Warum konventionelles Leder Umwelt und Mensch krank macht

Man nehme giftiges Chrom, eine Prise Schwermetalle und gebe dem Ganzen ein Finish aus Kunststoff. Fertig ist das Leder für Handtaschen, Schuhe und Portemonnaies. Doch Leder kann auch deutlich umweltfreundlicher produziert werden.

Ecopell: Bioleder, Ökoleder oder Naturleder? Auf jedenfall schadstoffarm
Heute schon in die schicken Schuhe geschwungen, die Handtasche über die Schulter geworfen und das Portemonnaie gezückt? Dann hatten Sie höchstwahrscheinlich schon ganz viel Chemie in den Händen. Foto: © ecopell

Leder ist eine der ältesten Schutzhüllen, mit der sich ein Mensch kleiden kann und es wird für allerlei Alltagsgegenstände benötigt, vom schicken Schuh bis zum stylischen Sofa. Doch die massenhafte Nachfrage hat einen Nachteil: Tonnen von Chemie werden eingesetzt, um schnell und profitabel Leder herzustellen. Und das belastet Umwelt und Menschen.

Aber mehr noch. Konventionelles Leder in Schuhen macht gerne mal Schweisfüsse, unter anderem, weil es für mehr Haltbarkeit mit Plastik überzogen wird. Die Ausdünstungen bei Sofas aus herkömmlichem Leder sind oft gesundheitsgefährdend und Hautirritationen bei Lederträgern kommen öfter vor. Nicht so beim Öko-Leder.

Ökoleder vom Pionier: Nicht ganz ohne Chemie, aber umweltfreundlicher

Kein Leder kommt völlig ohne Chemie aus. Doch es geht auch umweltfreundlich und besser für die Gesundheit. Das hat uns Johann-Peter Schomisch erklärt, ein Pionier in Sachen Ökoleder. Bereits 1982 begann er mit der schadstoffarmen Herstellung von Leder. Und das macht er noch heute. Zusammen mit Tochter Natalie Metz produziert seine deutsche Firma Ecopell ein Leder, welches Allnatura auf seiner Internetseite als das «derzeit weltweit umweltverträglichste Leder» bezeichnet. Wie das funktioniert, erklärt Schomisch im Interview.

Herr Schomisch, wie kann man Leder natürlich gerben und mit was?

Wir lassen mit den schadstoffärmsten Gerbereihilfsmitteln die Haut zu Leder gerben. Das geht zwar nicht gänzlich ohne Chemie in der Vorbereitung, aber wesentlich umweltfreundlicher, als bei der herkömmlichen Gerbung von Leder. Und die Nachgerbung wird aus dem nachwachsenden Taraschotenextrakt abgeschlossen. Letztendlich ist das Leder so schadstoffarm, von unabhängigen Laboren geprüft, das es zum Beispiel im Schuh eingesetzt, Barfus getragen werden kann, ohne irgendwelche Hautirritationen zu riskieren.

Warum setzen Sie auf natürliche Gerbmethoden und nicht auf den Einsatz von Chrom?

Gerbung mit pflanzlichen Stoffen und das so behandelte Leder sind ohne Probleme entsorgbar. Zumal die Chromgerbung schon in der Entstehung als Gerbstoff einige irreparable Umweltschäden verursacht. Auch die Entsorgung von Chromlederprodukten birgt Gefahren. So kann die Entsorgung in Hochtemperaturanlagen die Entstehung von giftigem Chrom VI begünstigen, das bei Hautkontakt krebserregend wirken kann.

Ecopell: Bioleder, Ökoleder oder Naturleder? Auf jedenfall schadstoffarm

Es gibt sie, Produkte und Accessoires aus umweltfreundlichem Leder. So wie die kleine Manufaktur zart & bunt es verarbeitet. Der Clou: Diese Ökoleder-Produkte sind nicht teurer als die Chemievariante! Foto: © ecopell / zart & bunt

Und was ist sonst noch so im üblichen Leder drin und dran, auf das Sie verzichten?

Generell das Chrom III, Konservierungsmittel, Schwermetalle, Oberflächenversiegelungen aus dem Kunststoff Polyurethan, Acrylate oder Butadien. (Anmerkung der Redaktion: Dies sind alles chemische Verbindungen, die das Leder versiegeln und dadurch haltbarer machen, aber alles andere als natürlich sind.)

Schadet die konventionelle Gerbmethode auch den Verarbeitern oder Trägern?

Der Träger von chromgegerbten Lederschuhen etwa kann heisse Füße bekommen, das ist vielen Orthopäden bekannt. In Kombination mit barfuss getragenen Schuhen kann die Schweisseinwirkung das zum Gerben verwendete Chrom III zu giftigem Chrom VI werden lassen. Auch das ständige Bearbeiten von meist beschichtetem Leder, zum Beispiel in der Möbelindustrie, kann zu Erkrankungen führen, da die Ausdünstungen auf Dauer gesundheitsschädlich sind.

Wo und wie schadet chromgegerbtes Leder der Umwelt?

Chromgerbung wird weltweit gemacht. In der dritten Welt sind die ungünstigen Auswirkungen der Chromgerbung erheblich grösser, die Risiken für Mensch und Umwelt immens. Unter zum Beispiel europäischen Bedingungen ist der Arbeitsschutz deutlich besser. Einige Probleme, unter anderem von Klärschlämmen und deren Entsorgung bleibt aber auch hier ungelöst, da der Gesetzgeber Chrom III nicht als Schadstoff deklariert und ihm so einen weitgehenden «Freibrief» bei der Handhabung ausgestellt hat.

 

Ecopell: Bioleder, Ökoleder oder Naturleder? Auf jedenfall schadstoffarm

 

Bunt oder dezent. Leder gibt es auch in umweltfreundlich und ohne Gesundheitsgefahr. Foto: © ecopell

Warum gerben nicht alle Leder natürlich?

Das wäre möglich, allerdings nur Schritt für Schritt. Denn Zeit bedeutet für die Gerber Geld und eine weltweite Umstellung ginge nur im Einklang mit genügend pflanzlichen Gerbstoffen. Durch die globale Massentierhaltung und die daraus erfolgende Haltbarmachung der Häute benötigen diese riesige Mengen an Gerbstoff.

Wie sieht es mit dem Preis von Produkten aus natürlich gegerbtem Leder aus?

Die Preise von Produkten aus natürlich gegerbtem Leder liegen im Bereich der sogenannten Markenware, sind also nicht höher als bei konventionellen Lederprodukten. Schuhe und Taschen aus natürlichem Ecopell-Leder gibt es bei Versendern wie Hessnatur, Waschbär oder Deerberg, aber auch bei so kleinen Manufakturen wie Zart & Bunt. Möbel sind beim Naturmöbelhandel und teilweise im konventionellen Möbelhandel erhältlich.

Welche weiteren Vorteile sprechen für natürlich gegerbtes Leder?

Die Hautverträglichkeit und die Schweissaufnahme sind unerreicht. Vor allem naturbelassene, chromfreie Leder mit Naturmerkmalen, haben eine einmalige Ausstrahlung. Die mit der Zeit entstehende Patina wird von versiegelten Leder niemals erreicht werden.

Was für Nachteile hat das Leder?

Natürlich gegerbtes Leder ist empfindlicher gegenüber Schmutz und Nässe, was wiederum die Echtheit unterstreicht. Wirklich echtes Leder kann nicht pflegeleicht sein.

Danke für die ausführlichen Informationen, Herr Schomisch!

Mehr Informationen zu Öko- oder Bioleder in unserem Artikel «Es geht auch Bio: Leder gerben ohne Mnesch und Umwelt zu schaden.»

Text: Jürgen Rösemeier-Buhmann

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