Daniel Bärtschi: «Ich fordere vom Bund einen Aktionsplan Bio»

Daniel Bärtschi ist Geschäftsführer von Bio Suisse. Im Interview mit nachhaltigleben.ch erklärt er, warum Nachhaltigkeit für ihn schon seit der Kindheit eine Selbstverständlichkeit ist. Ausserdem spricht er über seine Forderung an den Bund, mit einem Aktionsplan Bio in der Landwirtschaft eine nachhaltige Produktion zu fördern.

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Geschäftsführer von Bio Suisse, Daniel Bärtschi, Foto: privat

Seit fast einem Jahr ist Daniel Bärtschi Geschäftsführer von Bio Suisse. Bio Suisse ist der Dachverband aller Knospe-Betriebe und fördert in seiner Funktion die Entwicklung des Bio-Landbaus und der Knospe-Marke. Die Knospe-Marke garantiert die Einhaltung der Bio Suisse Richtlinien. Produzenten, Händler und Verteiler werden mit der Knospe ausgezeichnet, wenn sie Produkte aus biologischem ökologischem Anbau erzeugen, verarbeiten oder verkaufen. Damit kehrte Daniel Bärtschi zu seinen Wurzeln zurück, wuchs er doch auf einem Biobauernhof im Kanton Bern auf. Als Bub erlebte Daniel Bärtschi zusammen mit seinen Geschwistern auf dem elterlichen Hof im Emmental bereits früh, was Umstellung auf Bio bedeutete, und dies in einer Zeit, als Bio noch nicht die heutige Anerkennung genoss.

Die Vereinigung Schweizer Biolandbau-Organisationen wählte Bärtschi vor allem wegen seiner fachlichen Qualitäten zum Geschäftsführer von Bio Suisse. Dank seines Studiums zum Agronom und seiner beruflichen Tätigkeiten als Landwirt und als landwirtschaftlicher Berater sowie in leitender Funktion in der Entwicklungszusammenarbeit in der Schweiz, Deutschland, Nordkorea, Russland und Rumänien ist der 44-jährige bestens vertraut mit dem Biolandbau.

Herr Bärtschi, wer ist Ihr ökologisches Vorbild? Und was zeichnet dieses Vorbild für Sie aus?

Niklaus von Flüe hatte als Einsiedler in der Ranftschlucht sicherlich einen kleinen ökologischen Fussabdruck. Wenn er heute noch leben würde, wäre er ein Vorreiter für die Nachhaltigkeit. Mich beeindruckt, wie er Einfluss auf die Politik nahm, ohne sich in den Vordergrund zu stellen. Als Geschäftsführer von Bio Suisse möchte ich den Biobauernfamilien eine bessere Zukunft ermöglichen – zum Nutzen aller. Aus neuerer Zeit beindruckt mich Hansrudolf Herren, denn er hat mit der Natur und nicht gegen die Natur geforscht und Lösungen für Kleinbauern erarbeitet. Beide haben auch Widerstände erlebt, sind aber trotzdem ihren Weg gegangen. Das passt zu mir.

Wie stark hat die in den letzten Jahren zunehmende Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit Ihr Leben verändert?

Da ich auf einem Biobauernhof aufgewachsen bin, war es für mich nie eine Frage, dass Nachhaltigkeit wichtig ist. Allerdings hat mich meine Partnerin durch ihr Vorbild motiviert, über die Ernährung hinaus auch in anderen Bereichen nachhaltiger zu werden. Ich setze vermehrt natürliche Produkte über den Ernährungsbereich hinaus ein.

Was motiviert Sie, sich für Nachhaltigkeit einzusetzen?

Ich sehe uns in einer Verantwortung, den Planeten Erde sinnvoll zu verwalten, so dass unsere Nachfahren auch noch gut und mit genügend Ressourcen leben können. Es macht Freude zu sehen, dass man mit konkreten Schritten die Nachhaltigkeit verbessern kann, aber es gibt auch noch viel zu tun. Da sehe ich viel Spielraum für uns.

Wie verhält sich Ihre Familie, wenn es um Nachhaltigkeit geht? Gibt es diesbezüglich Diskussionen am Familientisch?

Als Vater zweier Teenager sind Diskussionen um Nachhaltigkeit gut möglich, ich sehe da auch gute Entwicklungen: Da beide ein GA besitzen, sind die Auto-Transportdienste zum Beispiel stark reduziert worden. Meine Partnerin und ich leben bewusst. Lebensmittel werden nur so viel wie nötig eingekauft, und wir essen wenig Fleisch. Der Genuss ist uns wichtig, aber das ist auch nachhaltig umsetzbar.

Für welche persönliche Öko-Sünde schämen Sie sich am meisten? Und warum begehen Sie diese trotzdem?

Als ehemaliger Leiter für internationale Programme einer Entwicklungsorganisation waren Reisen in ferne Länder beruflich notwendig. Flugreisen versuche ich nun wenn immer möglich zu vermeiden. Etwa einmal im Jahr bin ich aber auf einen Interkontinentalflug angewiesen.

Angenommen, eine nachhaltigere Gesellschaft wäre nur mit persönlichem Verzicht machbar. Auf was würden Sie verzichten?

Auf die Gewohnheit, im Winter einen auf 20 Grad geheizten Raum zu geniessen. Wärmere Kleidung finde ich ebenso bequem.

Was für ein nachhaltiges Produkt oder welche nachhaltige Dienstleistung würden Sie sich wünschen?

Es wäre schön, die zur Produktion von Lebensmitteln notwendige Menge Erdöl auf dem Produkt auszuzeichnen. So könnte sich der Konsument wirklich objektiv informieren und entscheiden, was er kauft. Dass damit Schweizer Bio-Produkte gut abschneiden, ist klar.

Was wäre Ihr dringendster Wunsch an die Politik zur Förderung einer nachhaltigeren Gesellschaft?

Der Bund sollte mit einem Aktionsplan Bio die Landwirtschaft dazu bringen, sich vermehrt auf eine nachhaltige Produktion auszurichten. Dazu sollte man den Heizenergieverbrauch aus Holz viel mehr unterstützen. Der jährliche Zuwachs in unseren Wäldern soll genutzt werden und Öl sowie Gas ersetzen.

Was planen Sie persönlich in den nächsten 2 Jahren, um eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen?

Als Geschäftsführer von Bio Suisse will ich mehr Bauern motivieren, auf Bio umzustellen. Dadurch wird der Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln weiter reduziert. Für die Konsumenten werde ich durch transparente Information über die vielen überzeugenden Vorteile des Biolandbaus weiter den Absatz der Knospe-Produkte fördern helfen.

Worin sehen Sie in den kommenden Jahren die grössten Herausforderungen für eine nachhaltige Entwicklung?

Die Finanz- und Führungskrise in der Wirtschaft erfordert neue Köpfe mit viel besser vernetztem Denken und hohen ethischen Grundsätzen. Es braucht gute und einfach umsetzbare technische Lösungen zur Reduktion des Ressourcenverschleisses, besonders in der Energiefrage.

Nachhaltige Lösungen haben oft ästhetische Beeinträchtigungen zur Folge, wie zum Beispiel Solarzellen im historischen Stadtbild. Wo sollte man die Grenze ziehen?

Alles wird nicht machbar sein, aber wer sagt denn, dass man nicht auch ästhetisch befriedigende Lösungen finden kann? Hier ist Kreativität gefordert.

Wem würden Sie selbst die letzten 11 Fragen gern stellen? Und warum?

Nationalrat Martin Bäumle, Präsident der Grünliberalen. Mich würde interessieren, was er sich von der kommenden Legislatur erhofft, und wie die Weichenstellungen in eine nachhaltigere Zukunft politisch festgelegt werden können.

 

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