Mit dem «Flow Hive» ganz einfach selbst Bienen züchten?

Der «Flow Hive» verspricht tierfreundliches und kinderleichtes Bienenzüchten.  Viele Bienenfreunde sind begeistert und liessen die Idee zum riesigen Crowdfunding-Erfolg werden. Doch neben dem Lob wird auch die Kritik an dem Bienenstock immer grösser.  

Flow Hive: Ganz einfach selbst zum Bienenzüchter werden?
Foto: © altocumulus / iStock / Thinkstock

Zwei Australier wollen die Bienenhaltung und den Gewinn von Honig revolutionieren. Hierzu präsentierten sie auf einer Crowdfunding-Plattform einen neuartigen Bienenstock. Eigentlich wollten sie so nur 70'000 Dollar sammeln, um ihre Idee produzieren zu können. Doch der Bienenstock mit Zapfhahn hat so sehr begeistert, dass am Ende mehr als 12 Millionen US-Dollar zusammen kamen. Doch so überzeugt wie die Massen sind viele Experten vom «Flow Hive» nicht.

Prinzip «Flow Hive», eine geniale Erfindung?

Bienen züchten soll einfacher und tierfreundlicher werden, besonders die Gewinnung von Honig. Das verspricht die Erfindung der beiden Australier Sedar und Stuart Anderson. Denn bis dato mussten dafür von Hand die von fleissigen Bienen gefüllten Waben entnommen, die dünne Wachsschicht entfernt und der Honig aus diesen geschleudert werden.

Beim «Flow Hive» sorgen dagegen spezielle Waben aus Plastik dafür, dass der Honig nur noch durch Drehen eines Zapfhahns geerntet werden kann. Dadurch müsste der Bienenstock zur Honiggewinnung nicht mehr geöffnet werden, was für die Tiere deutlich weniger Stress und für den Imker kaum noch Aufwand bedeuten soll.

Viele Experten und besonders Bienenfreunde, die gerne selbst züchten würden, aber den Aufwand scheuen, sind von der Idee begeistert. Dass durch den «Flow Hive» aber nicht Jeder so ganz einfach zum Bienenzüchter werden kann und sollte, meinen jedoch viele langjährige Imker.

Was erfahrene Imker am «Flow Hive» kritisieren

Neben viel Lob gibt es aber von anderen Experten auch viel Kritik für den Bienenstock. So wie etwa Mellifera e. V., eine Vereinigung für wesensgemässe Bienenhaltung: «Das Flow Hive bietet eine Lösung für ein Problem, das ein Imker gar nicht hat. Die Honigernte gehört zu den einfachsten Sachen bei der Bienenhaltung.» Die Herausforderung beim Bienen züchten liege weniger in der Ernte, sondern eher darin, die Tiere über das gesamte Jahr hinweg gesund zu halten und richtig zu betreuen.

Die von den Erfindern betonte Tierfreundlichkeit unterstützen viele Experten nur bedingt. So sollen durch das Zapfen, ähnlich wie bei der konventionellen Honiggewinnung, diverse Bienen zerquetscht werden. Dass die Störung der Bienen durch den Zapfhahn verringert würde, ist für Imker oft auch kein Argument. Denn die Honigernte findet nur zwei Mal im Jahr statt. Richtig gemacht, da ginge dies sogar völlig ohne Schutzanzug und würde die Tiere nicht stark belasten.

Da der «Flow Hive» nicht in unseren Breitengraden, sondern in Australien entwickelt wurde, ergeben sich für Bienenzüchter unter Umständen zudem einige praktische Probleme. Eines davon sei, dass einige der hiesigen Honigsorten, wie der Waldhonig, viel zu dickflüssig sind, um durch die Plastikwaben des «Flow Hive» zu fliessen. Ein Argument, dass die Erfinder auf ihrer Internetseite auch bestätigen.

Mit oder ohne «Flow Hive»: Bienen züchten nutzt vielseitig

Das Biensterben verringert ihre Zahl immer weiter. Imker sind daher nicht nur für die Honiggewinnung wichtig, sondern auch, um ein weiteres Bestehen möglichst vieler Bienenarten zu gewährleisten. Wer den kleinen Nektarsammlern gerne helfen und selbst zum Bienenzüchter werden möchte, kann das mit und ohne «Flow Hive».

Angehende Imker sollten jedoch Einiges beachten. Bienen sind empflindliche Tiere, daher ist es als Imker wichtig, sich mit ihnen auseinander zu setzen und ihre Bedürfnisse kennen zu lernen. Vereine stehen hier Interessierten jederzeit mit Rat, Tat sowie mit Einsteigerkurse zur Verfügung.

Quellen: mellifera.de, vdrb.ch, naturalbeekeepingtrust.org, juervollmer.ch, honeyflow.com

Autor: Jürgen Rösemeier-Buhmann

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