Volker Weber: «Die Finanzkrise fördert nachhaltige Geldanlagen»

Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) wurde 2001 als Dachverband für nachhaltige Investitionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gegründet. Volker Weber, Vorstandsvorsitzender des FNG, erklärt im Interview mit nachhaltigleben weshalb das Forum Erfolge feiert und warum die Finanzkrise gut für die Nachhaltigkeit ist.

Weber erklärt: Transparenz ist in der Finanz wichtig.
Volker Weber ist Vorstandsvorsitzender des Forums Nachhaltige Geldanlagen und setzt gezielt auf Transparenz in der Finanzwelt. Foto: privat

Herr Weber, das Forum Nachhaltige Geldanlagen hatte in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum. War dies ein Grund zu Feiern?

Das war es auf jeden Fall. Das Forum startete in 2001 mit ungefähr 20 Mitgliedern. Aktuell hat das Forum gut 170 Mitglieder in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das Thema «Nachhaltige Geldanlagen» hat den Bahnhof verlassen und rollt los. Viele Banken und Sparkassen, aber auch Investoren wie Pensionskassen, Stiftungen und Versicherungen sehen die Notwendigkeit, sich an ethischen, ökologischen und sozialen Anlagekriterien zu orientieren. Dieser Erfolg ist auch auf die kontinuierliche Arbeit des Forums zurückzuführen.

In welcher Zielgruppe sehen Sie die grössten Erfolge und wer hat dazu beigetragen?

Sicherlich haben vor allem die institutionellen Anleger einen grossen Anteil am Erfolg der nachhaltigen Geldanlagen beigetragen. Doch sehe ich enormes Interesse gerade bei den Privatanlegern, die sinnvolle Geldanlagen anstreben. Es wird hier die gleiche Entwicklung einsetzen, wie wir sie schon zum Beispiel im Lebensmittelbereich gesehen haben. Sie werden bald überall angeboten werden und somit weiter in den Fokus der Investoren kommen.

Trotz der wachsenden Volumina ist abzusehen, dass nachhaltige Geldanlagen im Vergleich zum restlichen Markt immer noch einen geringen Gesamtanteil ausmachen. Woran liegt dies und wo sehen Sie den grössten Hebel für eine signifikantere Dynamik?

Nach wie vor ist der Finanzproduktmarkt ein Verkäufermarkt. Das heisst, dass viele Privatanleger ihrem Berater vertrauen. Hier liegt ein Nadelöhr, denn viele Berater kennen sich in diesem Bereich nicht genügend aus. Das Forum versucht mit Partnern ein Schulungssystem aufzubauen, um diesem Manko zu begegnen. Der Anteil von nachhaltigen Geldanlagen im Gesamtmarkt wird sich in den nächsten Jahren daher sehr dynamisch entwickeln. Im institutionellen Bereich gibt es meist feste Zuordnungsgrössen und hier konkurrieren nachhaltige Anlagen mit herkömmlichen. Doch wie erwähnt, achten die Investoren zunehmend auf Nachhaltigkeitskriterien bei der Produktauswahl, so dass auch hier weiter signifikante Zuwächse zu erwarten sind.

Welchen Einfluss hat die Finanz- und Eurokrise auf den Markt?

Sie fördert den Trend der Investoren, ihr Geld nachhaltig anzulegen sehr stark. Denn wie angesprochen wollen die Investoren - privat oder auch institutionell - sinnvolle und nachhaltige Investments. Und hier haben die nachhaltigen Anlagen klare Vorteile, einen Impact auf die Gesellschaft und Umwelt zu erzielen. Denn nicht nur die finanzielle Rendite steht im Vordergrund, sondern auch die Auswirkung auf die Umwelt, zum Beispiel die Einsparung von CO2 oder das Schaffen neuer Arbeitsplätze.

In der aktuellen Marktstudie ist erkennbar, dass rund 40 Milliarden, dies entspricht mehr als 40 Prozent des Gesamtvolumens bei Spezialbanken, mit Nachhaltigkeitsfokus angelegt sind. Ist damit erkennbar, dass vor allem Anleger, die sich von klassischen Haus- und Großbanken abwenden, den Markt prägen?

Ja. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass Kunden von den klassischen Bankmodellen enttäuscht sind und sich nach nachhaltigen Geschäftsmodellen und Banken umschauen. Dieser Trend zeigt sich deutlich in den Zahlen. Gerade das Thema «Transparenz» ist den Kunden ein grosses Anliegen und hier sind die Nachhaltigkeitsbanken einfach vorbildlich aufgestellt. Die Anleger wollen sehen und verstehen, was mit Ihrem Geld geschieht und wofür es verwendet wird. Diesem Bedürfnis kommen Nachhaltigkeitsbanken am besten nach.

Das Forum Nachhaltige Geldanlagen ist für den gesamten deutschsprachigen Raum zuständig. Sehen Sie grössere Unterschiede zwischen den Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz?

Was der aktuelle Marktbericht aufgezeigt hat, ist vor allem, wer die Treiber in den jeweiligen Märkten sind. In der Schweiz sehen wir ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen institutionellen und privaten Investoren. Der Anteil der nachhaltigen Investments liegt mit gut vier Prozent über viermal so hoch wie in Deutschland. Hier haben die institutionellen Anleger den grössten Marktanteil. Allerdings liegt der Anteil der nachhaltigen Geldanlagen bei rund einem Prozent. Einen institutionell getriebenen Markt sehen wir in Österreich, wo fast 90 Prozent der getätigten Investitionen von institutionellen Anlegern stammt. Hier ist der Anteil an nachhaltigen Geldanlagen bei rund einem halben Prozent. Es muss uns gelingen, nachhaltige Geldlagen weiter in den Fokus der Anleger und Finanzdienstleister zu rücken.

Es gibt immer wieder kontroverse Berichte über Mogelpackungen und Schwarze Schafe im Markt. Gerade Anleger, denen ethische Werte wichtig sind, werden hierdurch geprellt und verlieren Vertrauen in dieses Segment. Was raten Sie den Anlegern?

Das Forum Nachhaltige Geldanlagen hat zusammen mit Eurosif, dem europäischen Dachverband, das Transparenzlogo entwickelt. Hier steht das Thema Transparenz und Offenheit an erster Stelle. Fonds erhalten das Logo, wenn sie beispielsweise ihre Anlagepolitik, ihre Begriffsdefinition sowie die Kriterien zur Zusammenstellung des Anlage-Universums klar darstellen. Somit kann sich der Investor ein Bild von der Nachhaltigkeitsstrategie des Investments machen und überlegen, ob diese Vorgehensweise mit seinen Wertevorstellungen übereinstimmt. In Österreich gibt es als Orientierungshilfe zusätzlich noch das Umweltzeichen (UZ 49) als Entscheidungsrichtlinie.

Hat der Atomausstieg den Markt nachhaltiger Anlagen beeinflusst?

Ja, natürlich, so ein Ereignis hat immer Auswirkungen auf das Anlegerverhalten. Es hat die Anleger weiter bestärkt, über die Sinnhaftigkeit einer Kapitalanlage nachzudenken. Vor allem aber wird deutlich, dass der Privatanleger eine wichtige Rolle bei der Energiewende in Deutschland spielen wird, denn ohne privates Kapital wird das nicht gelingen.

Was raten Sie Anlegern, die im Bereich der erneuerbaren Energien im letzten Jahr Geld verloren haben?

Die Anleger, die in erneuerbare Energien investiert haben, investieren in die Zukunft. An diesem Thema wird der Kapitalmarkt nicht vorbei kommen. Es ist allerdings auch klar, dass nachhaltige Anlagen vor allem mittlere bis langfristige Investments sind, die ihr enormes Potential erst auf längere Sicht hin entfalten.

Kurz vor Weihnachten dürfen auch Sie drei Wünsche äussern…

Also wenn ich mir was wünschen darf, dann wäre das:

  • Nachhaltigkeit wird als eigenständige Anlageklasse akzeptiert und wird nicht als alternatives Investment behandelt.
  • Nachhaltige Investments sind in die Standardproduktpalette der Finanzdienstleister integriert.
  • Der Wunsch des Anlegers nach sinnvollen Kapitalanlagen wird als selbständiges Anlagemotiv anerkannt.
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