Nachhaltigkeit in Unternehmen als Chance statt Bürde

Nachhaltigkeit wird in Unternehmen oft als zusätzliche Belastung angesehen. Doch die freiwillige Minderung von CO2-Emissionen bietet für die Firmen viele Chancen. So können Schweizer Unternehmer vom Klimaschutz profitieren.

Nachhaltigkeit in Unternehmen kann eine Chance sein. So profitieren Firmen von der freiwilligen Minderung ihrer CO2-Emissionen.
Von freiwilligen Minderungen der CO2-Emissionen können Unternehmen und Natur profitieren. Foto: roman023 / iStock / Thinkstock
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Über die internationalen Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls hinaus gibt es noch den Bereich der freiwilligen Klimaschutzmassnahmen, der für Unternehmen ein vielversprechendes Potenzial birgt. Im Rahmen des global tätigen Carbon Disclosure Project (www.ethosfund.ch) werden beispielsweise jährlich auch die 100 grössten Schweizer Firmen zu ihren Emissionssenkungsmassnahmen und Klimaschutzstrategien befragt. Die Antworten der Firmen werden veröffentlicht - und so werden CO2-Fussabdruck und Klimastrategie zunehmend wichtigere Indizien in der Bewertung durch Investoren wie Konsumenten. Auch im Bereich des freiwilligen Klimaschutzes stehen Schweizer Unternehmen somit zunehmend im Scheinwerferlicht, denn das öffentliche Bewusstsein für Klimathemen wächst deutlich.

Was kann ein Unternehmen also zusätzlich für den Klimaschutz tun, wie kann es seine Mitarbeiter für das Thema sensibilisieren und seine Aussendarstellung verbessern?

Eigene Kompensation klimarelevanter Emissionen

An erster Stelle stehen natürlich die Evaluation und das Reporting von intern verursachten Treibhausgasen und die Durchführung gezielter interner Projekte zu ihrer Senkung. Derartige Projekte reichen von der Formulierung eines internen Verhaltenskodex bezüglich Energienutzung über mögliche Produktionsumstellungen bis zur Aufstellung eines Forderungskatalogs für eine nachhaltige Lieferkette.

Die Treibhausgasemissionen, die auf diese Weise nicht vermieden werden können, lassen sich dann ganz oder teilweise durch seriös zertifizierte Projekte mit einem günstigen Verhältnis von Kosten und Minderungserfolg in Entwicklungsländern kompensieren. Zudem können durch damit einhergehenden Technologie-Transfer besonders klimaschädliche Entwicklungsschritte in den Entwicklungsländern übersprungen werden. Eine Vielzahl derartiger Projekte managt beispielsweise das Zürcher Klimaschutzunternehmen South Pole Carbon (https://shop.southpolecarbon.com/).

Kleinere Unternehmen können zu diesem Zweck klimaneutrale Energie einkaufen. Sie kaufen zum Beispiel von ihrem Energieversorger Erdgas gepaart mit freiwilligen Klimaschutzzertifikaten (Voluntary Emission Reductions : VERs) und Strom gepaart mit Renewable Energy Certificates (RECs) oder VERs. Weitere Emissionen können sie bei einem Entwickler von Klimaschutzprojekten direkt online kompensieren. Grosse Unternehmen können sich den Umweg über den Versorger oder Retailer sparen und die VERs zur Kompensation des Erdgases und Stroms sowie der übrigen Emissionen direkt und günstig beim Entwickler der Klimaprojekte selber einkaufen.

Angebot von klimaneutralen Produkten und Dienstleistungen

Bereits heute heben sich verschiedene Unternehmen von ihren Wettbewerbern dadurch ab, dass sie klimaneutrale Produkte und Dienstleistungen anbieten, so zum Beispiel die Schweizer Post oder Coop. Gerade für etablierte Marken ist die Seriosität der gewählten Klimaschutzprojekte von entscheidender Bedeutung.

Im freiwilligen Bereich haben sich insbesondere der Verified Carbon Standard (VCS http://v-c-s.org/) und das Premium-Label Gold Standard (http://www.cdmgoldstandard.org) etabliert. Der VCS wurde von drei Industrieverbänden gegründet, hinter denen bedeutende Unternehmen wie Holcim, DHL, Swiss Re, Google etc stehen. Hinter dem besonders strikten Gold Standard stehen u?ber 60 namhafte Nichtregierungsorganisationen aus dem Umweltbereich. Die freiwilligen Emissionsreduktionen nach dem VCS und dem Gold Standard unterliegen strengen Kontrollen und sind durch individuelle Seriennummern geschützt. Erst nachdem die Emissionssenkung des jeweiligen Projektes im Entwicklungsland durch einen UN-zertifizierten Verifizierer (SGS, TÜV etc.) geprüft wurde, stellt der VCS oder der Gold Standard die Klimazertifikate auf ein öffentlich einsehbares Konto des Entwicklers aus. Sobald ein Käufer diese Klimazertifikate zum «Verbrauch» zum Beispiel für ein klimaneutrales Produkt oder Dienstleistung erwirbt, legt der Verkäufer die Zertifikate in dem öffentlichen Konto still. Dieser Prozess ist nicht umkehrbar, so dass sichergestellt wird, dass jeder Credit nur einmal zur Neutralisierung genutzt werden kann.

Ein Käufer sollte auf folgende Punkte bestehen:

  1. Volle Transparenz darüber, aus welchem Einzelprojekt er die Klimazertifikate kauft (lediglich Informationen zu einem undurchsichtigen Portfolio, aus dem er kauft, sind unzureichend),
  2. Direkt mit dem Projektentwickler zusammen zu arbeiten, der den Hintergrund der Projekte kennt, die er seit Jahren begleitet und
  3. Dass für ihn im Zuge des Kaufes kurzfristig, das heisst innerhalb von Tagen oder sogar vorab, die Klimazertifikate aus dem gekauften Projekt still gelegt werden (Versprechen auf die Zukunft sind unzureichend. Erst bei Stilllegung der Klimazertifikate wird der Käufer beziehungsweise sein Produkt tatsächlich klimaneutral.).

 

Eine Sensibilisierung der Mitarbeiter ist für die Nachhaltigkeit in Unternehmen wichtig.

Eine Sensibilisierung der Mitarbeiter ist für die Nachhaltigkeit in Unternehmen wichtig.

 

Sensibilisierung der Mitarbeiter

Um für das Thema Klimaschutz intern die Mitarbeiter zu sensibilisieren, können sich grössere Unternehmen kostenfrei einen sogenannten Carbon Footprint Calculator, der auf Basis der jeweils eingegebenen Daten den CO2-Fussabdruck berechnet, und einen Carbon Webshop, mit dem sich dieser Fussabdruck dann ausgleichen lässt, ins Intranet stellen lassen und für die Mitarbeiter einen Mitarbeiterrabatt erzielen. Dabei du?rfen bezüglich Transparenz und Klimaneutralität auch bei Kleinstmengen keine Abstriche gemacht werden, das heisst, falls der Mitarbeiter sich entscheidet, seinen Flug in den Urlaub zu kompensieren, sollte er sein Projekt nach Technologie, Standard, Herkunftsland und persönlicher Vorliebe auswählen können und muss nachvollziehen können, welche Klimazertifikate für ihn still gelegt wurden.

Seriöse Anbieter liefern neben der Klimaneutralität und einem Zertifikat auch einen persönlichen Footprinting Report, in dem die Berechnungsergebnisse erläutert werden. Um ihre Mitarbeiter zur Teilnahme zu motivieren, binden einige Unternehmen die freiwillige Mitarbeiterkompensation in ein Matching-Gift-Programm ein, in dem der Arbeitgeber die Hälfte der Kosten bis zu einem bestimmten Betrag übernimmt.

Immerhin geben laut der Studie «The Business Case for Carbon Offsetting» von Bloomberg New Energy Finance über 25% der Firmen an, dass die Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterproduktivität einer der Hauptgründe für die freiwillige Kompensation in Firmen ist.

Wann ist Ihre Firma dabei?

Text: Dr. Christoph Grobbel, South Pole Carbon

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