Endlich ein Klimavertrag: Doch hat die COP21 genug erreicht?
Die Welt feiert den Klimavertrag von Paris und freut sich über den Entschluss, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Aber was bedeutet das und wie soll es erreicht werden? Führende Klimaexperten erklären, wie viel Rettung die COP21 wirklich gebracht hat.

Historische Entscheidung: Klimavertrag setzt wichtiges Zeichen
Lange haben die 195 teilnehmden Staaten am UN-Klimagipfel in Paris um eine Entscheidung gerungen. Als Experten, Medien und Aktivisten die COP21 schon fast für gescheitert hielten, kam es zur überraschenden wie auch historischen Entscheidung: ein neuer, verbindlicher Klimavertrag wurde verabschiedet.
Dieses Abkommen legt fest, dass die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts auf maximal 1,5 Grad begrenzt werden soll. Zum ersten Mal in 21 Jahren Klimagipfel haben damit alle teilnehmenden Staaten ein verbindliches und konkretes Ziel beschlossen. Somit ist das Bekennen zum Klimaschutz definitiv ein grosser Fortschritt.
Auch was beschlossen wurde, ist positiv zu werten. Denn um die Welt so zu erhalten, wie wir sie kennen, darf die Erde sich laut diversen Experten höchstens um durchschnittlich 2 Grad erwärmen. Die Festlegung einer Erwärmung von 1,5 Grad gibt damit ein mehr als ausreichendes Signal.
Wie das Ziel der COP21 umgesetzt werden soll
Damit sich die Erde nicht zu sehr erwärmt, soll der Ausstoss dafür verantwortlicher Treibhausgase deutlich gesenkt werden. Um das zu erreichen, soll es eine Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Öl, Kohle und Gas geben.
Zudem wurde an der COP21 beschlossen, dass die Entwicklungsländer zwischen 2020 und 2050 jährlich bis zu 100 Milliarden Dollar von den Industrienationen erhalten. So sollen sie die Treibhausgasemissionen einfacher reduzieren können.
Reicht das nicht aus, müssen weitere Massnahmen getroffen werden, um das CO2 zu senken. In Frage kommt etwa das Anpflanzen grösserer Wälder, die CO2 zu Sauerstoff verarbeiten und so das Treibhausgas verringern.
Klimawandel adé? Warum führende Experten kritisch bleiben
«Vernunft und Moral haben sich bei der COP21 zusammengetan, um ein historisches Klimaabkommen abzuliefern, das am Ende staatliche Egoismen überwindet», kommentiert der Direktor des renommierten Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber, auf Nachfrage die Ergebnisse. Das genannte Ziel, so der Wissenschaftler weiter, ist sogar ambitionierter als erwartet. Es entspreche allerdings den wissenschaftlichen Berechnungen, was das Klimarisiko angeht.
Schnellnhuber warnt allerdings auch davor, dass die bis dato von den Staaten jeweils vorgelegten Ziele – mehr dazu lesen Sie in dem Beitrag «Kurz die Welt retten? Was von der Klimakonferenz zu erwarten ist» – bei weitem nicht ausreichen, was sein Kollege am PIK, Professor Ottmar Edenhofer, in einer Stellungnahme konkretisiert: «Die bisher vorliegenden Pläne zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen führen dazu, dass diese global noch bis zum Jahr 2030 weiter ansteigen werden.» Daher müsste die Politik für eine noch stärkere Reduzierung sorgen. Der Höhepunkt der Emissionen sollte zum Erreichen des Klimaziels weit vor dem Jahr 2030 liegen. Leider seien die hierzu nötigen Mechanismen in Paris eher vage formuliert worden.
Ähnlich denkt Professor Mojib Latif von GEOMAR, dem Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung: «Ich sehe die Ergebnisse von Paris mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich begrüsse, dass es endlich einen Klimavertrag gibt. Ausserdem, dass man die Dramatik des Klimawandels anerkennt und die Erderwärmung auf deutlich unter 2°C begrenzen möchte. Allerdings baut der Vertrag auf Selbstverpflichtungen. Diese reichen nicht und es muss nachverhandelt werden. Es gibt zudem viele Absichtserklärungen, wenig Konkretes.» Zum Beispiel sei nach dem jetzigen Stand ein grundsätzliches Festhalten an der fossilen Energiewirtschaft weiterhin möglich.
Doch um das festgesetzte Klimaziel zu erreichen, wäre das nicht sinnvoll, glaubt auch Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW): «Das kann nur gelingen, wenn die fossilen Energien, insbesondere Kohle und Öl, im Boden verbleiben und nicht verbrannt werden. Daher ist es wichtig, dass eine globale Energiewende hin zu mehr erneuerbaren Energien und Energiesparen umgesetzt wird.»
Die Festlegung des Klimavertrags ist demnach ein wichtiger und grosser Schritt in die richtige Richtung. Um den Klimawandel wirklich aufzuhalten und die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssen die bisher vereinbarten Ziele aber offenbar stetig geprüft, ausgebaut und vor allem für die Umsetzung konkrete Massnahmen festgelegt werden. Ansonsten kann das Ziel kaum erreicht werden.
Quellen: climateanalytics.org, geomar.de, BAFU, pik-potsdam.de, diw.de
Autor: Jürgen Rösemeier-Buhmann