Gefährliche Weichmacher: Wo sie vorkommen und wie man sie umgeht

Verbraucher können Weichmachern im Alltag nicht ausweichen, denn die Umwelthormone sind in vielen Kunststoffprodukten enthalten. Doch diese Stoffe hinterlassen ihre Spuren im menschlichen Körper. Phthalate stehen unter Verdacht, krebserregend zu sein und Männer unfruchtbar werden zu lassen.  

Gefährliche Weichmacher lauern überall. In Verpackungen, Kabeln, Kinderspielzeug und sogar in Tabletten.
Gefährliche Weichmacher lauern überall. In Verpackungen, Kabeln, Kinderspielzeug und sogar in Tabletten. Foto: © iStock/thinkstockphotos.com

Von morgens bis abends ist man von Weichmachern umgeben. Alltagsgegenstände wie Duschvorhänge, Lebensmittelverpackungen, Teppichbeläge oder Kinderspielzeug bestehen aus Kunststoffen, in denen sich die so genannten Umwelthormone verstecken. Phthalate gehören zu den wichtigsten Weichmachern in der Kunststoffproduktion. Man nimmt die löslichen Stoffe über die Luft, über die Haut und mit dem Essen zu sich. Obwohl sie nützlich sind, können unerwünschte Nebeneffekte auftreten. Der Weichmacher-Cocktail sammelt sich im Körper an und kann für Tiere sowie Menschen gesundheitliche Folgen haben.

Losgelöst: von der Verpackung in den Körper

Um Stoffe elastischer, geschmeidiger und dehnbar zu gestalten, setzt man Weichmacher ein. Diese  sind für die Herstellung von Klebstoffen, Lacken, Kabeln, Medizinprodukten und auch bei der Textilveredelung wichtig. Problematisch ist, dass die Chemikalien ausdünsten, abgerieben oder mit Wasser und Fett ausgewaschen werden können. Kantonale Labore wiesen Weichmacher in fetthaltigen Nudelsossen und Pesto nach, die über die Deckeldichtungen in die Lebensmittel gelangten. Die Stoffe können auch in Papp-Lebensmittelverpackungen vorkommen. Klebstoffe und Druckfarben enthalten Di-isobutylphthalat (DiBP), die sich dann im rezyklierten Papier wiederfinden.

Wirkung: Sind Weichmacher gefährlich?

Die Einnahme einer grösseren Menge an Weichmacher ist ein Gesundheitsrisiko. Diese stehen unter Verdacht, Fettleibigkeit und Diabetes zu fördern, warnt die Umweltorganisation Bund. Bis heute ist noch nicht endgültig geklärt, wie der alltägliche Cocktail von unterschiedlichen Weichmachern auf den Menschen wirkt. Man vermutet, dass die Stoffe krebserregend sind, Frühgeburten auslösen und Nieren sowie Fortpflanzung schädigen können, da die Chemikalien hormonähnlich wirken. Insbesondere Schwangere, Neugeborene und Kinder reagieren sensibel auf das bekannte Phthalat DEHP (Diethylhextylphthalate).Um mögliche Risiken zu reduzieren, sind Weichmacher in Spielzeugen für Kinder unter drei Jahren, in kunststoffbeschichteten Verpackungen und Kosmetika schweizweit verboten. Deshalb bestehen Frischhaltefolie nun aus Polyethylen, ein Kunststoff, der ohne Weichmacher auskommt. Ungeachtet dessen das neue Materialien eingesetzt werden, sind Phthalate inzwischen bei fast jedem Menschen nachweisbar.

Weichmacher in Lebensmitteln

Wer sich ausgewogen ernährt, isst normalerweise gesund. Doch eine Studie der ETH Zürich aus dem Jahre 2009 beweist, dass man sich damit nicht vor Phthalaten schützen kann. Wie diese Stoffe tatsächlich ins Essen gelangen, ist schwer festzustellen. Die Forscher vermuten, dass diese von Förderbänder oder Verpackungen herrühren. Zudem verglichen sie unterschiedliche Essgewohnheiten miteinander. Es zeigte sich, dass Schweizer mit einer bewussten und gesunden Ernährungsweise die meisten Phthalate zu sich nehmen. Man fand hingegen die niedrigste Konzentration bei denjenigen, die sich passiv und eher planlos verpflegen. Obwohl sich jede Gruppe hinsichtlich der Weichmacher noch im «grünen Bereich» aufhielt, verdeutlicht die Studie, wie wichtig Lebensmittelkontrollen sind. Trotz dieser Ergebnisse sollten Schweizer Verbraucher weiterhin auf die eigene Gesundheit achten und versuchen, sich ausgewogen zu ernähren.

Spielzeuge aus PVC tragen oft den Weichmacher in sich.

Spielzeuge aus PVC tragen oft den Weichmacher in sich. Foto: © Hemera/thinkstockphotos.com

Weichmacher in Kinderspielzeug

Kinder sind Vielspieler. Sie verbringen durchschnittlich 15.000 Stunden mit Kinderspielzeug. Insbesondere Kleinkinder erkunden Teddy & Co mit dem Mund. Öko-Test untersuchte deshalb Beissringe, die nur teilweise speichel- und schweissecht waren. In einem fand man sogar Phtalate. Auch einige Modelle von Kinder-Stoppersocken waren mit dem gesundheitsschädigenden Weichmacher DEHP belastet. Deshalb raten Experten, neue Spielwaren im Freien zu lüften und Stofftiere vor dem Gebrauch zu waschen. Zudem sollt man kein billiges Kinderspielzeug kaufen, das aus Weichkunststoffen besteht oder chemisch oder parfümiert riecht. Weich-PVC erkennt man häufig auch am Recyclingcode «03» oder am aufgedruckten «PVC»-Schriftzug. Gummitiere oder aufblasbare Wasserbälle enthalten neben Weichmachern oftmals noch andere Schadstoffe und sind nicht zu empfehlen. Unlackierte Vollholzartikel bieten hingegen risikofreien Spielspass. Orientierung geben verschiedene Labels: GS-Zeichen, spielgut, der blaue Engel (textil- und Holzspielzeug) und das Öko-Tex-100-Siegel. Weitere Informationen geben Verbrauchermagazine Saldo, Öko-Test und Stiftung Warentest.

PET-Flasche ohne Weichmacher

PET-Flaschen werden ohne Weichmacher produziert, doch können die Stoffe bei der Flaschenherstellung oder beim Abfüllen hineingelangen. Dem gingen die Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) nach. Sie fanden zwar Weichmacher, doch nur in «äusserst geringen Mengen». Die  Konzentrationen lag weit unter den Grenzwerten für Trinkwasser, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt. Deutsche Forscher der Frankfurter Universität wiesen in getesteten Mineralwassermarken Umwelthormone nach. Sie vermuteten, dass die östrogenen Stoffe teilweise aus den PET-Flaschen austraten. Das konnte das Bundesamt für Gesundheit (BAG)  nicht bestätigen. Man liess 31 beliebte Mineralwässer auf Umwelthormone prüfen. Die Hälfte der Mineralwässer enthielt Weichmacher unterhalb der Grenzwerte, sodass aus Sicht des BAG keine gesundheitlichen Risiken für Schweizer Verbraucher bestehen.

Label

Wer sicher gehen möchte, sollte auf Gütesiegel und Öko-Label achten. Naturemade plus hilft, Baumaterialien ohne Schadstoffe und Weichmacher zu finden. Der Blaue Engel steht für emmisionsarme Produkte, was ein Minimum an Weichmachern miteinschliesst. Ferner sollte man auf Hinweise wie «phthalat-frei» ein Auge haben. Auch im Kleiderschrank verstecken sich Weichmacher, die man mit Hilfe des Öko-Tex-100-Siegeles und durch unbehandelte Bio-Mode umgeht. Wer zudem auf Kunststoffgefässe verzichtet und Glasverpackungen bevorzugt, kann den «Weichmacher-Konsum» ein wenig einschränken.

Links zum Thema Weichmacher:

  • ETHZ Studie - Weichmacher trotz ausgewogener Ernährung.
  • Phthalate  und hormonaktive Chemikalien - BAG informiert über Weichmacher.
  • Übersicht Kunststoffe im Alltag  - Global 2000 bietet eine Übersicht über alle Kunststoffe.
 

Quellen: BAG, ETHZ, Empa, WWF Schweiz, Kantonale Laboratorien der Schweiz, BfR saldo 20/2005, Umweltbundesamt, K-Tipp, Öko-Test 2012/1, BUND,  idw, WEFC  

Publiziert: 17.04.2012

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