Wie artgerecht ist die Tierhaltung in Schweizer Zoos?

Richtig umgesetzt kann Zootierhaltung sinnvoll und artgerecht sein. Dennoch wird sie auch von Experten oft kritisiert. Worauf man im Zoo achten kann und welche Alternativen es gibt.

Schweizer Zoos: Tierhaltung im Zoo, pro und contra
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«Ach, wie süss!», heisst es vor den Gehegen von tausenden begeisterten Besuchern, die besonders an schönen Tagen in die Zoos strömen. Wo auch sonst kann man so viele exotische, aber auch seltene heimische Tierarten so eng bei einander bewundern. Doch wie artgerecht ist das Leben der Tiere, die dort hinter Gittern, Glas oder Gräben gefangen sind? Und was spricht überhaupt dafür, Tiere im Zoo vorzuführen?

Das Pro und Contra der Tierhaltung im Zoo

In freier Wildbahn wurden sie bis fast zur Ausrottung gejagt, vom Menschen aus ihren natürlichen Lebensräumen verdrängt oder kommen einfach nicht mit sich verändernden Lebensumständen zurecht. Die Existenz vieler wilder Tierarten ist bedroht, oder sie existieren in Freiheit sogar schon nicht mehr. Das stärkste Argument für die Zootierhaltung, das auch immer wieder von den Zoos selbst aufgeführt wird, ist deshalb, dass die Tierhaltung im Zoo zum Teil dem Artenerhalt dient.

An dem Argument des Artenerhalts bemängelt allerdings etwa die Tierschutzorganisation «Vier Pfoten», dass die Zucht zu diesem Zweck überwiegend bei populären Tierarten stattfindet, bei weniger beliebten Arten jedoch zu kurz kommt. Auch, dass in Zoos aufgewachsene Tiere meist später nicht mehr ausgewildert werden können, spricht gegen die dortige Zucht zum Artenerhalt. Einige Ausnahmen gibt es hier jedoch, wie etwa Zooschweiz, eine Vereinigung von insgesamt sechs Zoos und Tierparks. Sie setzt sich stark dafür ein, dass fast verschwundene heimische Arten wie der Fischotter wieder in freier Wildbahn angesiedelt werden.

Während kleinere Tiere, die nicht viel Platz für eine artgerechte Haltung benötigen, sowie einheimische Arten sich oft gut mit den Umständen arrangieren können, trifft die Zootierhaltung andere Zoobewohner generell jedoch extrem hart. Besonders dramatisch ist die Situation für Eisbären im Zoo. Denn der Langstreckenläufer und Eisliebhaber fristet sein Dasein oft in sehr kleinen, wenig artgerechten Gehegen, muss sich mit hartem Beton als Untergrund zufrieden geben und im Sommer die für ihn ungewohnte Hitze in unseren Breiten ertragen. Noch schlimmer trifft es nur einige Meeresbewohner.

Verhaltensstörungen zeigen nicht artgerechte Tierhaltung

Der Tiger dreht ständig seine Runde, die Seelöwen schwimmen immer im Kreis und der Elefant wackelt kontinuierlich mit dem Rüssel umher. Wer so etwas schon beobachtet hat, kann unter Umständen davon ausgehen, dass die Tierhaltung im Zoo nicht artgerecht ist. Es ist den Tieren langweilig, sie fühlen sich allein oder das Gehege ist einfach zu klein, um dem Bedürfnis nach Bewegung nachzukommen.

Gar nicht akzeptabel, so Experten wie der Deutsche Tierschutzbund, seien Delfinarien. Die Delfine, aber auch andere Arten wie Orcas, haben einen unbändigen Lebensdrang und legen in der Natur auch mal hunderte von Kilometern am Tag zurück. Sie in kleinen Becken, noch dazu für Vorführungen zu halten, widerspreche dem Prinzip der artgerechten Tierhaltung. Zumal bereits der Zuschauerjubel massiven Stress für die geräuschempfindlichen Meeressäuger bedeute.

Das Ausbleiben von Zuchterfolgen und eine wesentlich reduzierte Lebenserwartung sind für Wissenschaftler eindeutige Belege dafür, dass es Delfin und Co. so gar nicht gut geht in solchen Becken. Nachdem im einzigen Delfinarium der Schweiz, dem Freizeitzentrum Connyland, acht Delfine in drei Jahren starben, sprach der Schweizer Nationalrat ein Importverbot aus. Die restlichen vier Tiere sollten in eine Anlage nach Jamaica umgesiedelt werden. Bevor dies Ende 2013 geschah, starb ein weiterer Delfin.

Schweizer Tierschutz prüft Zootierhaltung jährlich

Der Schweizer Tierschutz STS gibt jährlich einen Zoobericht heraus, der die Haltungsbedingungen in Zoos, aber auch in Naturparks kontrolliert. Grundsätzlich bemängelt die Organisation, dass die Schweizer Tierschutzverordnung nicht das Optimum für die Zootierhaltung definiert, sondern nur, was «die Grenze zur Tierquälerei» ist, wie die Zoobericht-Beauftragte des STS, Sara Wehrli, in einem Interview mit dem Tagesanzeiger erklärte. Besonders fahrlässig gehe man bei der Tierhaltung im Zoo mit vermeintlich einfach zu haltenden Tieren um. Hier wurden unter anderem Waschbär- oder Hirschgehege in Schweizer Zoos bemängelt. Wesentlich besser sähe es laut STS in Schweizer Tierparks aus.

Auch der deutsche Tierschutz kann der Zootierhaltung nur unter bestimmten Voraussetzungen etwas abgewinnen. Laut der Organisation müsse «gewährleistet sein, dass die Tiere frei von Schmerz, Leiden und Schaden gehalten werden. Die Gehege müssen daher hinsichtlich ihrer Grösse, des Klimas und der Struktur so gestaltet sein, dass die Tiere ihren artgemässen Bedürfnissen nachkommen und ihr Sozialverhalten ausleben können.» Ein Umstand der auch in Schweizer Zoos nicht immer gegeben ist. «Zudem sollten - auch aus Artenschutzgründen - keine Tiere der Natur entnommen werden. Wo diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden können, sollte auf die Haltung der Tierart in Zoologischen Gärten verzichtet werden.»

Wer sich noch genauer über die aktuelle Zootierhaltung und die Einschätzungen des Schweizer Tierschutzbundes informieren möchte, kann hier den aktuellen Zoobericht lesen.

Quellen: Schweizer Tierschutzbund, Connyland, Tierschutzbund.de, BOS, Sea Sheperd, Tagesanzeiger.ch, Vier-Pfoten.de

Text: Jürgen Rösemeier-Buhmann

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