Tom Strobl: «Ein grüner Rasen reicht den Wildbienen nicht»Mit Wildbienen will Tom Strobl von Wildbiene + Partner gegen die globale Krise des Biodiversitätsverlustes ankämpfen. Die fleissigen Insekten sind für unsere Zukunft essenziell. Warum das so ist, erklärt der Partner der Wildbienen in seinem Büro in Zürich. Vanessa Gygax Merken Tom Strobl setzt sich für die Wildbienen und mehr Biodiversität ein. © Wildbiene + Partner Sie sind wild und wertvoll – meint Tom Strobl von Wildbienen + Partner über die fleissigen Insekten. In der Schweiz finden wir noch ungefähr 600 Arten an Wildbienen, die sich um die Bestäubung von verschiedenen Pflanzen kümmern. Wieso gerade Wildbienen uns vor dem Verlust der biologischen Vielfalt retten können, erklärt Tom Strobl im Interview. Über Tom Strobl von Wildbiene+Partner Ein Partner für die Wildbienen: Tom Strobl setzt sich für mehr Biodiversität und den Erhalt der lebenswichtigen Bestäuber ein. Der ausgebildete Biologe hat sich nach dem Studium mit seinem jetzigen Geschäftspartner zusammengetan, um mit dem Start-up Wildbiene + Partner über die Tiere zu informieren und ihnen wieder mehr Lebensraum zu geben. Tom, hast du von den mehr als 600 Wildbienenarten eine Favoritin? Die gehörnte Mauerbiene: Sie ist wahnsinnig niedlich und gehört zu den wichtigsten Bestäuberinnen unserer Obstbäume.Diese Wildbiene ist häufig im Siedlungsraum anzutreffen und ist mit ihrem sanften Gemüt die perfekte Botschafterin für unsere Wildbienen. Aber die Schönheit der Wildbienen liegt eben gerade in ihrer Vielfalt. Und viele verschiedene Wildbienen an einem Ort zeigen auch, dass die Landschaftsqualität sehr gut ist, denn jede Art hat andere Ansprüche. Dennoch sind in der Schweiz 45% der heimischen Wildbienen gefährdet und sind auf der roten Liste des BAFU (Bundesamt für Umwelt). Schützen wir die Wildbienen nicht genug, weil wir keinen Nutzen wie Honig von ihnen haben? Das ist sicher ein Problem. Bienen sind viel mehr als nur Honig-Produzenten. Doch wenn wir den direkten Nutzen der Wildbienen nicht sehen oder nicht wissen, dass es ihn gibt, schützen wir sie auch nicht. Ein grüner, englischer Rasen mit Forsythien und Geranien bringt den Wildbienen nichts. Es braucht einheimische Stauden und Hecken, um den Wildbienen eine «Tankstelle» anzubieten. Darum brauchen sie eine Lobby, die sich für sie einsetzt. Die Herausforderung ist gross, doch wir alle können etwas unternehmen. So unterscheiden sich Honigbienen und Wildbienen © Wirestock / iStock / Getty Images Plus Auch die domestizierte Honigbiene war mal wild. Heute wird sie vorwiegend in den uns bekannten Bienenstöcken gehalten. «Es gibt auch noch wildlebende Honigbienen, aber sie produzieren nur Honig für ihren eigenen Gebrauch und den ihres Nachwuchses», erklärt Tom Strobl. Zudem sind sind die meisten Wildbienen – wie die gehörnte Mauerbiene auf dem Bild – «Einsiedlerbienen» und leben nicht in komplexen Staatengebilden wie Honigbienen oder Hummeln. Kann ich mir als Einzelperson ein Wildbienen-Häuschen auf den Balkon stellen und dann mit gutem Gewissen sagen «Ich hab genug getan für die kleinen Insekten»? Nein, das ist nicht die Idee dahinter. Die Natur wurde permanent weniger, darum müssen wir jetzt sicherstellen, dass es wieder mehr Platz für die Wildbienen hat – um uns auch selbst zu erhalten. Mit unserem Bienenhaus bringen wir die Wildbiene zu den Leuten und machen die Thematik fassbarer – und das ist erst der Anfang. Wenn man für möglichst viele Bienenarten etwas tun möchte, ist es auch wichtig, den Garten oder Balkon mit einheimischen Pflanzen zu bestücken und Nistplätze zu schaffen. Jede einzelne Blüte ist wertvoll und schafft eine Vernetzung verschiedener Lebensräume. Der Verlust der biologischen Vielfalt ist laut dem Global Risks Reports des Weltwirtschaftsforums das drittgrösste Risiko auf globaler Ebene. Wie sieht denn eine Welt ohne Wildbienen aus? Einstein hat mal gesagt, dass wenn die Bienen gehen, wir ihnen nach vier Jahren folgen werden. Studien (Anm. d. Red.: IPBES-Bericht von 2016) zeigen, dass dies zwar nicht ganz der Wahrheit entspricht, doch die Welt wird blasser. Die ganze Pflanzendiversität ist auf Bestäuber angewiesen – und das ist die Aufgabe der Bienen. Die Pflanzen und ihre Samen wiederum sind Nahrung für Vögel und viele andere Tiere. Ohne Bienen hätte das einen grossen Einfluss auf ein funktionierendes Ökosystem, welches uns sauberes Trinkwasser, einen fruchtbaren Boden und vieles mehr bietet. Manuelle Bestäubung und Roboter-Bienen sind nur für reiche Länder, mit billigen Arbeitskräften eine Option. Hochqualifizierte Nahrungsmittel wie Früchte und Gemüse würden weniger und teurer werden. Das würde dazu führen, dass viele Menschen an Mangelernährung leiden. Die Menschen würden zwar nicht aussterben, aber es hat einen Einfluss auf uns alle. Gibt es auch Entwicklungen, die dich optimistisch für die Zukunft stimmen? In den letzten 10 bis 15 Jahren hat sich beispielsweise mit den Klimaprotesten und dem Schutz der Weltmeere vieles bewegt. Und der Begriff Biodiversität ist in der Gesellschaft angekommen. Zudem habe ich erlebt, dass wenn man eine Fläche aufwertet und aus einer grünen Wiese eine Blumenweise macht, es schnell geht, bis die Bienen wiederkommen. Das stimmt mich positiv, dass wir den Verlust der Biodiversität aufhalten können. Mehr Wissenswertes über Bienen Das grosse Summen: Welche Bienenarten in der Schweiz leben So helfen Sie gefährdeten Wildbienen im Garten und auf dem Balkon Was ein gutes Bienenhotel ausmacht und wie du es selber baust 18 bienenfreundliche Pflanzen für Garten und Balkon Das grosse Summen: Welche Bienenarten in der Schweiz leben So helfen Sie gefährdeten Wildbienen im Garten und auf dem Balkon Was ein gutes Bienenhotel ausmacht und wie du es selber baust 18 bienenfreundliche Pflanzen für Garten und Balkon Mehr Interviews Dorinda Phillips: «Scheut nicht davor zurück, hohe Ziele zu setzen» Thomas Crowther: «Gesunde Artenvielfalt muss sich wieder lohnen» 8 clevere Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Badezimmer Züri rännt: «Ploggen allein löst die Litteringproblematik nicht» Marco Sonderegger: «Für eine Schwammstadt braucht es Toleranz» Accenture Schweiz: «Viele Grossfirmen haben weiterhin kein Netto-Null-Ziel» Jobs for Future: «Wir können in jedem Beruf Einfluss nehmen» Raffael Ayé: «Die Schweiz wird beim Naturschutz abgehängt» KlimaSeniorinnen: «Wir können endlich etwas bewegen» Urs Niggli: «Ernährungssicherheit kann nur mit KI garantiert werden» Too Good To Go: «Die meisten Lebensmittel würden im Müll landen» David Bittner: «Müssen uns an neue Fischarten gewöhnen» Stephan Wüthrich: «Die Baubranche muss mutiger werden» Hansjörg Ladurner: «In der Küche ist viel Wissen verloren gegangen» Jan Bieser: «KI kann Fluch oder Segen für den Klimaschutz sein» Marie Seidel: «Fühlte mich noch nie so sehr am richtigen Platz» Louis Palmer: «Die Medizin für unsere kranke Welt wäre vorhanden» Auto-Schweiz: «Wir alle wollen weg von fossilen Brennstoffen» Lisa Halter: «Was gesund ist, ist auch nachhaltig» Mathias Plüss: «Umweltschutz macht glücklich!» Dorinda Phillips: «Scheut nicht davor zurück, hohe Ziele zu setzen» Thomas Crowther: «Gesunde Artenvielfalt muss sich wieder lohnen» 8 clevere Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Badezimmer Züri rännt: «Ploggen allein löst die Litteringproblematik nicht» Marco Sonderegger: «Für eine Schwammstadt braucht es Toleranz» Accenture Schweiz: «Viele Grossfirmen haben weiterhin kein Netto-Null-Ziel» Jobs for Future: «Wir können in jedem Beruf Einfluss nehmen» Raffael Ayé: «Die Schweiz wird beim Naturschutz abgehängt» KlimaSeniorinnen: «Wir können endlich etwas bewegen» Urs Niggli: «Ernährungssicherheit kann nur mit KI garantiert werden» Too Good To Go: «Die meisten Lebensmittel würden im Müll landen» David Bittner: «Müssen uns an neue Fischarten gewöhnen» Stephan Wüthrich: «Die Baubranche muss mutiger werden» Hansjörg Ladurner: «In der Küche ist viel Wissen verloren gegangen» Jan Bieser: «KI kann Fluch oder Segen für den Klimaschutz sein» Marie Seidel: «Fühlte mich noch nie so sehr am richtigen Platz» Louis Palmer: «Die Medizin für unsere kranke Welt wäre vorhanden» Auto-Schweiz: «Wir alle wollen weg von fossilen Brennstoffen» Lisa Halter: «Was gesund ist, ist auch nachhaltig» Mathias Plüss: «Umweltschutz macht glücklich!»