Nachhaltiger Fisch: Bio-Fisch frisch auf den Tisch

Immer mehr Verbraucher kaufen heimischen Biofisch. Doch gibt es nur acht Bio-Fischzuchten, in denen Forellen und Saiblinge gesund und munter in Naturbecken schwimmen. Die Bewegungsfreiheit und Wasserqualität zahlen sich aus: Das Fleisch nachhaltiger Fische ist fester, unbelastet und geschmackvoller.

Bio-Fisch gewinnt in der Schweiz an Beliebtheit.
Heimischer Bio-Fisch wird bei den Verbrauchern immer beliebter. Foto: BrasilNut1, iStock, Thinkstock

Der Fisch schwimmt, der Mensch läuft. August Nadler läuft jeden Tag mindestens zehn Kilometer entlang seiner Langstromkanäle in Aarau Rohr. In dieser vorwiegend natürlichen Anlage schwimmen mehrere tausend Forellen und Bachsaiblinge – auf insgesamt 1200 Metern verteilt. «In unserem Giessener Quellwasser tummeln sich aber nur maximal 20 Kilogramm Fisch auf 1000 Liter. Die Trinkwasserqualität bietet natürliche und gesunde Lebensbedingungen für die Bio-Fische. Bereits vor der Zertifizierung führten wir eine naturnahe Zucht. An sich ist unsere Arbeit durch die Bio-Knospe nicht schwieriger geworden – es gibt nur mehr zu tun», erzählt der Bio-Fischzüchter. So stehen neben detaillierten Aufzeichnungen auch Arbeiten wie Gras mähen und die aufwändige Reinigung der Naturbecken auf der Tagesordnung.

Bio-Fischzucht: Tieren und Konsumenten geht’s gut

Der 1901 gegründete Betrieb legte von Anfang an grössten Wert auf eine fischgerechte Produktion. «Unsere Bio-Fische leben artgerecht, weil sie ausreichend Platz zum Schwimmen und sogar Rückzugsorte haben. Wir mästen unsere Tiere nicht, zumal sie wegen des geringen Wassertemperatur weniger fressen und langsamer, also mindestens 18 Monate lang, heranwachsen,» erklärt August Nadler. Sie leben mindestens Zwei Drittel ihres Lebens in den Naturbecken. Die Bewegungsfreiheit lässt nicht nur das Fleisch fest werden, sondern reduziert auch den Stress für die Tiere. Dadurch sind die Bioforellen und Biosaiblinge gesünder sowie widerstandsfähiger. Das Bio Suisse Reglement erlaubt im eventuellen Krankheitsfall die Behandlung mit Antibiotikum. So müssen die Tiere nicht leiden. Dies geschieht jedoch ausschliesslich unter tierärztlicher Kontrolle. Darüber hinaus sind die Bio-Fischzüchter verpflichtet, nach dem Absetzen der Medikamente mit dem Verkauf zu warten – doppelt so lange, wie es in einem konventionellen Betrieb üblich ist. Die Bio-Fische haben so ausreichend Zeit, die Medikamente vollständig abzubauen, sodass diese nicht auf Schweizer Tellern landen.

Alles Bio(fisch)

Die Bio-Forellen und Bio-Saiblinge sind Raubfische und erhalten deshalb Tiermehl aus nachhaltiger Fischerei. Damit trägt die ökologische Aquakultur nicht zur Überfischung der Meere bei. Bio Suisse entwickelte bereits vor elf Jahren gemeinsam mit Experten die Bio-Richtlinien. Diese betreffen ausschliesslich Zuchtfische, da sich Wildfang nicht zertifizieren lässt. Grundlegend sind der Verzicht auf Hormone und Wachstumspräparate, die Betäubung vor dem Schlachten und die unabhängigen Kontrollen. Wie auch in der Bio-Landwirtschaft werden bei der ökologischen Aquakultur Ausgleichsflächen gefordert. Im dichten Schilf, auf dem Gelände von August Nadler, trifft man täglich viele Vögel. «Sehr häufig sehe ich Eisvögel und Graureiher. Ich sage gern, dass sind hervorragende Kunden, aber schlechte Zahler. Doch zeigen sie, dass unsere ökologische Aquakultur gut funktioniert, was sich auch an der stetig grösser werdenden, zahlenden Kundschaft zeigt. Zudem produzieren wir nicht nur Bio, wir selber kaufen auch primär Bioprodukte ein. Für uns ist Tierschutz und gesunde Ernährung ein fester Bestandteil in unserem Alltag.»

Bachforelle zurück in heimische Flüsse

Die scheue Bachforelle versteckt sich nicht vor neugierigen Blicken. Sie ist wie andere 33 Schweizer Fischarten vom Aussterben gefährdet. In den letzten zwanzig Jahren halbierte sich ihr Bestand. Sinkende Wasserqualität, wechselnde Wasserstände und Krankheiten machen dem Raubfisch das Leben schwer. Inzwischen wird über Revitalisierungsmassnahmen neuer Lebensraum zurück gewonnen. Einen anderen Weg geht August Nadler. Er züchtet Bio-Bachforellen nicht nur zum Verzehr, sondern auch als Besatzfische. Kantone und Pächter kaufen diese im Herbst und setzen sie anschliessend in regionalen Bächen aus. Damit verhindert man wirkungsvoll, dass die Fische aussterben.

Das Fleisch von Bio-Fisch ist fester und geschmackvoller.

Das Fleisch von nachhaltig gezüchtetem Fisch ist fester und schmeckt besser. Foto: Elena Gaak, iStock, Thinkstock

Die meisten Schweizer Verbraucher vertrauen heimischen Lebensmitteln, bestätigt eine Studie der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) und Coop. Besonders bei Fisch achten sie auf Sicherheit. Ein Grund, warum sie immer häufiger zu nachhaltigen Fischen greifen. Den positiven Trend bestätigen sowohl die drei befragten Fischzuchten als auch Andreas Stamer, Experte bei FIBL. «Das Interesse in der Schweiz ist zunehmend gross. Die Produktion in der Schweiz kann mit der Nachfrage nicht Schritt halten. Der Einzelhandel wäre sehr an weiteren, vor allem exotischen Arten in Bioqualität interessiert.» Dafür müssten mehr Zuchtbetriebe umstellen - jedoch können nur wenige Betriebe die hohen Anforderungen erfüllen. Weitere Hürden sind u.a. die maximale Besatzdichte, die anfallenden Inspektionskosten und das Einrichten von Kompensationsflächen. Kaum Anreiz bieten die zusätzlichen Einnahmen, weil die Preise für konventionelle Fische entsprechend gut sind.

Probleme der konventionellen Aquakultur

Auf den ersten Blick scheint die herkömmliche Aquakultur eine nachhaltige Alternative zum Fischfang. Doch bei genauerer Betrachtung bringen Fischfarmen einige Probleme mit sich. Dort leben die Tiere auf engsten Raum. Das dichtgedrängte Leben widerspricht der artgerechten Tierhaltung. Statt die Ozeane zu entlasten, verschlimmert das Mästen mit konventionellen Fischmehl die Überfischung der Meere. Die wenige Bewegung und das schnelle Wachstum lässt zudem das Fleisch schwammig werden. Weitere Kritikpunkte sind die Gewässerverschmutzung und dass Massenausbrüche das Gleichgewicht der Natur aus dem Lot bringen.

Wo kann man nachhaltige Fische einkaufen?

Bisher gibt es acht mit der Bio Knospe-Gütesiegel zertifizierten Betriebe. Gemäss Bio-Suisse produzierten sieben davon knapp 300 Tonnen Biofisch (Bio aktuell). Das ist jedoch nur ein Bruchteil des gesamten Konsums. Herr und Frau Schweizer assen 2009 mehr als 71.000 Tonnen Fisch. Grossabnehmer für nachhaltigen Fisch sind Schweizer Supermärkte. Rund die Hälfte verkauft Coop. Die Kette unterstützte den Ausbau ökologischer Fischzuchten von Anfang an. Ferner wird die regionale Gastronomie beliefert und es findet ein Verkauf vor Ort oder über den Internetshop statt. Die guten Lebensbedingungen, die längere Lebenszeit und das biologische Futter rechtfertigen den etwas höheren Preis. Bei den Zuchten Nadler und Flückiger kosten die nachhaltigen Fische etwa zehn bis 20 Prozent mehr. Die Forellen im Blausee bleiben länger als ihre Bio-Artgenossen am Leben, da sie in ungewöhnlich kalten Naturseen, in 900 Meter Höhe, aufwachsen. Deshalb leben sie doppelt so lange wie konventionelle Fische, benötigen zwei Mal so viel Pflege und Futter - was letztlich den doppelt so hohen Verkaufspreis erklärt.

Adressen der ökologischen Aquakulturen in der Schweiz (Bio Suisse 2009):

  • Bio-Fischzucht Nadler AG, Aarau Rohr, Telefon: 062 822 33 70
  • Forellenzucht Blausee, Blausee/ BE, Telefon: 033 672 33 33
  • Forellenzucht Flückiger, Uerkheim, Telefon: 062 721 46 46
  • Pisciculture du Vieux-Moulin, L'Isle, Telefon: 021 864 52 72
  • Forellenhof, Knutwil, Telefon: 041 921 19 26
  • Forellenzucht, Bachs, Telefon/Fax: 044 858 09 07
  • ARIS Aquafood SA & Piscicoltura Pura, Soazza, Telefon: 091 831 14 13 / 076 563 04 10
  • New-Valfish SA, Bouveret, Telefon : 024 481 87 23

 

Andreas Stamer rät Verbrauchern, bei Wildfang stets auf das MSC-Siegel zu achten und bei Zuchtfisch vorzugsweise Bio zu kaufen. Lachs, Forellen, Karpfen und auch Pangasius sind in Bioqualität erhältlich. «Fische die sehr hohe Futteransprüche haben, sollte man nicht kaufen,» erklärt der FIBL-Experte.«Das betrifft z.B. Thun aus der Aquakultur, marine Barscharten wie Red Snapper und Baramundi. Generell gilt: Wir sollten uns von der Empfehlung ‚zwei mal pro Woche Fisch’ verabschieden und bewusst einmal im Monat eine (Bio)-Fischmahlzeit geniessen.»

Linktipps:

  •  PDF von Bio Knospe zertifizierten Bio-Fischzuchten
  • Fischzucht Blausee – Fischzucht für Biofische im Berner Oberland

 

Quellen: BAFU, FIBL, Bio Suisse, Fischzucht Nadler Blausee, Fischzucht Flückinger, WWF Schweiz, LID, Bio aktuell, Fischnetz.ch Coop, ETHZ

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