Tanja Grandits: Königin der Aromen und Gewürze
Sie ist die einzige Köchin der Deutschschweiz mit zwei Michelin Sternen: Tanja Grandits kocht gern regional und mit exotischen Gewürzen, scheinbare Gegensätze vereinen sich auf ihren Tellern. Heraus kommt Wellness für Gaumen, Körper und Seele.

Mit ihrer kreativen Aromenküche verlieh Tanja Grandits dem Stucki Basel eine neue kulinarische Note. Seit 2008 führt die Spitzenköchin das Gourmetrestaurant, zusammen mit ihrem Mann Renè Graf Grandits, der sich um das Wohl der Gäste kümmert. Die bisherige Resonanz kann sich sehen lassen: zwei Michelin Sterne und 17 Punkte im Gault Millau. Was ist ihr Geheimnis?
Regionale Produkte und edle Gewürze
Zum einen regionale Produkte. Sie sind für Tanja Grandits selbstverständlich. «Es schmeckt alles gleich viel besser, wenn die Grundzutaten saisonal sind und aus der näheren Umgebung stammen.»
Diese solide Basis verfeinert sie mit Geschmacksnoten aus aller Welt. «Ich arbeite unheimlich gern mit Kräutern und Gewürzen», erklärt die Sterne-Köchin, «Sie sind sehr wertvoll und geben den Speisen so einen speziellen, spannenden Touch.» Der Umgang mit ihnen erfordere grosse Sorgfalt, angefangen beim Einkaufen über die Lagerung bis hin zur Zubereitung. «Das gefällt mir und passt zu der Achtsamkeit, mit der wir hier arbeiten.»
Magie der Aromenküche
Aus Gegensätzen komponiert Tanja Grandits am Herd eine stimmige Melodie der Geschmacksrichtungen. Da trifft die Passionsfrucht auf Kreuzkümmel, vereinen sich Süsse und Schärfe, wird Vanillezander mit Gelbwurz und geröstetem Fenchelpürée kombiniert. Sie brät zum Beispiel Loup de mer mit Ajowan, richtet ihn mit Maiscrème und Grapefruitsalat an. Oder bereitet sesamglasiertes Rindsfilet mit Karotten-Zwiebelcrème, Süsskartoffelpüree und Safranbutter. Die Chefköchin lässt sich auch von der asiatischen Kochkunst und der arabischen Gewürzküche inspirieren. Lammhaxe schmort sie in Zimt, Tintenfisch brät sie in Honigsalz. «Es scheint als wären ihre Gerichte nicht in klassische Gänge einzuteilen, sondern in verschiedene Aromen», so das Fazit des Gourmet-Magazins «Chef-Sache».
Auch die alte Volksweisheit «Das Auge isst mit» hat für Tanja Grandits eine besondere Bedeutung. «Das ist ein ganz wesentlicher Punkt und hat viel mit Harmonie zu tun. Ich mag zum Beispiel gern runde Formen, bloss keine Ecken. Auch Farben haben so etwas wie einen Geschmack.» Aus diesem Grund hat bei ihr jeder Teller seine eigene Farbe, hinauf kommen ausschliesslich Speisen und Zutaten in verschiedenen Abstufungen. «Niemals würde ich Rot, Grün und Gelb zusammenmischen.» Farben, Gerüche und Geschmäcker verbindet sie nicht nur mit Gewürzen, sondern auch mit Situationen und Erlebnissen. Violett ist ihre Lieblingsfarbe. Während ihrer Zeit in der Provence lernte sie ihren Mann kennen und auch das Aroma des Lavendels lieben.

Eine Spezialität: Berglamm mit Wacholder-Gnocchi und Cassis-Artischocken an Veilchenlack. Foto: privat
Freude am Experimentieren
«Ich koche so, wie ich selbst am liebsten esse und entwickele die Dinge dann weiter», erklärt die gebürtige Schwäbin. Sie sieht es als Vorteil, nicht bei einem anderen grossen Sternekoch gelernt zu haben. «Vieles habe ich mir selbst beigebracht. So konnte ich meinen eigenen Stil finden.» Den Grundstock allerdings legte eine Kochlehre in der Traube Tonbach in ihrer Heimat Baiersbronn. Anschliessend sammelte Tanja Grandits Erfahrungen im Londoner Nobelhotel Claridge‘s sowie im Château de Montcaud in Bagnol-sur-Cèze, Südfrankreich. 2001 eröffnete sie mit ihrem Mann ein erstes eigenes Restaurant im thurgauischen Eschikofen. 2006 wurde sie vom Restaurantführer Gault Millau zur «Köchin des Jahres» gewählt. Als für das legendäre Stucki-Bruderholz in Basel ein neuer Pächter gesucht wurde, musste Tanja Grandits nicht zweimal überlegen. Mit Ehemann René und Töchterchen Emma siedelte sie an den Rhein um.
Aufgewachsen in Albstadt auf der Schwäbischen Alb, hatte sich Tanja Grandits zunächst für ein Chemiestudium entschieden. «Dann aber wollte ich lieber mit den Händen arbeiten, etwas kreieren. Auch der Genuss war mir wichtig.» Und doch, so weit liegen die beiden Berufsziele gar nicht voneinander entfernt. «Kochen ist auch Chemie und Physik. Es hat auch viel mit Experimentieren zu tun, und laufend finden Umwandlungen statt.» So profitiert sie davon zu wissen, welche Reaktionen zum Beispiel beim Anbraten ablaufen.
Nachhaltigkeit und Charity-Projekte
Auch bei Fleisch und Fisch achten Tanja Grandits und ihr Team auf ökologische Aspekte. «Man muss auch über den Tellerrand schauen und gute Produkte verarbeiten. Wir verwenden keine Fischarten, die vom Aussterben bedroht sind und legen grossen Wert auf Nachhaltigkeit.» Auch auf anderer Ebene engagiert sich die Kochkünstlerin. Sie initiierte die Charity Gala «Schweizer Spitzenköche für Afrika». Darin verraten 20 der besten Köche der Schweiz ihre liebsten Rezepte. Der Reinerlös des Buches kommt der Stiftung von Karlheinz Böhm «Menschen für Menschen» in Äthiopien zugute.
Interview: Christine Lendt