Urban Mining: Nachhaltige Rohstoff-Gewinnung mitten in der Stadt

Ist unser Müll die Rohstoffquelle der Zukunft? Durch Urban Mining sollen bald nicht nur Hauskehricht und Abfall aus Sammelstellen nachhaltige Rohstoffe liefern. Auch Bauabfälle bieten laut «Stadtschürfern» noch viel ungenutztes Potenzial.

Urban Mining: Definition, Schweiz und Rohstoffe der Zukunft?
In Zeiten der Rohstoffverknappung, -Verteuerung und von gesteigerter Umweltsensibilität ist das Urban Mining ein Trend, der mehr und mehr an Attraktivität gewinnt. Foto: © Alexander LAngauer / iStock / Thinkstockphotos

Urban Mining könnte auch als das Schürfen nach Rohstoffen in der Stadt bezeichnet werden. Hierzu sind aber gar keine Minen oder Abbaugruben nötig. Vielmehr, so die Urban Mining-Definition, werden aus alten Gebäuden, durch den Strassenbau, auf Mülldeponien und selbst in Klärschlämmen der Wasserwerke Rohstoffe wiedergewonnen, die teils erhebliche Werte besitzen. So ist das Urban Mining in vielerlei Hinsicht nachhaltig und reagiert auf die Verknappung wichtiger Ressourcen. Im grossen Stil betrieben ist es zudem lukrativ und kann, gerade der rohstoffarmen Schweiz, viel nutzen.

Urban Mining in der Schweiz besonders bei Bauabfällen

Dank «Stadtschürfen» in der Schweiz und einem nachhaltigen Abfallmanagement werden hierzulande heute bereits 80 % der Bauabfälle, sowie des Aushub- und Abbruchmaterials wiederverwertet, wie die BAFU berichtet. «Wenn es gelingt, diesen Anteil um wenige Prozent zu erhöhen, können bedeutende Mengen an Primärbaustoffen eingespart werden», erklärt Kaarina Schenk, Chefin der Sektion Bauabfälle und Deponien des BAFU den Nutzen des Urban Mining.

Zürich als Vorreiter beim Urban Mining in der Schweiz

Das Potenzial in der Schweiz ist gross. Dies beweist die Stadt Zürich mit einem der ausgeklügeltsten Urban Mining-Projekte des Landes. Mit einem intelligenten Abfallmanagement werden tonnenweise rezyklierte Materialien zurückgewonnen.

Besonders viel ist dabei im Recycling-Beton zu finden. Der kurz RC-Beton genannte Abfallstoff ist gleichwertig zu neuem Beton, jedoch ist er kostenlos und benötigt wesentlich weniger sogenannte graue Energie, also Energie, die zur Herstellung des Rohstoffes nötig ist. Dazu spart Recyclingbeton noch Ressourcen wie Kies und Sand. Anfangs etwas kritisch gesehen von Architekten und Ingenieuren, ist RC-Beton heute in der Agglomeration fast Mangelware. 10 Prozent aller Neubauten in und um Zürich werden schon damit gebaut. Bis 2025, so das Ziel der Verantwortlichen, soll mehr Recyclingbeton als neuer verbaut werden.

Die Metallgewinnung aus Verbrennungsresten von Kehrrichtabfällen zeigt ebenso, wie rentabel «Stadschürfen» sein kann. Hieraus werden in Zürich heute 99 Prozent aller Metalle zurückgewonnen. Ein Beispiel dafür ist Aluminium: In einer Tonne Abfall findet man Alu im Gegenwert von etwa CHF 900. Kupfer und Gold sind ebenso in signifikanten Mengen in den Resten enthalten. So kommen etwa 10 Kilogramm Gold  dank Urban Mining in Zürich jährlich zusammen, mit einem Gegenwert von 500‘000 CHF.

«Stadtschürfen» fängt im eigenen Abfalleimer an

Zwar ist die Schweiz schon Weltmeister im Recycling und unterstützt damit auch das Urban Mining, aber es bleiben noch immer viel zu viele Rohstoffe aus dem Müll ungenutzt, weil sie falsch entsorgt werden. Wie eine BAFU-Studie zeigt, sind derzeit ein Fünftel des Kehrrichtabfalls Stoffe, die viel einfacher rezykliert werden könnten, würden sie ordnungsgemäss an den vorhandenen Sammelstellen abgegeben. In Zahlen sind dies 340‘000 Tonnen Material, welches im Abfall statt beim Recycling landet.

Andere Beispiele aus Deutschland und den USA, die das Fachmagazin Steine und Erden nach Berechnungen des österreichischen Bundesabfall-Wirtschaftsplans präsentierte, zeigen, dass alleine auf deutschen Abfalldeponien so viel Eisen ruht, wie das ganze Land in einem Jahr verbraucht. Und auf US-amerikanischen Müllhalden soll sogar drei Mal so viel wie der Weltjahresbedarf an Eisen liegen. 2011 wurde so eine unvorstellbare Menge von einer Milliarde Tonnen Eisen durch Urban Mining gefördert.

BAFU, Stadt-Zuerich.ch, Eco-bau.ch, Bundesabfallwirtschaftsplan.at, Chemie-am-Auto.de

Text: Jürgen Rösemeier-Buhmann

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