LOHAS: Klimaschützer oder Umweltsünder mit grünem Anstrich?

Lifestyle of Health and Sustainability (LOHAS) steht für bewussten Konsum. Doch LOHAS schalten bei der Konsumfreudigkeit keinen Gang herunter und geniessen das Bio-Leben in vollen Zügen. Inzwischen werden LOHAS kritisiert, weil sie mehr von Genussfreude statt von Verzicht gelenkt sind.

LOHAS kaufen viel ein.
LOHAS leben genussvoll und «grün». Foto: © Ammentorp Photography / iStock / Thinkstock

LOHAS konsumieren ohne Reue: Sie verbinden das persönliche Wohlbefinden mit «grünen« Werten. Damit schaffen sie einen nachhaltigen und gesunden Lebensstil (Lifestyle of Health and Sustainability), bei dem auch Genuss und Lebensfreude nicht zu kurz kommen. Das schliesst alle Lebensbereiche ein, wie beispielsweise Ernährung, Bekleidung, Mobilität, Reisen, Sport und Technologien. Die modernen Verbraucher sind in dem Sinne keine Ökos. Sie kaufen zwar ethisch, umwelt- und sozialverträglich ein, doch wollen sie weder auf Flugreisen in ferne Länder, hohen Fleischkonsum noch auf Bio-Spargel aus Übersee verzichten. Diese Widersprüche rufen auch Kritiker auf den Plan. Diese bezweifeln, dass bewusster Konsum die Welt einfach retten kann.

Seit bereits mehr als zwölf Jahren beobachtet man diese neue Generation an Verbrauchern. Inzwischen sind LOHAS ein Massenphänomen, die sich in fast allen Bevölkerungsschichten finden. Menschen, die Lifestyle of Health and Sustainability praktizieren, sind gebildet und verdienen gut. Diese können sich den teuren, ethisch und ökologisch korrekten Lebensstil auch leisten. Studien beschreiben sie als gut informiert, optimistisch, mobil, global denkend, technikaffin und weniger politisch motiviert. Mit bewusstem Konsum wollen sie einen individuellen Beitrag für mehr Umweltschutz leisten, doch sind sie keine Umweltaktivisten. LOHAS sehen im nachhaltigen Kaufverhalten die Lösung vieler sozialer und ökologischer Probleme. Deshalb kaufen sie gerne und viel ein. Für zertifizierte Bio- und Fair Trade-Produkte bezahlen sie bevorzugt mehr und geniessen die eigene Lebensqualität uneingeschränkt weiter. Nur in einem Fall verzichten LOHAS bewusst: Wenn die Güter etwa durch Kinderarbeit entstanden sind oder deren Herstellung die Umwelt belastet.

LOHAS Lifestyle: In Bio top - in anderen Lebenssituationen flop

Schweizer waren bereits 2008 Weltmeister im Bioeinkauf, bestätigt der Konsum Report. Doch gleichzeitig stiegen die Ansprüche an Wohnraum, Energie und Ernährung mit an. Dieser Mehrkonsum hob die positiven Umwelteffekte wieder auf. Dieses Ergebnis zeigt, dass sich viele Verbraucher nicht der Auswirkungen ihrer Konsumhandlungen im Klaren sind. Zwar bezeichnen sich viele LOHAS als gut informiert, doch scheint es noch Aufklärungsbedarf zu geben. Das bestätigte auch eine Umfrage von Ernst & Young. Drei Viertel der Schweizer setzen «Bio» mit Gesundheit, gesunder Ernährung und artgerechter Tierhaltung gleich. Hingegen waren CO2-Ausstoss, Transportwege oder der Verzicht von Pestiziden kein Thema. Können LOHAS bewusst konsumieren ohne umfassend informiert zu sein? Beim intelligenten Einkauf geht es letztlich um ökologische Verantwortung - und weniger um die typischen LOHAS-Motive wie Genuss und die eigene Gesundheit. Wer saisongerecht und regional einkaufen möchte, muss wissen, wann Gemüse und Obst in der Heimat wachsen. Das heisst, wer Bio-Spargel aus Peru im Winter kauft, schützt trotz Bio-Label nicht das Klima.

Für die Nachhaltigkeit gilt generell: lieber grün als viel kaufen.

LOHAS kaufen zwar «grün», aber sie kaufen auch viel, und nicht immer ist das nachhaltig. Foto: © Horsche / iStock / Thinkstock

Insbesondere gut Verdienende reisen gerne und viel. Um die Welt zu sehen, steigen sie bevorzugt ins Flugzeug. Doch allein hundert Flugkilometer verursachen etwa 32 Kilogramm CO2. Bei einer Bahnfahrt kommen hingegen nur sechs Kilogramm CO2 zusammen. Ferne Ziele können LOHAS jedoch nur mit dem Flugzeug erreichen. Deshalb zahlen sie freiwillig einen Klimazuschlag und kaufen sich in dem Sinne frei. Da sie das Geld ausgeben können, tut die CO2-Kompensation weniger weh, als auf das Reisen ganz zu verzichten. Diese Kritik am LOHAS Lifestyle setzt sich durchgängig fort: Warum sollte man mit dem Geldbeutel die Welt verbessern können? Ist es LOHAS möglich, Unternehmen durch Kaufentscheidungen zu nachhaltiger Produktion zu bewegen? Die Firmen reagieren häufig nur mit der passenden Kommunikationspolitik und verpassen sich einen grünen Anstrich. Dadurch schaffen sie positive Erlebniswelten für die Konsumenten. Wer bestimmtes Tafelwasser kauft, unterstützt soziale Projekte in Afrika. Viele Unternehmen geben sich ein ökologisch-ethisch einwandfreies Auftreten, das von LOHAS oft nicht hinterfragt wird. Dem so genannten Greenwashing begegnen Medien und unabhängige Organisationen mit mehr Information. In Berichten und Aufklärungskampagnen zeigen diese die Lebens- und Herstellungsbedingungen vor Ort und geben Öko-Tipps für den Alltag. Doch eine DBU-Studie zeigt, dass die Zielgruppe inzwischen gegen zu viel Aufklärung immun ist.

Die LOHAS-Studie, die 2008 von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Auftrag gegeben wurde, beschreibt Ökokonsumenten als konservativ, markenbewusst, naturromantisch, unpolitisch, ästhetisch, anspruchsvoll, näheorientiert und ichbezogen. Statt eines Öko-Trendsetter zeigt sich ein Normalo. Dieser möchte weder verzichten noch sich politisch engagieren. Ihm liegt es fern, eine Petition gegen Gen-Mais zu unterschreiben. Diese Verbrauchergruppe möchte mit wenig Aufwand möglichst viel Umweltschutz erreichen.

Wertewandel durch LOHAS-Lifestyle - doch fehlt die tiefgehende Gewohnheitsänderung

Trotz aller Kritik, haben LOHAS erreicht, dass das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde ist und sich gesellschaftlich ausbreitet. In dem Sinne leben sie anderen vor, dass man etwas für die Umwelt tun kann, ohne sein Leben komplett umzukrempeln. So sind die neuen Ökos zwar umweltbewusst, aber noch lange keine Klimaschützer. Doch für die Zukunft reicht bewusster Konsum nicht aus. Letztlich hilft nur ein sich ändernder Lebensstil - wie z.B. geringerer Fleischkonsum, weniger Autofahren und energieeffizientes Bauen.

Linktipps

  • Nachhaltiger Alltag - Der WWF Schweiz informiert über kleine Gewohnheitsänderungen im Alltag kann.
  • Öko-Tipps - nachhaltigleben gibt zehn Tipps für bewussten Konsum.

Quellen :Ernst & Young, Konsum Report Schweiz, Universität St. Gallen, Lohas.de, Burda Greenstyle Report, Stratum GmbH, bmvit Text: Kerstin Borowiak

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