Bio-Fisch: Welches Label überzeugt wirklich?

Fast jede Packung Tiefkühlfisch und jede Thunfischdose trägt ein Symbol, das zum guten Gewissen verleitet. Doch hinter den einzelnen Zertifizierungen befinden sich höchst unterschiedliche Richtlinien. Welches Label steht für was und wo steckt wirklich Bio-Fisch drin?

Welches Bio-Fisch-Label schneidet am besten ab?
Nicht alle Bio-Fisch-Label halten das, was sie versprechen. Foto: kabVisio, iStock, Thinkstock

Es gibt mehrere Gründe, bei Fisch auf Nachhaltigkeit zu achten: Den Schutz des Tieres an sich, sprich Fangmethoden, die möglichst kein Leid verursachen. Dabei gilt es auch zu verhindern, dass ungewollte Fischarten als «Beifang» im Netz landen. Denn auf diese Weise können zum Beispiel Meeresschildkröten qualvoll verenden. Eine andere Sache ist der Schutz des Bestandes (Stichwort: Einhaltung der Fangquoten). Und genau diese Vielschichtigkeit des Themas ist das Problem, denn die bekannten Bio-Fisch-Labels konzentrieren sich jeweils nur auf einen Teil der Aspekte.

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Aale leben in fliessenden und stehenden Süssgewässern in Europa, machen sich aber auf den langen Weg ins Meer, um zu laichen. Auf dem Rückweg werden sie meist in grossen Mengen an den Küsten gefangen.  Im Fischratgeber gilt der Aal als «grundsätzlich nicht empfohlen». Foto: © PeJo29 / iStock / Thinkstock

Aale leben in fliessenden und stehenden Süssgewässern in Europa, machen sich aber auf den langen Weg ins Meer, um zu laichen. Auf dem Rückweg werden sie meist in grossen Mengen an den Küsten gefangen.

Im Fischratgeber gilt der Aal als «grundsätzlich nicht empfohlen». Foto: © PeJo29 / iStock / Thinkstock

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MSC: Bekanntes Fisch-Label

Drei Buchstaben sieht man häufig auf den Packungen von Fischstäbchen & Co.: MSC bedeutet Marine Stewardship Council, was wiederum so viel heißt wie «Meeresverwaltungsrat». Neben dem WWF steht dahinter Unilever, der weltgrösste Produzent von Tiefkühlfisch. Die Produkte wie Pazifik-Lachs, britische Makrelen und westaustralische Langusten gibt es in der Schweiz zum Beispiel bei Migros und Coop.
Das MSC-Label gewährleistet eine Beschränkung der Fangmengen, wodurch sich die Fischbestände wieder erholen können. Damit soll es eine nachhaltige Fischerei fördern. «Eigentlich kein Anlass für ein Label, sondern eine Selbstverständlichkeit für jede Industrie, die sich den eigenen Ast nicht absägen will», findet Greenpeace Schweiz. Das MSC-Label schütze vielleicht die Art, nicht aber das Tier.

Im Klartext bedeutet das: Zwar konzentriert sich das Label darauf, die Bestände bestimmter Fischarten zu erhalten, die Fangmethoden indes sind grundsätzlich mit denen in der übrigen industriellen Fischerei zu vergleichen. Für MSC werden nicht einzelne Fischer oder Schiffe zertifiziert, sondern alle Fischereien einer ganzen Meeresregion und für bestimmte Fischarten. «Für den einzelnen Fisch ist es nicht angenehmer, in einem MSC-Netz hängen zu bleiben», bringen die Umweltschützer es auf den Punkt. Auch hier werde er in der Masse erdrückt, ersticke an Bord oder gerate noch halb lebend in die Filettiermaschine.

Delfin-Label: Thunfische als Beifang

Ähnlich missverstanden wird das gleichermaßen bekannte Fisch-Label «dolphin-safe». Laut Greenpeace schützt es zwar Delfine, nicht jedoch Thunfische. Die aber landen oft mit in den Netzen, weil sich Delfine an der Meeresoberfläche häufig über Thunfisch-Schwärmen tummeln. Als vermeintlich nutzloser Beifang werden sie tot oder verletzt wieder ins Meer geworfen. Immerhin hat die «dolphin-safe»-Kampagnen zu einer selektiveren Fischerei mit erheblich kleinerem Beifang geführt. Dennoch, heißt es in dem Bericht, setze auch dieses Label nicht bei den Ursachen der Zerstörung an, also bei der Logik der industriellen Fischerei, sondern versuche lediglich, deren Folgen zu mildern.

Bio-Fisch: Welches Label überzeugt wirklich?

Viele Labels versprechen einen fairen Fischfang. Aber inwieweit kann man sich darauf verlassen? Foto: Fedor Kondratenko, iStock, Thinkstock

Der Name ist Programm: «Fairness beim Fischessen» lautet das Ziel des Schweizer Vereins fair-fish. Er wurde im Jahr 2000 von Tierschutzorganisationen gegründete. Seine Richtlinien konzentrieren sich auf die Fangmethoden, um das Leiden der Tiere so gering wie möglich zu halten. Die Fische dürfen nur für kurze Zeit an der Angel oder im Netz hängen, müssen sofort betäubt und getötet werden. Durch faire Konditionen werden die Fischer zum Mitmachen angeregt. «Mit derart rücksichtsvollen Fangmethoden kann kein Gewässer leergefischt werden», lautet das Fazit von Greenpeace.

Fairer Bio-Fisch in der Schweiz

Informationen zu diesem Label gibt es unter www.fair-fish.ch. Die weltweit ersten Fischer, die nach den Richtlinien arbeiten, leben in Senegal. Seit Frühling 2006 liefern sie in die Schweiz.

Rücksichtsvolle Zucht bei Bio-Labels

Eine weitere Unklarheit, mit der aufzuräumen ist, betrifft die Definition von «Bio-Fisch». Nach Angaben der Umweltschutzorganisation stammen Bio-Fische stets aus Zuchtbetrieben. Logisch: Die in den Meeren lebenden Tiere sind per Se bio. Bei dieser Bezeichnung geht es also um die Zuchtmethode. Bio-Fischzüchter müssen, anders als ihre konventionellen Kollegen, entsprechende Richtlinien einhalten. Man spricht auch von «semi-intensiver Zucht». Dabei ist die Besatzdichte auf maximal 30 Kilogramm Fische pro Kubikmeter Wasser begrenzt. Bei der konventionellen Zucht hingegen sind 50 Kilogramm und weit mehr üblich. Auch die Anlagen sind artgerechter gestaltet, und der vorbeugende Einsatz von Antibiotika ist verboten. Bio-Fisch-Produkte wie Forelle und Lachs gibt es unter anderem bei Coop, Migros und www.biosuisse.ch.

Fazit: Abstriche bei jedem Bio-Fisch-Label

Je nach Label, gibt es durchaus einige Bemühungen für Nachhaltigkeit in der Fischerei, durch die sich die Produkte auf positive Weise von konventioneller Ware abheben. Doch den durch und durch nachhaltigen Fisch muss man offenbar suchen. Wie so oft bei Bio gilt: Hier kann man bislang lediglich Kompromisse eingehen – oder Vollvegetarier werden.

Text: Christine Lendt

Quellen: Greenpeace Schweiz, Bioaktuell, Biofischzucht Nadler

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