder Feuerwehrschläuchen zu entdecken. Auch zwei Schweizerinnen führen ihre Taschen und Sommermode vor: Sarah Reinhard und Laure Paschoud.
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Green Fashion aus der Schweiz
Sarah Reinhard: Taschen, durch die Natur inspiriert
In der Suite 124 stellt Sarah Reinhard ihre neue Ledertaschenkollektion «Magnolia» aus. Die Form erinnert an Blüten des beliebten Frühlingsblühers. Doch die Tasche soll nicht nur schön, sondern auch praktisch sein, meint die studierte Designerin. Deshalb habe sie diese breit geschnitten. Da man die Tasche dadurch sehr weit öffnen kann, ist alles übersichtlich und mit einem Griff wiederzufinden. So kann ihre Besitzerin bequem Laptop, Schlüssel, Handy und andere Alltagsgegenstände transportieren und hat immer alles griffbereit.

Die neue Taschenkollektion ist von der Natur inspiriert. Foto: © Sarah Reinhard
Die Ideen kommen Sarah Reinhard in ihrem Atelier in Zürich, wo sie in den Anfangsjahren alle Taschen selber entwarf, nähte und verkaufte. Ihr erster Entwurf und mittlerweile ein Klassiker, war die «Shelly Bag». Bei dieser Tasche liess sie sich von einer Muschel inspirieren. Das Modell gefiel erst Freunden und dann immer mehr Taschenliebhabern in der Schweiz. Als die Nachfrage stieg, gab sie die Produktion aus den Händen. Heute lässt sie wegen kurzer Transportwege in Europa produzieren und verwendet angenehm weiches Rindsleder aus einer deutschen Gerberei. Dieses wird teils pflanzlich, teils synthetisch und in jedem Fall chromfrei gegerbt. Das Futter ist aus wasserabweisendem EtaProof.
Die Schweizer Designerin präsentiert ihre Taschen zum ersten Mal auf einer Messe in Deutschland. Ihr gefällt der Rahmen des Green Showroom. «Es stellen sich nur ausgesuchte Labels vor. Deshalb ist es übersichtlich und man kann mit Fachleuten und Kunden schnell ins Gespräch kommen.» Auf die Frage, ob sie Trends folge, antwortet Sarah Reinhard: «Ich richte mich weniger nach Trends. Für mich steht Qualität und zeitloses Design im Vordergrund. Ich möchte Lieblingsstücke fertigen, die man lange trägt.» Sie fände es einfach schön, wenn ihre Kundinnen mit dem Griff zur Shelly oder Magnolia Bag ein Glücksgefühl verbinden. Ihre Taschen sind auf Messen, im Webshop und in verschiedenen Geschäften erhältlich.
Atelier Laure Paschoud: Mode nach «Umami»
Die Designerin Laure Paschoud hat sich - wie bereits in den letzten Kollektionen - von den menschlichen Sinnen inspirieren lassen. Diesmal geht es um Geschmacksempfindungen. «Es war nicht einfach, diese Idee in Mode zu übertragen,» erklärt die Schweizerin. Deshalb entschied sie sich für den fünften Geschmackssinn: Umami. Man könnte dies mit herzhaft oder pikant übersetzen. In jedem Fall wird Umami durch Geschmacksverstärker hervorgerufen und intensiviert auch süss, bitter, sauer und salzig. Laure Paschoud kannte Umami durch ihren einjährigen Aufenthalt in Japan. Dort lernte sie auch ein Mitglied des japanischen Kollektivs HESO kennen, das den aussergewöhnlichen Print ihrer Sommerkollektion entwarf. «Im ersten Moment sieht man lediglich Streifen. Wenn man jedoch näher kommt, dann sind kleine Punkte zu sehen, die Reiskörnern ähneln.» In Japan ist Reis ein Grundnahrungsmittel und auch das Lieblingsessen vieler Japaner. Ein Leben ohne den Reis wäre daher nicht denkbar.
So ähnlich soll die Kollektion von Laure Paschoud wirken. «Die Idee ist, dass alle Kleidungsstücke auf den Kunden „zum Anbeissen“ wirken sollen.» Laure Paschoud setzt auf kräftiges Blau und Rot, was sie mit Weiss, Grau und Schwarz kombiniert. Die Teile sind zudem modular und teilweise auch drapiert. Dafür verwendet die Designerin organische Baumwolle und Restposten aus Schweizer Firmen. Zudem führt sie die Zusammenarbeit mit einem bosnischen Atelier weiter fort, das vor Ort faire Arbeitsbedingungen bietet.
Der Green Showroom ist nicht die letzte Messe, wo Umami gezeigt wird. Die Schweizerin präsentiert in diesem Jahr noch in Lausanne und in Japan. Was dann komme? Auch in der nächsten Kollektion lasse sie sich vom menschlichen Körper inspirieren, weil sie den ja auch einkleide. Wie Laure Paschoud den Sinnen weiter auf den Grund geht, bleibt also abzuwarten.

Neue Stoffe und frische Farben bestimmen den Sommer 2013. Foto: © Inspiring
Anfang diesen Jahres entwickelten die Bekleidungsgestalterin Jalaja Blauel und Marianne Mondgenast gemeinsam das Label «Inspiring». Sie zeigen auf der Ethical Fashion Show eine erste Auswahl ihrer Kollektion. Trotz Startschwierigkeiten fanden sie Stofflieferanten und stellten die Sommermode in Rekordzeit fertig. Inspiring bietet sportlich-elegante und schmal geschnittene Blusen, Hosen, Röcke, Shirts und Kleider für die Frau von nebenan. Dazu nutzen die Designerinnen verschiedene Materialien, wie beispielsweise zertifizierte Biobaumwolle aus der Türkei. Hinzu kommen indische Wildseide und Flying Silk, die Frauen eines indischen Projektes weben. Neuartig sind die umweltfreundlichen Hightech-Stoffe aus Baumwolle, Polyamid, Elasthan und Cellulosefasern, die einen eingearbeiteten UV-Schutz haben. Bisher gibt es in der Schweiz nur wenige Anbieter, deren Kleidung auch vor Sonne schützt.

Die neue Biomode von Inspiring kann multiple Funktionen erfüllen. Foto: © Kerstin Borowiak
Immer wieder bleiben Besucher bei demCape am Eingang des Messestandes stehen. Es ist das letzte Teil, das noch kurz vor der Fashion Week entstand. Der universelle Schnitt erlaubt, es als Mantel anzuziehen, sich darunter am Strand umzuziehen oder es sogar als Sitztuch zu nutzen. Diese Veränderbarkeit nennt das Label «Stylechange». So wird beispielsweise aus einem Rock eine Hose oder man zieht die Teile in unterschiedlichen Schichten übereinander. Als nächstes sucht Inspiring eine feste Produktionsstätte und ab Herbst wird an der neuen Winterkollektion gearbeitet. Die Mode ist über den Onlineshop und über den Fachhandel erhältlich.
Grüne Mode verfolgt einen eigenen Stil und weniger saisonalen Trends. Was jedoch viele Labels verbindet: Die Designer versuchen, zeitlose und qualitativ hochwertige Kleidung zu produzieren. Diese soll nicht nur langlebig, sondern auch durch wenige Handgriffe vielseitig und veränderbar sein.
Netzwerk Faire Mode
In der Schweiz gibt es bereits nachhaltig produzierte Mode. Verbraucher die Green Fashion einkaufen wollen, finden diese jedoch eher auf Umwegen oder nach langer Suche. Um den Einkauf zu vereinfachen, gründete sich das Netzwerk Faire Mode. Es entsteht zu Zeit eine Onlineplattform, auf der Konsumenten ab Anfang 2013 nach nachhaltiger Bekleidung suchen können. Zudem informiert das Netzwerk über soziale und ökologische Standards bei Modefirmen, über die Bemühungen der kleineren und mittleren Unternehmen und wo man die Mode im deutschsprachigen Raum kaufen kann. Ziel ist es, die Modeindustrie nachhaltiger werden zu lassen und Konsumenten dabei zu helfen, faire Mode zu kaufen. Die Initiatorin Katharina Wehrli kam als interessierte Verbraucherin auf den späteren Mitbegründer Mark Starmanns zu, der an der Uni Zürich Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung in der Modeindustrie forschte.
Quellen: Sarah Reinhard, Laure Paschoud, Inspiring, Netzwerk Faire Mode, Green Fashion & Ethical Fashion Katalog