Ist Altkleider-Sammlung sinnvoll? Positive und negative Effekte

Heute werden alleine in der Schweiz jährlich bis zu 40‘000 Tonnen Bekleidung von der Altkleidersammlung abgeholt, etwa sieben Kilogramm pro Person. Zwar sind 60 Prozent noch tragbar, doch kaum ein Schweizer profitiert davon. Eine Aktion mit Beigeschmack.

Altkleidersammlung in der Schweiz: Was geschieht mit Kleiderspende?
Wie in vielen Recyclingdisziplinen, so sind Herr und Frau Schweizer auch beim Recycling von Altkleidern Weltmeister. Doch was geschieht eigentlich mit den Teilen aus der Altkleidersammlung? © iStockphotos / Thinkstock

Es werden fleissig Altkleider in unserem Land der Recyclingweltmeister gesammelt. Leider geht der soziale Gedanke dabei inzwischen ein wenig verloren, denn die Altkleidersammlung ist auch ein richtig gutes Geschäft. Die abgelegten Kleider sind heiss begehrt.

Altkleidersammlung: Ein lukratives Geschäft

Altkleider sind heute ein wertvoller Rohstoff, der den Sammelunternehmen bares Geld einbringt. Alleine 80 Prozent der Schweizer Altkleider werden von lediglich vier Unternehmen eingesammelt. Diese veräussern die wertvolle Ware in aller Herren Länder Allerdings, so heisst es beispielsweise beim grössten Sammler der Kleiderspenden, Texaid, dass nach Abzug aller Kosten bis zu 90 Prozent der Nettoeinnahmen gemeinnützigen Organisationen zugutekommen. Letztes Jahr waren es immerhin 5.4 Mio. Franken, die an verschiedene Hilfswerke, Samaritervereine, Kolpingfamilien und regional arbeitende, gemeinnützige Organisationen gingen.

Pro und Contra: Altkleider, Umweltschutz und Ressourcenschonung

Zum einen landen viele Stücke aus der Altkleidersammlung tatsächlich noch bei einem Träger, meist befindet sich dieser aber in Afrika oder Asien. Dort werden die Kleidungsstücke gewaschen, und gegebenenfalls mit einer kleinen Gewinnmarche wieder verkauft. Das schadet zwar nicht der dortigen Bekleidungsindustrie und gibt Hundertausenden von Menschen ein Einkommen, doch am Ende bleibt der Transport. Dieser ist aus umwelttechnischer Sicht, wie bei jedem weitgereisten Textil, nicht gerade ein Vorteil.

Allerdings leben nur in Kenia 200‘000 Menschen von dem Ergebnis der Altkleidersammlung, manche verdienen damit sogar das Doppelte des durchschnittlichen Einkommens in dem armen Land. Zudem könne sich jeder selbst mit sehr geringem Einkommen diese Kleidung leisten. Ähnliche Entwicklungen gebe es nach einer Studie in Ghana, Tansania oder Tunesien. Nur etwa ein Achtel der gesammelten Altkleider verbleibt in der Schweiz oder in Europa und findet sich in Second-Hand-Läden wieder.

Auf der anderen Seite werden in der Baumwollproduktion während der Wachstumsphase bis zu 25 Mal Pestizide versprüht und etwa 7‘000 Liter Wasser werden benötigt, um ein Kilogramm Baumwolle zu produzieren. Ganz abgesehen von Düngemitteleinsatz, weiterem Wasserbedarf und Chemikalieneinsatz in Veredelungsprozessen. Werden daher die Stücke aus der Altkleidersammlung noch getragen – zweitrangig wo und von wem auf der Welt -, ist dies letztlich ein Beitrag zum Umweltschutz.

Weitere 30 Prozent der Altkleider landen zusätzlich in der Putzlappenproduktion, der Vliesstoff- und Papierindustrie oder werden zu nachhaltigen Dämmstoffen weiterverarbeitet. Selbst im Auto landen meist schon Altkleider, etwa für die Hutablage oder die Innenverkleidung eines Kotflügels. Lediglich 10 Prozent der Altkleider müssen als nicht zu verarbeitender Abfall deponiert oder verbrannt werden, wie eine Statistik der Schweizerischen Bundesverwaltung angibt.

Sonderfall H & M: Greenwashing mit Altkleidern?

Gute Aktion? H & M startete zusammen mit dem Schweizer Unternehmen I:Collect eine Rücknahmeaktion alter Kleider. Auch diese werden verkauft, an Second-Hand-Läden und ins Ausland. Kritiker sehen in dieser Massnahme ein Greenwashing. Denn H & M gibt für die Bekleidung einen Gutschein aus, der aber weniger Wert ist, als so manch gut erhaltenes Stück Altkleider. Zudem, so kritisiert Christa Luginbühl, Verantwortliche für die Clean Clothes Campaign bei der Erklärung von Bern, werde durch den Gutschein ein Kaufanreiz geschaffen, der den eigentlichen Sinn hinter der Kampagne, durch Recycling den Abverkauf von Mode zu reduzieren, gegenläufig ist. Der Anreiz sei dadurch gross, noch schneller die gar nicht so alte Bekleidung durch neue zu ersetzen. 

Fazit: Altkleidersammlung ist sinnvoll. Noch sinnvoller allerdings ist es, wenn die Bekleidung erst gar nicht als Kleiderspende endet und länger getragen wird.

Quellen: Tell-Tex, Texaid, SFR, BAFU, D-Radio, EvB.ch, Tagesanzeiger, Text: Jürgen Rösemeier-Buhmann

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